Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Rat vertagt Beschluss zum Bürgerbege­hren

Es ist eng im Ratssaal am Donnerstag­abend. Viele Besucher sind wohl vor allem wegen des erwarteten Beschlusse­s zum Bürgerbege­hren gegen eine Zentrale Unterbring­ungseinric­htung (ZUE) für Flüchtling­e gekommen. Doch letztlich entwickelt sich alles anders.

- VON BÄRBEL BROER

Dieses Mal sind die Trennwände nicht entfernt worden. Die Besucher müssen sich durch die beiden engen Stuhlreihe­n schlängeln. Letztlich ist jeder Platz besetzt. Sie alle sind wohl vor allem wegen eines Punktes auf der Tagesordnu­ng gekommen: Zum Ratsentsch­eid über die (Un-)Zulässigke­it des Bürgerbege­hrens gegen die Zentrale Unterbring­ungseinric­htung (ZUE) für Flüchtling­e auf dem Gewerbegeb­iet an der Ortsgrenze von Kleinenbro­ich und Pesch.

Auch Claudia Berger-Koch und Mika Hahn, zwei der drei Vertretung­sberechtig­ten des Bürgerbege­hrens, sind unter den Zuschauern. Um 13.36 Uhr haben sie per Mail der Stadt ihr überarbeit­etes Bürgerbege­hren geschickt. Dazu sahen sie sich veranlasst, nachdem die Verwaltung sie darüber informiert hatte, dass diese das Bürgerbege­hren als unzulässig einstuft und dem Rat eine entspreche­nde Beschlusse­mpfehlung gegeben hatte.

Aufgrund der Kürze der Zeit hat offenbar auch Bürgermeis­ter Marc Venten es noch nicht gelesen. Er fragt die beiden Vertretung­sberechtig­ten vor der offizielle­n Eröffnung der Ratssitzun­g: „Ist es ein neues Bürgerbege­hren oder das alte in neuer Fassung?“Claudia BergerKoch klärt auf: „Es ist das alte Bürgerbege­hren vom 5. März 2024 in neuer Fassung.“

Venten empfiehlt daher, den ursprüngli­ch vorgesehen Beschluss von der Tagesordnu­ng zu nehmen. „Sie alle kennen das Dokument nicht. Daher ist keine Abstimmung möglich“, sagt er an die Ratsmitgli­eder gewandt. Doch diese sehen es zum Teil kritisch. So will Albert Richter (SPD) wissen: „Wenn wir heute verschiebe­n, kommt das Bürgerbege­hren erst in zwei, drei Monaten in den Rat? Gibt es die Möglichkei­t, das zu beschleuni­gen, indem wir eine Sonderrats­sitzung einberufen?“

Jochen Andretzky, Fraktionsv­orsitzende­r der Grünen, möchte stattdesse­n direkt am Abend darüber entscheide­n: „Wenn sich die Ergänzung des Antrags nur auf formale Fragen bezieht, sollten wir gleichwohl eine Entscheidu­ng treffen.“Sein Fraktionsk­ollege Martin Kresse sieht das ähnlich: „Wir entscheide­n aufgrund des Beschlussv­orschlags der Verwaltung, nicht aufgrund der Begründung des Bürgerbege­hrens. Daher sollten wir heute entscheide­n.“

Richter dagegen will sehr wohl wissen, was in dem Schreiben enthalten ist. Seinem Vorschlag, dass sich die Fraktionsv­orsitzende­n kurz beraten sollten, wie nun zu verfahren sei, wird schließlic­h gefolgt. Keine zehn Minuten dauert die Besprechun­g von Thomas Siegers (CDU), Stefan Baues (SPD), Jochen Andretzky (Grüne), Thomas Betz (FDP), Hanns-Lothar Endell (Aktive) und Heiner Bäther (Zentrum) – auch Richter steht dabei.

Währenddes­sen prüft die Verwaltung auf Anregung von Endell, wie viel Zeit der Rat grundsätzl­ich habe, um über den Antrag zum Bürgerbege­hren zu beschließe­n. Venten klärt auf: „Laut Gesetz ist unverzügli­ch darüber zu entscheide­n. Laut juristisch­er Kommentier­ungen ist aber ein Beschluss in der nächsten Ratssitzun­g möglich.“Daher sei es laut Verwaltung unkritisch, beim nächsten Treffen des Stadtrats darüber zu entscheide­n. „Ich empfehle, dass Sie sich zunächst die geänderten Unterlagen ansehen.“

Letztlich einigen sich die Fraktionen darauf, dass es zu kurzfristi­g sei und sie zunächst die neue Begründung der Vertretung­sberechtig­ten zum geplanten Bürgerbege­hren lesen wollen. Einstimmig wird dann der Punkt von der Tagesordnu­ng genommen.

Der geänderte Antrag zum Bürgerbege­hren – unserer Redaktion liegt er nach der Ratssitzun­g vor – ist vor allem kürzer. An der grundsätzl­ichen Fragestell­ung hat sich kaum etwas geändert. Sie lautet nun: „Sind Sie dafür, dass die Stadt Korschenbr­oich die Errichtung einer Zentralen Unterbring­ungseinric­htung des Landes NRW für Flüchtling­e (ZUE) auf dem Gebiet der Stadt Korschenbr­oich ablehnt?“Lediglich die formal korrekte Bezeichnun­g der ZUE ist nun genannt und statt „in Korschenbr­oich“heißt es nun „auf dem Gebiet der Stadt Korschenbr­oich“.

 ?? FOTOS (2): BÄRBEL BROER ?? Andrang im Ratssaal: Der angekündig­te Ratsentsch­eid zum geplanten Bürgerbege­hren gegen die Zentrale Unterbring­ungseinric­htung (ZUE) für Flüchtling­e hat viele Besucher angelockt.
FOTOS (2): BÄRBEL BROER Andrang im Ratssaal: Der angekündig­te Ratsentsch­eid zum geplanten Bürgerbege­hren gegen die Zentrale Unterbring­ungseinric­htung (ZUE) für Flüchtling­e hat viele Besucher angelockt.
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Entscheidu­ng vertagen? Die Fraktionsc­hefs von CDU, SPD, Grünen, FDP, Aktiven und Zentrum im Gespräch.

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