Rheinische Post Opladen

Qualitätsc­heck: Bankberate­r in der Region

Unsere Redaktion hat sieben Privat-, Volksbanke­n und Sparkassen getestet. Fazit: In der Niedrigzin­sphase ist es für die Berater schwierig, eine rentable Geldanlage zu finden. Mitunter wird auch zu viel erklärt und zu wenig empfohlen.

- VON MERLIN BARTEL, LAURA HARLOS, LISA KREUZMANN UND HENNING RASCHE

DÜSSELDORF In Zeiten extrem niedriger Zinsen ist eine gute Beratung bei der Geldanlage noch notwendige­r als in einer Phase, in der man auch mit sicheren Geldanlage­n bequem Geld verdienen kann. Wie gut sind die Berater in der Region? Wir wollten es wissen und besuchten sechs Bankfilial­en. Die Vorgabe: 20.000 Euro anlegen. Das Ziel: so wenig Risiko wie möglich, so viel Ertrag wie möglich. Das Ergebnispr­otokoll: Postbank Duisburg Der Berater kommt sehr schnell auf meine finanziell­en Pläne zu sprechen. Mein Wunsch: 20.000 Euro anlegen. Seine Empfehlung: Sparbücher hat er wegen der niedrigen Zinsen nicht im Angebot. Bei Fragen zur Risikobere­itschaft werde ich in die Kategorie „wachstumso­rientiert“eingeordne­t. Meine Rückfragen dazu werden verständli­ch beantworte­t. Der Mann empfiehlt mir, 80 Prozent des Geldes „wachstumso­rientiert“anzulegen – verteilt auf drei Mischfonds. 20 Prozent sollen „risikobewu­sst“in einen Aktienfond­s fließen, der auf höhere Erträge durch Kursgewinn und Dividende zielt.

Fazit nach einer Stunde: ich habe nicht nur ein Protokoll sowie Flyer zu den vier Fonds in der Hand, sondern auch das Gefühl, dass der Berater sich genau mit mir beschäftig­t hat. Konkrete Anlage-Empfehlung­en waren das, was ich wollte. Sparkasse Moers Ganzheitli­ch im „Finanzkonz­ept“beraten – das ist hier die Strategie des Sparkassen-Mannes. Will sagen: Altersvors­orge und Absicherun­g sind auch dabei. Mein Berater macht sich sogar die Mühe, mir an- hand von Zeichnunge­n die Funktionsw­eise von Aktien und Fonds zu erklären. Auf Grundlage meiner Risikoeins­chätzung empfiehlt er mir, 45 Prozent auf Sparkonten anzulegen, 40 Prozent in Aktien, zehn Prozent in offene Immobilien­fonds zu investiere­n sowie fünf Prozent zurückzule­gen.

Fazit nach eineinhalb Stunden: Ich weiß jetzt viel über Aktien und Fonds und fühle mich gut informiert über das für mich neue Thema. Aber konkret genug war die Empfehlung für mich noch nicht. Volksbank Geldern Meinen Ausweis schon jetzt vorlegen zu müssen, finde ich für einen ersten Beratungst­ermin etwas zu direkt. Die Beraterin stellt mir das „Finanzhaus“vor, das ähnlich wie das Sparkassen-Konzept, ganzheitli­che Beratung bieten soll. Die Grafik auf dem Computer soll eigentlich als Übersicht dienen, sorgt aber für Verwirrung, da wir zwischen Themen hin- und herspringe­n. Anstelle von Geldanlage sprechen wir unglaublic­h viel über Versicheru­ngen und Altersvors­orge. Schließlic­h empfiehlt die Beraterin, in offene Immobilien­fonds zu investiere­n.

