Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Weiterleben – trotz „Hoffnungsnarben“
Die 21-Jährige Paula Rosenbauer hat ein Buch über ihren Umgang mit psychischen Erkrankungen geschrieben.
ERKELENZ „Hoffnungsnarben – Leben mit psychischen Erkrankungen“hat die 21-jährige Paula Rosenbauer ihr zweites Buch genannt, das jetzt erschienen ist. Nach einem Gedichtband macht die junge Frau aus erkelenz nun erneut auf sich und ihre Erfahrungen mit psychischen Erkrankungen aufmerksam. Mit ihrem Werk will sie anderen Betroffenen Mut machen, den Blick auf psychische Erkrankungen lenken und Stigmatisierungen entgegenwirken. Wir haben mit Rosenbauer über ihre Motivation gesprochen.
Frau Rosenbauer, wie ist es zu Ihrem Buch gekommen? „Hoffnungsnarben“handelt ja auch von Ihrer eigenen Geschichte.
ROSENBAUER Ja, teilweise. Ich habe Vorurteile aufgegriffen, um aufzuklären und Tipps zu geben. Als ich 13 oder 14 war, erkrankte ich an Magersucht. Damals wog ich noch 36 Kilogramm. Ich gehe im Buch aber nicht zu sehr ins Detail, sondern bleibe eher sachlich. Vor allem möchte ich bei dieser sehr schlimmen Krankheit den Genesungsweg beschreiben. Man denkt ja immer, dass Magersüchtige untergewichtig seien. Aber das stimmt nicht. Vielen sieht man nicht an, dass sie an einer Essstörung erkrankt sind.
Die Essstörung ist nicht die einzige Erkrankung, mit der Sie schon in Kontakt gekommen sind.
ROSENBAUER Ich leide an einer Angststörung. Die generelle soziale Phobie habe ich inzwischen überwunden. Damals hätte ich es nicht mal geschafft, mit jemandem zu telefonieren. Meine Mutter musste immer für mich den Hörer abnehmen, wenn Freundinnen anriefen, weil sie mich treffen wollten. Wenn ich einkaufen ging, hatte ich Angst zu stottern oder dass meine Stimme unklar ist. Viele hielten mich für abgehoben und arrogant. Ich hatte aber Angst, mich zu blamieren und ausgelacht zu werden. Inzwischen geht es mir deutlich besser.
Sie waren auch an Depressionen erkrankt.
ROSENBAUER Ja, als ich zwölf war fing das an. Chronische Kopfschmerzen
können oft der Auslöser für psychische Erkrankungen sein. So war es bei mir auch. Ich habe bei den Hoppesäck Garde und Showtanz getanzt, musste mein Hobby dann aber deswegen aufgeben. In der Schule habe ich auch oft gefehlt. Ich wollte einfach nur im Bett liegen bleiben. Meine Mutter hat dann in der Schule angerufen, um mich zu entschuldigen. Sie dachte, es wäre wegen meiner chronischen Kopfschmerzen.
Die Lehrer mailten mir dann den Unterrichtsstoff.
Wie gut klappte das?
ROSENBAUER Ich habe zwei Jahre wiederholt. Meine Fehlzeiten waren hoch. Fünfzehn Monate war ich nicht in der Schule. Das Abitur habe ich dann mit zwei Jahren Verspätung gemacht, aber nicht mehr in Erkelenz. Ich lebte in Duisburg in einer Wohngruppe, später habe ich eine
Gesamtschule in Aachen besucht.
Und wie sind Ihre Pläne für die Zukunft?
ROSENBAUER Ich möchte Sozialarbeit studieren. Mein Traumberuf ist Sozialarbeiterin an einer Schule. Ich möchte die Schüler unterstützen und hilfreich für sie sein. Oft wird gesagt, dass man nichts machen kann, weil normale Lehrer nicht mehr weiterkommen. Ein Fernstudium
habe ich bereits aufgenommen. Aber ich warte noch auf Rückmeldungen, zum Beispiel von der Fachhochschule in Aachen.
Warum veröffentlichen Sie unter dem Namen Bauer?
ROSENBAUER Ich finde meinen Namen zu lang. Bauer ist kurz und knackig. Das kann sich jeder merken.
Wie haben Sie einen Verlag gefunden?
ROSENBAUER Durch eine Freundin, die mir den Verlag Tredition empfohlen hat. Mir gefällt, dass es sich um ein Familienunternehmen handelt. Man wird super unterstützt. Ich habe mir den Verlag erstmal im Internet angeschaut, um mich vorzubereiten. Dann habe ich das Manuskript eingeschickt und eine detaillierte Rückmeldung erhalten – ohne Vertrag. Mein Gedichtband ist im April 2020 erschienen.
Wie hoch war die Auflage bei „Poesie der Psyche“?
ROSENBAUER Über die Homepage des Verlags habe ich nicht viel verkauft, etwa 120. Aber ich fand es schon krass, dass überhaupt Menschen mein Buch gekauft haben. Wieviele Bücher insgesamt verkauft wurden, weiß ich gar nicht.
DAS GESPRÄCH FÜHRTE DANIELA GIESS.