Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Hasenglöckchen mit Vorsicht genießen
Bei schönem Wetter lockt das Hasenglöckchen in den Wald. Naturschützer warnen, sich achtsam zu verhalten. Die Stadt hat Schilder mit Hinweisen aufgestellt.
DOVEREN In diesem Jahr hat sie sich etwas Zeit gelassen. Weil der Frühling, insbesondere der April, im Vergleich zu den Vorjahren kälter war, kommt sie erst jetzt so richtig zur Geltung. Trotzdem fällt auf, dass der vereinzelte Frost im Frühling ihr zugesetzt hat. Nichtsdestotrotz lockt sie jetzt wieder zahlreiche Besucher und Hobbyfotografen in das kleine Wäldchen zwischen Baal und Doveren.
Sie, das ist die „blaue Blume“, wie sie im Volksmund genannt wird. Ihr eigentlicher Name ist „Atlantisches Hasenglöckchen“. Jedes Jahr verwandelt sie den Waldboden mit der Farbenpracht in einen blauen Teppich, der unter den zahlreichen Birken und Buchen liegt. Das begeistert Spaziergänger von nah und fern gleichermaßen. Weil aufgrund der Corona-Pandemie viele Menschen die Natur vor der eigenen Haustür oder der Umgebung für sich entdeckt oder wiederentdeckt haben, kann es in dem kleinen Wäldchen auch schon mal voller werden, besonders an den Wochenenden. Für Sonntag werden schließlich frühsommerliche Temperaturen in Nordrhein-Westfalen prognostiziert.
Nun weisen auf Antrag des Arbeitskreises Hückelhoven im Heimatverein der Erkelenzer Lande mehrere Schilder auf die Bedeutung und den Schutz dieses Vorkommens hin, berichtet dessen Leiter Willi Spichartz. Anwohner klagen über zunehmende Zerstörungen der Pflanzenflächen. Diesen möchte die Stadt nun mit Aufklärung über diese besondere Pflanze begegnen und entgegenwirken und hat die Schilder installiert.
„Regelrechte Trampelpfade sind auf dem Vorkommen entstanden, auch zu liegenden Totholz-Bäumen hin, die als Kletter- oder Sitzgelegenheiten genutzt werden. Plattgetretene und -gewälzte Wuchsbereiche sind auch jetzt wieder zu sehen, entstanden durch Blüten-Pflücker oder Passanten, die sich in die Blaue Pracht legen, um Fotos zu machen“, sagt Spichartz. Daher seien die nun aufgestellten Schilder so wichtig. Die Stadt bittet die Besucher des Wäldchens darauf, sich nur auf den Wegen zu bewegen und diese auch nicht zum Fotografieren zu verlassen.
Darüber hinaus müssen Hunde jederzeit angeleint bleiben. Denn andere Besucher wollen schließlich auch schöne Fotos machen und keine zertretenen Pflanzen vorfinden, heißt es dort. Zudem betont die Stadt, dass es sich bei dem Wald um das Naturschutzgebiet „Am hintersten Berg“handle und bei Nichteinhaltung der Regeln Strafen drohen.
Doch was ist das eigentlich für eine Blume, die nicht nur die Menschen in Hückelhoven so begeistert? Das Atlantische Hasenglöckchen ist eine Zwiebelpflanze, die zu der Familie der Spargelgewächse zählt. Sie gilt nicht als gefährdet, untersteht aber dem Bundesartenschutzgesetzt, nach dem sie weder gepflückt noch ausgegraben werden darf.
In der Wissenschaft bekannt ist, dass die Pflanze seit 1594 kultiviert, also gezüchtet wird. Sie ist demnach also auch über Blumenhändler und Gärtnereien zu beziehen. In Europa kommt die Pflanze vor allem entlang der Atlantikküste vor, also in Portugal, Spanien, Frankreich sowie Irland und Großbritannien.
Das Jahr 1594 passe mit der in der Innenstadt erzählten Sage überein, nach der Hugenotten aus Frankreich im 16. Jahrhundert die Pflanze mit ins damalige Dorf Hückelhoven in die evangelische Gemeinde gebracht haben, die sie dann mit den Glaubensgenossen aus Lövenich auf halbem Weg zwischen beiden Orten am Hintersten Berg angebaut haben, berichtet Willi Spichartz.
Die hugenottischen Weber siedelten sich in Hückelhoven, Lövenich und Wassenberg an, da hier seit spätestens Mitte des 16. Jahrhunderts reformierte Kirchengemeinden existierten, die nicht zuletzt über die Immigranten calvinistische Ausrichtungen festigten, führt er fort. „Und sie begründeten hier die Textilweberei, die sie aus Frankreich mitbrachten, die ihre Wirkung bis weit ins 20. Jahrhundert hatte.“