Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Homosexuelle Paare in Kirche gesegnet
Die Citykirche beteiligte sich an einer bundesweiten Aktion. Pfarrer Christoph Simonsen fand deutliche Worte.
MÖNCHENGLADBACH Als die ersten die Citykirche verließen, stand Uwe noch still versunken im Mittelschiff. „Es war wichtig, dass so etwas in dieser Kirche passiert ist“, sagte der Mönchengladbacher leise. Er lebt in einer „schwulen Beziehung“, war aber zur Segensfeier für Liebende allein gekommen. Die beiden Frauen Jenny und Franziska hingegen hielten die Hand der jeweils anderen, als sie die Eindrücke des Abends auf sich nachwirken ließen. „Die Ansage des Papstes hat uns runtergezogen. Es war für uns wichtig zu wissen, dass wir in unserer Stadt anders wahrgenommen werden und willkommen sind – auch in dieser Kirche“, erzählte Franziska. Ihre Lebenspartnerin in der seit zwei Jahren bestehenden Beziehung ergänzte, es sei ein gutes Gefühl, sich nicht ausgeschlossen zu fühlen.
Zuvor hatte Pfarrer Christoph Simonsen den Menschen in der Kirche – homosexuellen wie auch vereinzelt heterosexuellen Paaren und Einzelpersonen – mit auf den Weg gegeben: „Wir müssen weiter Überzeugungsarbeit leisten, dass Liebe, Liebe ist und keine Provokation, sondern Geschenk und Aufgabe. Solange dies nicht allgemein anerkannt ist, müssen wir noch provozieren, um der Liebe willen“. Als Mitinitiator der bundesweiten Aktion #liebegewinnt zelebrierte der Geistliche die Segensfeier für Liebende. Die war eine Reaktion auf das erneute „Nein“der römischen Glaubenskongregation zur Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren.
An zentraler Säule hing ein Bündel Luftballons in Herzformen Richtung Gewölbedecke. Nach der Feier wurden sie wie bei einer Hochzeit losgebunden. Regenbogenfarben in vernetzten Schlangenlinien prägten das in die Kirche projizierte Bild zur Aktion, während Simonsen eine Stola in den Farben des Regenbogens trug. In Wort und Musik grüßte die Kölner Band Brings per virtuellem Auftritt mit ihrem eigens für die Aktion neu aufgenommenen Song „Die Liebe gewinnt“. Das Duo Horst Couson und Hartmut Magon gestaltete im Wechsel mit der Deutsch-Rapperin Scapsis aus Heinsberg die musikalischen Livebeiträge.
„Die Liebe gewinnt und ihr seid der schönste Beweis dafür, dass wir Brüder und Schwestern sind“, sagte der Simonsen im Gruß an die Kirchenbesucher, verbunden mit der Bitte, sie duzen zu dürfen. In 108 Gemeinden werde an diesem Abend eine Segensfeier für queere Paare gefeiert, sagte der Pfarrer. „Wir bekennen und bekunden, dass wir den Segen Gottes nötig haben und wir hier sind, um einander zu schenken, was wir nötig haben. Wir dürfen uns verbunden wissen durch einen Gott, der Segen ist und gibt“, sagte der Leiter der Citykirche.
Er betonte, dass Liebe auch die Grenzen überwinde, die dazu führen, dass sich Menschen ausgeschlossen fühlen. „Wenn Menschen, die um das Wagnis der Liebe wissen, sich Segen, also ein heil machendes Wort, zusprechen lassen wollen, wer dürfte sich dem in den Weg stellen, ohne sich schuldig zu machen?“, fragte Simonsen rhetorisch. Dem hielt er entgegen, dass sich die Kirche mit einer Weigerung den eigenen Wertvorstellungen und vielmehr noch den Menschen gegenüber schuldig mache.
„Ja, es ist ein Skandal, wenn die katholische Kirche es als Sünde bezeichnet, wenn sich zwei Frauen oder zwei Männer lieben. Es ist ein Skandal, wenn die Kirche an einer Lehre festhält, die nie heilsam war. Dem Skandal setzen wir ein fröhliches und dankbares Segensfest entgegen“, stellte er entschieden fest. Mit dem Segen Gottes werde das Leben leichter. Der Segen schenke die innere Freiheit, Wirklichkeit zu respektieren und doch darüber hinaus zu wachsen. „Weil wir uns gesegnet wissen, dürfen und können wir zum Segen für andere werden“, sagte der Geistliche.