Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Wohnungsrecht auf Lebenszeit
Immobilien schon zu Lebzeiten weiterzugeben, hat Vorteile – unter anderem steuerliche. Manchmal wollen Eigentümer aber trotzdem weiter im vertrauten Zuhause bleiben. Das geht mit einem Wohnungsrecht.
Wollen Sie Ihre selbst genutzte Immobilie verschenken oder verkaufen, aber nicht ausziehen, können Sie sich ein Wohnoder Wohnungsrecht vorbehalten. Es ermöglicht Ihnen den mietfreien Verbleib in vertrauter Umgebung, ohne Eigentümer zu sein. Dafür muss die Vereinbarung aber rechtssicher getroffen werden. So geht‘s.
Zunächst einmal ist es dafür wichtig, die Fachbegriffe zu klären. Denn Wohn- und Wohnungsrecht sind zwei unterschiedliche Dinge. Ein bloßes Wohnrecht (nach Paragraf 1090 des Bürgerlichen Gesetzbuchs [BGB]) gibt Ihnen lediglich das Recht, Haus oder Wohnung gemeinsam mit dem neuen Eigentümer zu nutzen. Eine typische Konstellation dafür ist etwa die, dass Eltern ihren Kindern das Eigenheim überschreiben, der Nachwuchs mit einzieht und sich beide Keller, Garten und Speicher teilen.
Beim Wohnungsrecht nutzen Sie das Objekt hingegen weiterhin alleine. Das legt Paragraf 1093 BGB ausdrücklich fest. „Es ist ein Recht zum
Wohnen unter Ausschluss des Eigentümers“, sagt Rechtsanwältin Sandra D’Ascenzo. Eigentümer, und sei es die eigene Familie, haben hier kein Mitnutzungsrecht.
Am Beispiel zweier Geschwister hat der Bundesgerichtshof das eindeutig klargestellt. Der Bruder hatte seiner Schwester ein Wohnungsrecht eingeräumt. Weil sie die Räume nicht nutzte, zog er selbst ein. Die Schwester klagte dagegen, er musste ausziehen. Zu Recht, entschied das Gericht (Az.: V ZR 113/22).
Wenn landläufig vom Wohnrecht die Rede ist, ist zumeist das Wohnungsrecht gemeint. In einem Punkt macht es aber keinen Unterschied: Grundsätzlich zahlen Berechtigte weder beim Wohn- noch beim Wohnungsrecht Miete.
Das Wohnungsrecht bietet aus Sicht von Berechtigten jedoch diverse weitere Privilegien, mit denen das Wohnrecht nicht punkten kann. So dürfen sie nicht nur selbst in der Wohnung leben, sondern auch andere Menschen mit einziehen lassen – etwa Freunde oder Pflegekräfte. Sogar leer stehen lassen dürfen sie die Wohnung,
wie der BGH-Fall zeigt. Eine Vermietung an Dritte sei jedoch ausgeschlossen, erläutert D’Ascenzo.
Weil sie also nicht so einfach vor die Tür gesetzt werden können, sind beispielsweise mit einem Wohnungsrecht ausgestattete Eltern ziemlich gut vor einem Rauswurf geschützt, wenn ihre Kinder oder andere Eigentümer die Immobilie zu
Geld machen wollen. Noch dazu hat ein eingetragenes Wohnungsrecht auch Bestand, falls Eigentümer Begünstigte wegen eines Streits oder Ähnlichem loswerden wollen.
Aus Eigentümersicht ist das eingetragene Wohnungsrecht natürlich ein Verkaufshindernis. Es sind Abschläge einzukalkulieren, da das Privileg den Preis mindert. Ferner möchten
Interessenten meistens selbst einziehen, Berechtigte stören. Diese wiederum können überlegen, ob sie gegen eine Abstandszahlung auf ihr Recht verzichten und freiwillig ausziehen. Zwingen kann man sie nicht. Denn die Löschung aus dem Grundbuch können in der Regel nur Berechtigte selbst veranlassen.
Eigentümer und Begünstigte einigen sich in der Regel auf ein lebenslanges Wohnungsrecht. „Es endet mit dem Tod des Berechtigten“, sagt D’Ascenzo. Eine Vererbung oder eine Übertragung sei ausgeschlossen. Wer kein lebenslanges Recht will, kann festlegen, dass das Recht mit Umzug ins Seniorenheim oder bei Eintritt bestimmter Bedingungen aufgehoben wird – zum Beispiel bei einer Ehescheidung der Berechtigten.
Endet ein Wohnungsrecht allerdings zum Beispiel durch Verzicht und Löschung im Grundbuch vorzeitig, sollten Betroffene wissen, dass das steuerliche Folgen haben kann. Nach Angaben der Notarkammer kann dann nämlich eine Schenkungsteuer fällig werden.