Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Wenn ein Fußballklub der Arbeitgeber ist
Bei Borussia Mönchengladbach gibt es mittlerweile viele Jobs, die nicht direkt mit dem Kerngeschäft Fußball zu tun haben.
Seit Nina Heuser im Jahr 2015 den Job bei Borussia Mönchengladbach antrat, hat sie eine Frage durchaus häufiger gestellt bekommen: „Wieso arbeitest du bei einem Fußballverein, die haben ihr Stadion doch längst?“Doch die 32-Jährige, die als Architektin im Klub angestellt ist, kann sich über zu wenige Aufträge nicht beschweren. „Ich hatte noch keine ruhige Minute hier, immer gibt es irgendetwas zu tun“, sagt Heuser.
Ob es das Multifunktionsgebäude Borussia-8-Grad ist, die Umgestaltung des Kabinentrakts oder verschiedener Businessräume oder jüngst der Bau der Krafthalle für die Profis – die Architektin war stets daran beteiligt. „Ich habe grundsätzlich eine Affinität zum Fußball, und Borussia war schon immer mein Lieblingsklub. Doch die beruflichen Aufgaben hier haben mich ebenso gereizt“, sagt Heuser.
Die Bereichsleiterin Neubau und Instandhaltung ist in einem Arbeitsfeld tätig, das nicht sofort mit einem Fußballverein in Verbindung gebracht wird. Und das geht nicht wenigen Mitarbeitenden so. Genauso beschäftigt Borussia beispielsweise eigene Schlosser, Schreiner und Veranstaltungstechniker. Natürlich gibt es viele Aufgaben mit Fußballbezug – die Internatseltern für die Talente des Klubs, einen Sportpsychologen oder die Greenkeeper. Doch die Zeiten, in denen die Mehrzahl an Beschäftigten direkt etwas mit dem Spielbetrieb zu tun haben, sind vorbei. Der Fußballklub ist längst auch ein Unternehmen.
Zur Jahrtausendwende hatte Borussia 40 Beschäftigte, und der Umzug in den Borussia-Park im Jahr 2004 sorgte für ein deutliches Wachstum: Kurz darauf waren es bereits 80. Seitdem entwickelt sich der Verein kontinuierlich weiter, mittlerweile haben die Gladbacher etwa 180 Beschäftigte. Eine einschneidende Veränderung in all den Jahren brachte vor allem die Eröffnung des Neubaus, der direkt gegenüber der Haupttribüne liegt und in dem sich auch das Hotel befindet. Dadurch veränderte sich das Veranstaltungsangebot des Vereins deutlich.
Gerade der Gastro-Bereich steht beispielhaft für die MitarbeiterEntwicklung der Borussia. Zu Bökelberg-Zeiten gab es gar keine angestellten Servicekräfte, im Borussia-Park begann der Klub mit vier
Beschäftigten, nun sind es schon 25. Entscheidend dabei: Im neuen Stadion stieg die Zahl der Veranstaltungen von 200 im Jahr 2005 auf 800 im Jahr 2019. Dementsprechend sucht der Verein regelmäßig Servicekräfte.
Und das ist nicht nur auf die Gastronomie beschränkt, sondern gilt beispielsweise auch für den Ordnungsdienst – beide Bereiche spielen ebenso an Spieltagen eine wichtige Rolle. Bei einem Heimspiel der Gladbacher sind alleine 834 Personen im Sponsoring, Event und Catering im Einsatz, 557 im Bereich Stadionbetrieb/Sicherheit und 108 im Ticketing und Merchandising. Für viele weitere Beschäftigte steht der Spieltag weiterhin im Fokus ihrer Arbeit – doch daneben sind in den vergangenen Jahren auch gänzlich neue Geschäftsfelder beim Bundesligisten entstanden.
So haben beispielsweise die Bereiche Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Datenanalyse für einen Mitarbeiter-Zuwachs gesorgt, auch E-Sports ist noch ein relativ neues Betätigungsfeld. Dies verdeutlicht, welche Größe und Vielfalt an Arbeitsfeldern die Gladbacher mittlerweile erreicht haben. All die Fest- und Teilzeitangestellten, Azubis und Aushilfen, die in der GmbH oder dem Verein angestellt sind, machen das Unternehmen Borussia aus. Komplettiert wird das Bild durch Borussias Partner, deren Beschäftigte ebenfalls im und am Stadion ihren Arbeitsplatz haben, etwa im H4-Hotel, im Medical-Park oder beim Caterer Broich.
Viele Bereiche deckt Borussia indes durch eigene Mitarbeiter ab, so hat der Klub beispielsweise auch eine siebenköpfige Grafikabteilung. So muss für das Erscheinungsbild im klubeigenen Magazin und den Social-Media-Kanälen nicht eigens eine Agentur beauftragt werden, wie das bei anderen Fußball-Bundesligisten der Fall ist. Und von den eigenen Schreinern war bereits die Rede, sie kommen auch der Architektin Nina Heuser zugute. „Es ist super, dass wir aus eigener Kraft so viel verwirklichen können“, sagt die 32-Jährige. Borussia spielt eben nicht nur Fußball, sie baut auch selbst.