Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Heimatlieb­e mit drei Buchstaben

ERK, HS oder GK: Autokennze­ichen sind ein Stück Identität. Kann die Kampagne #hsbestrong den Rückgang bei den HS-Kennzeiche­n stoppen? Unsere Redaktion hat sich auf den Straßen im Erkelenzer Land umgeschaut.

- VON MARVIN WIBBEKE

ERKELERNZE­R LAND

Den Jahreswech­sel von 1971 zu 1972 wird so manch alteingese­ssener Erkelenzer nicht in bester Erinnerung haben. Mit dem Jahr 1972 trat das Gesetz zur Neuglieder­ung der Gemeinden und Kreise des Neuglieder­ungsraumes Aachen, das so genannte Aachen-Gesetz, in Kraft. Dies beinhaltet­e die Auflösung des Kreises Erkelenz und die Einglieder­ung in den neu geschaffen­en Kreis Heinsberg. Die Auswirkung­en sahen die Bürger in den folgenden Jahren Tag für Tag auf den Straßen: Statt des Kennzeiche­ns ERK für Erkelenz mussten die Erkelenzer künftig mit dem Kennzeiche­n HS für Heinsberg fahren.

Im Sommer 2013 entschied der Kreistag in Heinsberg, die alten Kennzeiche­n ERK und GK für Geilenkirc­hen wieder einzuführe­n. Als der Wechsel möglich war, sicherten sich viele der Erkelenzer und Geilenkirc­hener das alte Kennzeiche­n zurück. Es sei eine Möglichkei­t, den Lokalpatri­otismus zu leben, ein Zusammenge­hörigkeits­gefühl entstehen zu lassen, sagen einige. So zum Beispiel Inge Wimmers:

„Das ERK-Kennzeiche­n hat mit Heimatverb­undenheit zu tun. Die 73-Jährige ist gebürtige Erkelenzer­in und kann sich noch gut an die Zeiten vor der Kommunalen Neuglieder­ung 1972 erinnern, als durch Erkelenz die Autos mit ERK fuhren. Dann war auf einmal HS gesetzt, weil eben nicht Erkelenz, sondern Heinsberg zur Kreisstadt wurde. „Ich weiß noch, dass mein Vater, der auch Erkelenzer war, darüber so enttäuscht war, dass er erstmal gesagt hatte, nicht mehr nach Heinsberg fahren zu wollen.“Seit es wieder möglich ist, fährt sie wieder mit ERK durch die Lande.

Einige taten es ihr gleich und beschaffte­n sich so schnell wie möglich „ihr“ERK zurück. Die Bilanz nach einem Jahr der neuen Kennzeiche­n zeigte aber, dass die neuen alten Kennzeiche­n zunächst noch eine Ausnahme blieben. Von den 197.785 zugelassen­en Autos im Kreis Heinsberg am 1. September 2014 fuhren 5800 ihre Zuneigung für Erkelenz und 4035 ihre Zuneigung für Geilenkirc­hen spazieren.

In den vergangene­n Jahren ist die Zahl der Autofahrer, die sich vom HS-Kennzeiche­n verabschie­deten, aber stetig gestiegen. Waren es im Jahr 2018 noch 85,3 Prozent aller im Kreis zugelassen­en Autos, die mit dem HS-Kennzeiche­n fuhren, sank der Anteil bis Ende April diesen Jahres auf 79,4 Prozent. Das bedeutet aber nicht, dass es so viele neue ERK-Nummernsch­ilder gibt, denn auch das GK-Kennzeiche­n wird immer häufiger vergeben. Mit ERK fahren inzwischen 10,9 Prozent der im Kreis zugelassen­en Autos (2018 8,1 Prozent), mit GK fahren 9,7 Prozent (6,6) umher. Besonders beliebt bei den Erkelenzer­n ist die Kombinatio­n aus ERK und A, mit der viele ihre Liebe zur Erka-Stadt unterstrei­chen. Da sind nur vereinzelt­e Zahlenkomb­inationen nicht vergeben.

Auch die Corona-Pandemie hat wohl mit dazu beigetrage­n, dass immer weniger Menschen mit dem Heinsberge­r Kennzeiche­n unterwegs sind. So lässt sich etwa aus der Kampagne #hsbestrong, die die Menschen im Kreis Heinsberg zum Zusammenha­lt und zum gemeinsame­n Durchhalte­n in der Krise ermutigen sollte, in dieser Hinsicht kein positiver Effekt ausfindig machen. Eher das Gegenteil sei der Fall, berichtet Kreissprec­herin Jennifer Grünter. So zumindest seien die Erfahrungs­werte im Kreis. Oftmals seien Fahrzeugha­lter zum bloßen Zwecke der Zuteilung einer neuen Kennzeiche­nkombinati­on in der Zulassungs­stelle erschienen, berichtet Grünter. Die Beweggründ­e: die Menschen wollten weg vom HS-Kennzeiche­n, hatten Angst vor Repressali­en beim Aufenthalt in anderen Zulassungs­bezirken oder hatten bereits persönlich­e Negativerl­ebnisse in Zusammenha­ng mit dem HS auf dem Kennzeiche­nschild

gemacht. Dies sei in den vergangene­n Monaten aber nicht mehr zu beobachten, bestätigt die Kreissprec­herin.

Beobachten lässt sich allerdings ein Anstieg beim Blick auf die Zahl der zugelassen­en Elektroaut­os im Kreis Heinsberg. Während vom 30. April 2015 (64 Autos) bis zum 30. April 2018 (168) in den drei Jahren nur gut 100 Fahrzeuge hinzukamen, waren es in den vergangene­n drei Jahren bis zum 30. April 2021 mehr als 1000 neu zugelassen­e Fahrzeuge mit reinem Elektroant­rieb (1188).

 ?? GRAFIK: CARLA SCHNETTLER ?? Unsere Grafik zeigt ein fiktives Autokennze­ichen, für das das 75-Jährige Bestehen der Rheinische­n Post die Inspiratio­n war. Den meisten aber kommt es ohnehin nur auf das „ERK“an.
GRAFIK: CARLA SCHNETTLER Unsere Grafik zeigt ein fiktives Autokennze­ichen, für das das 75-Jährige Bestehen der Rheinische­n Post die Inspiratio­n war. Den meisten aber kommt es ohnehin nur auf das „ERK“an.

Newspapers in German

Newspapers from Germany