Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
U23-Spielern hilft oft ein Umweg auf die große Bühne
Marcel Benger ist der nächste Leistungsträger der Gladbacher U23, der nun den letzten Schritt in den Profifußball schaffen will.
Es ist anzunehmen, dass Marcel Benger derzeit in ziemlich enger Taktung Spiele des Zweitligisten Holstein Kiel am Fernseher verfolgt. Der Verein hat gute Chancen, erstmals in die Bundesliga aufzusteigen – womit Benger in der kommenden Saison auch Erstliga-Spieler wäre. Denn der 22 Jahre alte Mittelfeldspieler verlässt im Sommer die Gladbacher Zweitvertretung und schließt sich Holstein Kiel an.
Von der Regionalliga West mit der U23 der Borussen direkt ganz hinauf in die Bundesliga – das wäre ein Sprung, der in den vergangenen Jahren keinem Leistungsträger in der Gladbacher Reserve mehr gelungen ist. Benger selbst hatte zwar schon einen Einsatz im Oberhaus, als ihn Gladbachs Trainer Dieter
Hecking im Dezember 2017 beim 3:1 gegen den Hamburger SV kurz vor Schluss einwechselte. Es blieb dann aber auch bei diesem einen Kurzauftritt. Die Qualität im Kader der Borussen-Profis ist derart gestiegen, dass es für Talente grundsätzlich ungemein schwer geworden ist, sich ganz oben durchzusetzen.
Trotzdem haben auch in den vergangenen Jahren viele U23-Spieler den Sprung in den Profifußball geschafft, nur eben über einen Vereinswechsel und dann in der Regel bei einem Klub der zweiten oder dritten Liga. Wie weit der Weg in die Bundesliga sein kann, zeigt das Beispiel Alexander Mühling, der im Alter von 28 Jahren nun mit Kiel ins Fußball-Oberhaus aufsteigen kann.
Im Januar 2014 verließ er die Gladbacher U23 nach 67 Spielen in der Regionalliga West. Über Bayer Leverkusen
II und den SV Sandhausen landete er 2016 bei Holstein Kiel, damals noch Drittligist. 159 Spiele in der 2. Bundesliga sind mittlerweile für ihn zusammengekommen, bald könnten die ersten Bundesligapartien anstehen. Gleiches gilt für Marco Komenda, der auch in Gladbach spielte, ehe er zum SV Meppen ging und nun seit 2020 für Kiel verteidigt.
Meppen, Sandhausen, Kiel – es scheint, als ob Zweit- und Drittligisten zunächst einmal für Leistungsträger der U23 die Grenzen des Möglichen definieren. Denn die Liste der Wechsel in die unteren Profiligen lässt sich fortführen: mit Charalambos Makridis ( Jahn Regensburg), Aaron Herzog (Hansa Rostock), Mike Feigenspan (KFC Uerdingen), Tim Knipping (Dynamo Dresden), Kevin Holzweiler (Viktoria Köln) und Steffen Nkansah (FSV Zwickau).
In diese Reihe gehört zudem Marlon Ritter, der 2015/16 mit 23 Treffern gar Torschützenkönig der Regionalliga West wurde. Er spielt nun für den 1. FC Kaiserslautern. Die starken Leistungen in der U23 halfen Ritter nicht dabei, sich einen Kaderplatz bei Gladbachs Profis zu sichern. Diese Erfahrung hatte zwei Jahre zuvor schon Sven Michel gemacht, ebenfalls ein Gladbacher Torschützenkönig in der Viertklassigkeit. Michel und Ritter spielten immerhin beide mit dem SC Paderborn in der Bundesliga, auch Umwege können demnach auf die ganz große Fußballbühne führen.
Diese Erfahrung haben weitere ehemalige U23-Spieler gemacht. Christoph Zimmermann spielte bis 2014 für die Borussia, seit vier Jahren ist er nun bei Norwich City und vor kurzem zum zweiten Mal mit dem englischen Klub in die Premier League aufgestiegen. Im Ausland hat sich auch Torhüter Janis Blaswich durchgesetzt. Sein fußballerisches Glück fand er 2018 beim niederländischen Ehrendivisionär Heracles Almelo, bei dem er Stammtorwart ist. Christopher Lenz verließ Gladbach im Sommer 2016, für Union Berlin hat er mittlerweile 50 Bundesligaspiele gemacht. Im Sommer wechselt Lenz zu Eintracht Frankfurt – und könnte dann in der Bundesliga auch auf den Neuling Kiel treffen, für den gleich drei Borussen-Talente auflaufen könnten.
Für Marcel Benger wäre es in dem Fall ein perfekter Wechsel. Die Auswahl an künftigen Arbeitgebern mag keine schillernden Bundesligisten für ihn enthalten haben, doch er kommt womöglich zur richtigen Zeit nach Kiel.