Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Eine Ruhrpott-Seele wird 100
Am heutigen Mittwoch macht Anni Schlüter ein ganzes Jahrhundert voll.
MÖNCHENGLADBACH Man hört ihn noch, den Ruhrpott-Akzent. Aber das macht Anni Schlüter erst recht sympathisch. Die kleine Dame sitzt in ihrem Sessel in ihrem Zimmer, vor sich den Rollator, damit klappt das Gehen noch ganz gut. Mit wachen Augen schaut sie durch den Raum. Auf der Heizung steht ein Foto von ihren beiden Enkelsöhnen.
An der Wand gegenüber hängen weitere Fotos mit Erinnerungen. Eines zeigt Anni Schlüter verkleidet, mit einer Federboa in Begleitung von anderen Damen beim Karneval, sie schaut lachend in die Kamera.
Ein weiteres zeigt sie „in de Bütt“, wie sie Arme erhoben, das Manuskript vor sich, das Publikum zum lachen bringt. Wenn man im Rheinland ist, kann man sich der fünften Jahreszeit nicht entziehen. Bis sie 95 Jahre alt war, war sie bei der Arbeiterwohlfahrt (Awo) aktiv und natürlich auch beim Karneval dabei.
1934 kam sie mit Ihrer Familie aus Essen nach Mönchengladbach. „Mein Vater war bei Krupp angestellt. Wir kamen nach Gladbach, weil mein Vater meinem Onkel geholfen und nachher in seiner Versicherung in Rheindahlen gearbeitet hat“, sagt sie. Anni Schlüter machte eine Ausbildung in einem
Haushaltswarengeschäft. „Wir hatten noch richtige Töpfe aus Emaille oder Aluminium. 20 Jahre habe ich dort gearbeitet.“Zusammen mit Ihrer Familie wohnte sie in Eicken. 1947 heiratete sie ihren Mann, Sohn Robert machte die Familie komplett.
Gemeinsam mit ihrer Familie ging Anni Schlüter gerne auf Reisen – sie führten sie zum Beispiel in den Westerwald, aber auch ins Ausland nach Italien oder Ibiza. Als ihr Mann starb, unternahm sie Reisen mit dem Roten Kreuz.
Bis zum heute ist sie gesund geblieben und hat noch kein Krankenhaus von innen gesehen. Auf die Frage, wie sie das macht, schüttelt sie nur den Kopf. „Ich weiß es nicht.“Vielleicht hilft da das ein oder andere Gläschen Eierlikör. Aber sicherlich auch der Sport. „Ich habe gerne getanzt“, sagt sie. „Wir sind früher zum Tanzen öfter nach Genecken in Viersen gegangen.“Auch Völkerball oder Knicker mit Glasmurmeln spielte sie gerne. „Ich bin auch Schwimmen gegangen. Da hatte ich immer gute Noten in der Schule.“
Bis ins hohe Alter von 98 Jahren hat sie noch alleine ihr Leben gemeistert. Jetzt fühlt sie sich im Städtischen Altenheim Kamillus wohl. Am Mittwoch, 12. Mai, wird sie 100. An Christi Himmelfahrt wird sie gemeinsam mit ihrem Sohn Robert nachfeiern.