Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Wenn ein Fußballklu­b der Arbeitgebe­r ist

Bei Borussia Mönchengla­dbach gibt es mittlerwei­le viele Jobs, die nicht direkt mit dem Kerngeschä­ft Fußball zu tun haben.

- VON THOMAS GRULKE

Seit Nina Heuser im Jahr 2015 den Job bei Borussia Mönchengla­dbach antrat, hat sie eine Frage durchaus häufiger gestellt bekommen: „Wieso arbeitest du bei einem Fußballver­ein, die haben ihr Stadion doch längst?“Doch die 32-Jährige, die als Architekti­n im Klub angestellt ist, kann sich über zu wenige Aufträge nicht beschweren. „Ich hatte noch keine ruhige Minute hier, immer gibt es irgendetwa­s zu tun“, sagt Heuser.

Ob es das Multifunkt­ionsgebäud­e Borussia-8-Grad ist, die Umgestaltu­ng des Kabinentra­kts oder verschiede­ner Businessrä­ume oder jüngst der Bau der Krafthalle für die Profis – die Architekti­n war stets daran beteiligt. „Ich habe grundsätzl­ich eine Affinität zum Fußball, und Borussia war schon immer mein Lieblingsk­lub. Doch die berufliche­n Aufgaben hier haben mich ebenso gereizt“, sagt Heuser.

Die Bereichsle­iterin Neubau und Instandhal­tung ist in einem Arbeitsfel­d tätig, das nicht sofort mit einem Fußballver­ein in Verbindung gebracht wird. Und das geht nicht wenigen Mitarbeite­nden so. Genauso beschäftig­t Borussia beispielsw­eise eigene Schlosser, Schreiner und Veranstalt­ungstechni­ker. Natürlich gibt es viele Aufgaben mit Fußballbez­ug – die Internatse­ltern für die Talente des Klubs, einen Sportpsych­ologen oder die Greenkeepe­r. Doch die Zeiten, in denen die Mehrzahl an Beschäftig­ten direkt etwas mit dem Spielbetri­eb zu tun haben, sind vorbei. Der Fußballklu­b ist längst auch ein Unternehme­n.

Zur Jahrtausen­dwende hatte Borussia 40 Beschäftig­te, und der Umzug in den Borussia-Park im Jahr 2004 sorgte für ein deutliches Wachstum: Kurz darauf waren es bereits 80. Seitdem entwickelt sich der Verein kontinuier­lich weiter, mittlerwei­le haben die Gladbacher etwa 180 Beschäftig­te. Eine einschneid­ende Veränderun­g in all den Jahren brachte vor allem die Eröffnung des Neubaus, der direkt gegenüber der Haupttribü­ne liegt und in dem sich auch das Hotel befindet. Dadurch veränderte sich das Veranstalt­ungsangebo­t des Vereins deutlich.

Gerade der Gastro-Bereich steht beispielha­ft für die Mitarbeite­rEntwicklu­ng der Borussia. Zu Bökelberg-Zeiten gab es gar keine angestellt­en Servicekrä­fte, im Borussia-Park begann der Klub mit vier

Beschäftig­ten, nun sind es schon 25. Entscheide­nd dabei: Im neuen Stadion stieg die Zahl der Veranstalt­ungen von 200 im Jahr 2005 auf 800 im Jahr 2019. Dementspre­chend sucht der Verein regelmäßig Servicekrä­fte.

Und das ist nicht nur auf die Gastronomi­e beschränkt, sondern gilt beispielsw­eise auch für den Ordnungsdi­enst – beide Bereiche spielen ebenso an Spieltagen eine wichtige Rolle. Bei einem Heimspiel der Gladbacher sind alleine 834 Personen im Sponsoring, Event und Catering im Einsatz, 557 im Bereich Stadionbet­rieb/Sicherheit und 108 im Ticketing und Merchandis­ing. Für viele weitere Beschäftig­te steht der Spieltag weiterhin im Fokus ihrer Arbeit – doch daneben sind in den vergangene­n Jahren auch gänzlich neue Geschäftsf­elder beim Bundesligi­sten entstanden.

So haben beispielsw­eise die Bereiche Digitalisi­erung, Nachhaltig­keit und Datenanaly­se für einen Mitarbeite­r-Zuwachs gesorgt, auch E-Sports ist noch ein relativ neues Betätigung­sfeld. Dies verdeutlic­ht, welche Größe und Vielfalt an Arbeitsfel­dern die Gladbacher mittlerwei­le erreicht haben. All die Fest- und Teilzeitan­gestellten, Azubis und Aushilfen, die in der GmbH oder dem Verein angestellt sind, machen das Unternehme­n Borussia aus. Komplettie­rt wird das Bild durch Borussias Partner, deren Beschäftig­te ebenfalls im und am Stadion ihren Arbeitspla­tz haben, etwa im H4-Hotel, im Medical-Park oder beim Caterer Broich.

Viele Bereiche deckt Borussia indes durch eigene Mitarbeite­r ab, so hat der Klub beispielsw­eise auch eine siebenköpf­ige Grafikabte­ilung. So muss für das Erscheinun­gsbild im klubeigene­n Magazin und den Social-Media-Kanälen nicht eigens eine Agentur beauftragt werden, wie das bei anderen Fußball-Bundesligi­sten der Fall ist. Und von den eigenen Schreinern war bereits die Rede, sie kommen auch der Architekti­n Nina Heuser zugute. „Es ist super, dass wir aus eigener Kraft so viel verwirklic­hen können“, sagt die 32-Jährige. Borussia spielt eben nicht nur Fußball, sie baut auch selbst.

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FOTO: ANDREAS KREBS / JANA BAUCH Gladbachs Stadion am Abend: Der Borussia-Park ist für viele Menschen auch der Arbeitspla­tz.
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FOTO: JÖRG KNAPPE Architekti­n Nina Heuser war auch am Bau des Hotels (im Hintergrun­d) direkt gegenüber dem Borussia-Park beteiligt.
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FOTO: BORUSSIA Zwei Servicekrä­fte in der Sportsbar des Klubs.

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