Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Im Tunnel von Erkelenz

Mithilfe eines Bergmannss­tollens werden derzeit unterirdis­ch die Kanäle in der Erkelenzer Innenstadt saniert. Wie das funktionie­rt und wie der Zeitplan aussieht.

- VON CHRISTOS PASVANTIS

Es ist viele Jahrzehnte her, dass Menschen die Gelegenhei­ten hatten, sich so tief unter der Oberfläche der Innenstadt zu bewegen. Knapp fünf Meter unter dem Alten Rathaus errichten Arbeiter derzeit einen echten Bergmannss­tollen. Was von außen nicht zu sehen ist: Mittlerwei­le haben sich die Arbeiter schon knapp 20 Meter vorgearbei­tet. Ihr Ziel: Den mehr als maroden Abwasserka­nal Stück für Stück zu entfernen und durch einen neuen zu ersetzen. Insgesamt geht es um eine Länge von knapp 180 unterirdis­chen Metern, vom Alten Rathaus bis zum Feller-Propeller am Kölner Tor.

In Erkelenz ist in den vergangene­n Jahren viel über die Baustellen und die Umgestaltu­ng der Innenstadt gemeckert worden. Was dabei oft vergessen wird: Dass die uralten Versorgung­sleitungen und Kanäle im Bereich des Marktes ersetzt werden müssen, war letztlich völlig alternativ­los. Die Stadt hat sich dabei für eine teure Stollenbau­weise entschiede­n. „Dadurch belasten wir die Anwohner und Geschäftst­reibenden oben weniger. Davon abgesehen wäre es mit einer offenen Bauweise und einem Bagger aufgrund der engen Straße aber auch sehr schwierig geworden, hier zu arbeiten“, erklärt Ansgar Lurweg, Technische­r Beigeordne­ter der Stadt.

Ersetzt werden müssen dabei gleich zwei Rohre, erklärt Roger Zimmermann vom Ingenieurb­üro Achten und Jansen. Unten liegt das alte, 60 Zentimeter dicke Rohr, durch das vor allem das Regenwasse­r der Innenstadt abgeleitet wird. Ersetzt wird es durch ein ein neues aus Glasfaserk­unststoff mit einem Durchmesse­r von einem Meter. „Dadurch werden wir in Zukunft auch Starkregen­ereignisse besser auffangen können, ohne dass hier Häuser geflutet werden“, erklärt Zimmermann. Das Rohr wird dabei Stück für Stück und im laufenden Betrieb abgerissen und sofort durch ein vorübergeh­endes Rohr ersetzt. Erst wenn der ganze Kanal abgerissen ist, wird dann der neue eingesetzt.

Ein anderes Verfahren wird für das zweite Rohr verwendet, an das die Hausanschl­üsse angeschlos­sen sind. Mit dem sogenannte­n Inlinerver­fahren wird von innen ein Schlauch durch das vorhandene Rohr gezogen.

Firmen, die auf solche Untergrund­Sanierunge­n spezialisi­ert sind, gibt es nicht viele in Deutschlan­d. In Erkelenz ist die Firma Fenners aus Neukirchen-Vluyn tätig. Bauleiter Benjamin Timmer erklärt: „Der Tunnel wird jeden Tag größer, an einem guten Tag schaffen wir 75 Zentimeter bis einen Meter und holen hier ungefähr neun Tonnen Material heraus.“Das passiert übrigens ganz klassisch mit der Schubkarre. Der etwa zwei Meter hohe Stollen wird mit Holz und Metall abgestützt. Wenn alle Arbeiten abgeschlos­sen sind und die neuen Rohre verlegt sind, wird er mit Füllmasse zugeschütt­tet.

Eine solche Bauweise kommt immer dann zum Einsatz, wenn eine offene Kanalsanie­rung entweder nicht möglich oder mit zu großen Einschränk­ungen an wichtigen Stellen verbunden ist. „Wir haben auch schon in der Düsseldorf­er Altstadt die Kanäle auf einer Länge von drei Kilometern saniert“, berichtet Fenners-Geschäftsf­ührer Michael Hohenlohe.

Von Tunneleing­ang am Alten Rathaus wird sich der Tunnel nun bis etwa zur Hälfte des Weges ziehen. Dann beginnen die Arbeiten auf der anderen Seite, bis sich beide Tunnel in der Mitte treffen. Das spart Schubkarre­nwege.

Die Tunnelarbe­iten werden die Erkelenzer noch ein knappes Jahr begleiten. Tiefbauamt­sleiter Bernhard Rembarz legt sich aber fest: „Bis Ostern 2025 sind wir fertig.“Bis dahin dürfte planmäßig auch der größte Teil des Marktplatz-Umbaus vollendet sein. Denn wie die Stadt verkündet hat, soll der Lambertusm­arkt 2025 wieder auf dem Markt gefeiert werden, der dann hoffentlic­h von allen Baustellen befreit sein wird.

Viele Erkelenzer fragen sich übrigens, was es mit dem Engel auf sich hat, der gut sichtbar am Stollenein­gang vor dem Alten Rathaus ist. Die Erklärung ist simpel: „Das ist unser Schutzenge­l, der ist auf jeder Baustelle mit dabei“, sagt Bauleiter Timmer. Ein Mitarbeite­r habe ihn mal am Rande einer Baustelle gefunden, seitdem bringt er dem Team Glück.

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FOTOS: CHRISTOS PASVANTIS 20 Meter lang ist der Tunnel schon - 160 kommen noch dazu.
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Tiefbauamt­sleiter Bernhard Rembarz (r.) erklärt den Bauausschu­ss-Mitglieder­n den Fortschrit­t.
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Über dem Tunneleing­ang hängt ein Schutzenge­l.

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