Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Es braucht Konzepte für den Wohlstand
Die Frühjahrs-Steuerschätzung enthält eine gute und eine schlechte Nachricht. Die schlechte zuerst: Die dritte Corona-Welle flaut erst langsam ab, die Wirtschaft ist noch nicht so in Gang gekommen wie bei der vergangenen Schätzung im November erhofft. Bund, Länder und Kommunen müssen in diesem Jahr voraussichtlich mit rund 2,7 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen auskommen als erwartet. Die gute Nachricht: Es geht bergauf. Die Steuerschätzer gehen davon aus, dass der Staat in diesem Jahr bereits knapp 34 Milliarden Euro mehr einnehmen wird als im Krisenjahr 2020. Doch man darf sich von den positiven Vorzeichen nicht täuschen lassen: Der Staat steht vor enormen finanzpolitischen Umbrüchen. Denn vom Einnahmenniveau vor der Corona-Krise wird Deutschland noch eine Weile meilenweit entfernt bleiben.
Zugleich treiben die Folgen der Krise die Ausgaben der Sozialversicherung noch einmal hoch. Für den Bund wird es schwer genug werden, die geplante Grenze von 81,5 Milliarden Euro Neuverschuldung nicht zu reißen. Und nur ein Jahr später die Schuldenbremse wieder einhalten zu können, wirkt aus heutiger Sicht geradezu utopisch. Es ist an der Zeit, dass die Wahlkämpfer sich nun ehrlich machen und klare Konzepte für die Sicherung des Wohlstands auf den Tisch legen. Für die notwendigen Investitionen wird keine realistische Steuererhöhung genügen. Zumal ein Abwürgen der Konjunktur durch derlei Maßnahmen kontraproduktiv wäre. Das wirft die Gretchenfrage auf, was mit der Schuldenbremse passieren soll. Ihr Aussetzen noch einmal zu verlängern, wäre ein denkbarer, möglicherweise gebotener Schritt. Sie aber dauerhaft aufzuweichen, wäre ein Tabubruch. Ob es dafür überhaupt eine Mehrheit im nächsten Bundestag gäbe, ist offen. Wie die finanzpolitische Zeitenwende aussehen wird, auch. BERICHT NUR LEICHT STEIGENDE STEUEREINNAHMEN, WIRTSCHAFT