Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Im Tunnel von Erkelenz
Mithilfe eines Bergmannsstollens werden derzeit unterirdisch die Kanäle in der Erkelenzer Innenstadt saniert. Wie das funktioniert und wie der Zeitplan aussieht.
Es ist viele Jahrzehnte her, dass Menschen die Gelegenheiten hatten, sich so tief unter der Oberfläche der Innenstadt zu bewegen. Knapp fünf Meter unter dem Alten Rathaus errichten Arbeiter derzeit einen echten Bergmannsstollen. Was von außen nicht zu sehen ist: Mittlerweile haben sich die Arbeiter schon knapp 20 Meter vorgearbeitet. Ihr Ziel: Den mehr als maroden Abwasserkanal Stück für Stück zu entfernen und durch einen neuen zu ersetzen. Insgesamt geht es um eine Länge von knapp 180 unterirdischen Metern, vom Alten Rathaus bis zum Feller-Propeller am Kölner Tor.
In Erkelenz ist in den vergangenen Jahren viel über die Baustellen und die Umgestaltung der Innenstadt gemeckert worden. Was dabei oft vergessen wird: Dass die uralten Versorgungsleitungen und Kanäle im Bereich des Marktes ersetzt werden müssen, war letztlich völlig alternativlos. Die Stadt hat sich dabei für eine teure Stollenbauweise entschieden. „Dadurch belasten wir die Anwohner und Geschäftstreibenden oben weniger. Davon abgesehen wäre es mit einer offenen Bauweise und einem Bagger aufgrund der engen Straße aber auch sehr schwierig geworden, hier zu arbeiten“, erklärt Ansgar Lurweg, Technischer Beigeordneter der Stadt.
Ersetzt werden müssen dabei gleich zwei Rohre, erklärt Roger Zimmermann vom Ingenieurbüro Achten und Jansen. Unten liegt das alte, 60 Zentimeter dicke Rohr, durch das vor allem das Regenwasser der Innenstadt abgeleitet wird. Ersetzt wird es durch ein ein neues aus Glasfaserkunststoff mit einem Durchmesser von einem Meter. „Dadurch werden wir in Zukunft auch Starkregenereignisse besser auffangen können, ohne dass hier Häuser geflutet werden“, erklärt Zimmermann. Das Rohr wird dabei Stück für Stück und im laufenden Betrieb abgerissen und sofort durch ein vorübergehendes Rohr ersetzt. Erst wenn der ganze Kanal abgerissen ist, wird dann der neue eingesetzt.
Ein anderes Verfahren wird für das zweite Rohr verwendet, an das die Hausanschlüsse angeschlossen sind. Mit dem sogenannten Inlinerverfahren wird von innen ein Schlauch durch das vorhandene Rohr gezogen.
Firmen, die auf solche UntergrundSanierungen spezialisiert sind, gibt es nicht viele in Deutschland. In Erkelenz ist die Firma Fenners aus Neukirchen-Vluyn tätig. Bauleiter Benjamin Timmer erklärt: „Der Tunnel wird jeden Tag größer, an einem guten Tag schaffen wir 75 Zentimeter bis einen Meter und holen hier ungefähr neun Tonnen Material heraus.“Das passiert übrigens ganz klassisch mit der Schubkarre. Der etwa zwei Meter hohe Stollen wird mit Holz und Metall abgestützt. Wenn alle Arbeiten abgeschlossen sind und die neuen Rohre verlegt sind, wird er mit Füllmasse zugeschütttet.
Eine solche Bauweise kommt immer dann zum Einsatz, wenn eine offene Kanalsanierung entweder nicht möglich oder mit zu großen Einschränkungen an wichtigen Stellen verbunden ist. „Wir haben auch schon in der Düsseldorfer Altstadt die Kanäle auf einer Länge von drei Kilometern saniert“, berichtet Fenners-Geschäftsführer Michael Hohenlohe.
Von Tunneleingang am Alten Rathaus wird sich der Tunnel nun bis etwa zur Hälfte des Weges ziehen. Dann beginnen die Arbeiten auf der anderen Seite, bis sich beide Tunnel in der Mitte treffen. Das spart Schubkarrenwege.
Die Tunnelarbeiten werden die Erkelenzer noch ein knappes Jahr begleiten. Tiefbauamtsleiter Bernhard Rembarz legt sich aber fest: „Bis Ostern 2025 sind wir fertig.“Bis dahin dürfte planmäßig auch der größte Teil des Marktplatz-Umbaus vollendet sein. Denn wie die Stadt verkündet hat, soll der Lambertusmarkt 2025 wieder auf dem Markt gefeiert werden, der dann hoffentlich von allen Baustellen befreit sein wird.
Viele Erkelenzer fragen sich übrigens, was es mit dem Engel auf sich hat, der gut sichtbar am Stolleneingang vor dem Alten Rathaus ist. Die Erklärung ist simpel: „Das ist unser Schutzengel, der ist auf jeder Baustelle mit dabei“, sagt Bauleiter Timmer. Ein Mitarbeiter habe ihn mal am Rande einer Baustelle gefunden, seitdem bringt er dem Team Glück.