Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Der neue Bahnhof in Rheydt ist fast fertig
In zwei Jahren Bauzeit ist ein modernes Gebäude in die Höhe gewachsen. Das Projekt der Stadttochter EWMG geht in einigen Wochen in Betrieb. Einblicke und Ausblicke, auch zu Zeitplan und Kosten, gab es beim exklusiven Rundgang.
Erst war es eine Baugrube, dann wuchs der Rohbau in die Höhe, viele Monate war die Fassade von einer Plane verdeckt. Die ist jetzt ab, seit einigen Wochen sind die Form und die Fassade des neuen Bahnhofsgebäudes in Rheydt für jeden Passanten zu sehen. Wo der markante, aber zuletzt komplett marode Vorgänger aus den 1950er Jahren stand, ist in zwei Jahren ein modernes Bauwerk nach einem Entwurf des Mönchengladbacher Architekten Stephan Brings entstanden. Die einzelnen Trakte scheinen ineinandergeschoben. Das gibt der Fassade besondere Winkel und eine außergewöhnliche Kantigkeit. Mit der vorgesehenen Begrünung, für die bereits die Gitterelemente angebracht sind, wird der Neubau an zentraler Stelle einen besonderen Charme bekommen. Auch das Dach wird begrünt. Das Substrat dafür ist bereits vorbereitet. Der neue Hauptbahnhof in Rheydt – oder vielmehr das dazugehörende Gebäude – ist fast fertig. Spätestens nach den Sommerferien geht es in Betrieb. Bereits jetzt gab es bei einem exklusiven Rundgang mit dem Chef der städtischen Tochter und Eigentümerin der Immobilie, EWMG, Ulrich Schückhaus, und der Leiterin des Bereichs Planen & Bauen, Kerstin Schaaf, die Gelegenheit für Einblicke und Ausblicke. „Das setzt einen Impuls für Rheydt, schafft architektonisch ein schönes Entrée“, freut sich Schückhaus. Er ist sicher, dass dieses von der EWMG selbst finanzierte und umgesetzte Projekt die Botschaft aussendet, dass sich in Rheydt etwas zum Guten bewegt.
Was Besucher im öffentlichen Bereich erwartet Von der Bahnhofstraße aus ist es das Erdgeschoss, vom Gleisbereich aus ist es die Ebene darunter auf der Höhe des Fußgängertunnels. Die Empfangshalle wird durch eine verglaste Front in der Mitte des Gebäudes betreten. Sie ist rund 180 Quadratmeter groß, hat eine hohe Decke. Gegenüber des Eingangs ist der Durchgang zum Tunnel zu den Gleisen vorgesehen. Auch eine öffentliche Toilette wird eingerichtet. Die hatte es laut Schückhaus im alten Gebäude nicht gegeben. Sie soll gegen Gebühr nutzbar sein. Auf der rechten Seite wird ein Kiosk einziehen. Links ist alles für Gastronomie vorbereitet. Etwa 170 Quadratmeter Fläche mit großer verglaster Fensterfront zum Vorplatz, wo auch eine Außenterrasse betrieben werden kann, stehen dem Restaurant oder Café zur Verfügung. Ein Pächter wird allerdings noch gesucht. Die Konditionen beschreibt Schückhaus mit mindestens 20 Euro pro Quadratmeter oder zehn Prozent des Umsatzes. Dahinter befinden sich 120 Quadratmeter Einzelhandelsfläche, die ebenfalls noch nicht belegt ist. Aktuell haben die Bauarbeiter und Handwerker dort eine Werkstatt eingerichtet. Vom Erdgeschoss aus gibt es auch einen Zugang zur benachbarten Radstation. Wo die Polizei einzieht Seit 2020 steht fest, dass die Polizeiwache, die aktuell in Sichtweite an der Vierhausstraße untergebracht ist, als Ankermieterin in den Neubau ziehen wird. Sie wird den kompletten nördlichen Trakt zu Wilhelm-Schiffer-/ Moses-Stern-Straße mit 1740 Quadratmetern belegen. Dort werden auch die Einsatzfahrzeuge untergebracht, die eine eigene Zufahrt zum Ring mit Vorrangampel erhalten wird. „Wir haben die Räume zum Innenausbau übergeben“, sagt Kerstin Schaaf. Eine Besichtigung ist aus Gründen der Sicherheit aktuell nicht möglich.
So sehen die oberen Etagen aus Das erste Obergeschoss befindet sich rückseitig auf Höhe der Gleise. Eine kleine Terrasse ist dorthin ausgerichtet. Sie steht den künftigen Mietern zur Verfügung. Im Nordflügel ist das die Polizei, im südlichen Trakt zieht die Steuerberater-Kanzlei „Backhaus & Partner“ein. Ihre Räume sind aktuell noch ohne Zwischenwände und Innenausbau. Eine große Fläche mit raumhoher Fensterfront zur Bahnhofstraße hin ermöglichen einen schönen Ausblick über den Platz und die Innenstadt von Rheydt. Noch beeindruckender ist der Ausblick vom zweiten Obergeschoss aus. Dafür hat sich der Architekt Brings ein besonderes Detail einfallen lassen: Vor der langen und hohen Fensterfront stehen schwere, diagonal angelegte Stahlträger. Das gibt nicht nur eine modern-industrielle Anmutung, sondern erinnert auch an eine Zugbrücke, nimmt also ästhetisch den Kontext des Bahnhofs auf. Hier gebe es noch keinen festen Mieter, aber „ordentlich Nachfrage“, sagt Schückhaus. Mit 15 Euro pro Quadratmeter liegt das Objekt im Spitzensegment.
Wie das Projekt im Zeitplan und bei den Kosten liegt Verzögerungen hatte es nicht gegeben. Umgesetzt wurde das Projekt von dem Mönchengladbacher Bauunternehmer Marco Beeck. Sehr wohl gibt es jedoch eine deutliche Steigerung bei den Kosten: Waren ursprünglich knapp 14 Millionen Euro anvisiert, werden es laut Schückhaus am Ende wohl 20 Millionen sein. Das sei vor allem der Steigerung bei den Baukosten geschuldet. Auf die Ausschreibungen der Gewerke seien nur wenige, teuere Angebote gekommen. „Einige Gewerke mussten wir sogar doppelt ausschreiben.“Der Bau sei genau in die ungünstige Marktlage gefallen, betont er. Aber ein Abwarten auf gemäßigtere Preise sei „an dieser Stelle“keine Alternative gewesen.