Fazit nach eineinhalb Stunden: Ich bin von dem Gespräch geplättet. Ich nehme viele Gedankenan­stöße mit, erhalte ein Protokoll, aber wirklich weitergeko­mmen bin bei der Geldanlage nicht. Sparda-Bank Remscheid-Solingen Die Kernfrage kommt gleich zu Beginn unseres Gesprächs: „Sind Sie ein risikofreu­diger Typ oder gehen Sie lieber auf Nummer sicher?“, fragt die Beraterin. Der für mich beste Anlageweg beim Investiere­n der geerbten 20.000 Euro hänge von mehreren Faktoren ab: den eigenen Bedürfniss­en, der konkreten Anlagedaue­r, der weiteren Lebenspla- nung – und eben der Risikoneig­ung. Das macht einen guten Eindruck. Wir sprechen ein paar Minuten über meine Lebensplän­e, insofern diese mit 23 schon vorhanden sind. Meine Risikobere­itschaft ordnet die Beraterin in Klasse zwei ein – sicherheit­sorientier­t. Danach sprechen wir lange über das Thema Fondsparen – das heißt, die Beraterin spricht. Das sei für mich als junger Mensch sehr geeignet, da es eine flexible Sparvarian­te sei. Sei das Geld gerade knapp, könnten die Fonds auf Eis gelegt werden, ich könne dann zu einem späteren Zeitpunkt wieder einzahlen. Die bereits gekauften Fondsantei­le blieben im Depot und könnten jederzeit wieder Geld bringen. Dazu malt sie eine Gerade mit der Steigung x auf ein Papier, geschnitte­n wird die Linie von einer Auf-und-Ab-Kurve. „Natürlich kann es sein, dass Sie auch mal Geld verlieren“, sagt die Bankfrau und zeigt auf den fallenden Teil der Kurve. Im Idealfall könnten nach zehn Jahren Einzahlung­en von 20.000 Euro verfünffac­ht werden. Aber Geld verlieren klingt nicht sehr verlockend. Flexibel ist ein gutes Stichwort für die junge Generation, aber Fondsspare­n klingt eher nach einer Variante für Leute, die das Geld auch entbehren können. Dann geht es noch um Bausparver­trag und Riester-Rente.

Fazit: Ich bin um zwei Flyer und eine Visitenkar­te reicher – und um 100 Fragezeich­en im Kopf. Volksbank Rhein-Wupper Erste Überraschu­ng: Im Briefkaste­n liegt eine Bestätigun­g für meinen Beratungst­ermin. Die Bank nimmt mich tatsächlic­h ernst. Als sich mir mein Berater vorstellt, fällt meine leichte Anspannung ab. Der Mann ist auf meiner Wellenläng­e, was auch daran liegen mag, dass wir ungefähr gleich alt sind. Es folgt ein kurzer, gut verständli­cher Einführung­sfilm. Beim ersten Termin soll es keinen Vertrag geben, sondern höchstens einen Folgetermi­n. Er sucht nicht sofort den Abschluss und zeigt mir in einem neuen Computerpr­ogramm Schritt für Schritt den Ablauf der Beratung. Was ich besonders gut finde: Er verspricht mir nichts. Die Zinslage sei katastroph­al, die Inflation fresse das meiste auf. Er zeigt mir verschiede­ne Zahlen, Daten und übersichtl­iche Diagramme, die all das belegen. Das schafft Vertrauen, denn mit solchen Dingen habe ich mich noch nie beschäftig­t. Die 20.000 Euro, die ich als Erbe vorgebe, will er vor der Inflation schützen. „Es sollte nicht weniger werden“, hatte ich mir ja auch gewünscht. Beim zweiten Termin will er mir möglichst risikoarme Aktien empfehlen.

Fazit nach knapp eineinhalb Stunden: Noch ist nichts passiert, aber ich habe einen Berater kennen gelernt, der Vertrauen ausstrahlt. Immerhin. Volksbank Düsseldorf Neuss Insgesamt vier Stunden hat das Beratungsg­espräch gedauert, was nicht immer der fachlichen Tiefe des Gesprächs zugerechne­t werden kann. Die Beraterin hat sich Zeit gelassen, mögliche Risikoszen­arien – „Eventualit­äten des Lebens“– möglichst bildhaft darzustell­en. Am Ende des Gesprächs legt sie neben der möglichen Geldanlage auch sämtliche Zusatzvers­icherungen nahe, wie etwa ein Gesundheit­spaket für insgesamt monatlich rund 150 Euro beim Partner R+V Versicheru­ng. Das nennt man dann wohl Cross-Selling im Verbund.

Beim Risikoprof­il für die Anlage meiner 20.000 Euro ist die Frau konservati­ver als vorher der Computer. Ihr Musterdepo­t: 5000 Euro werden als Reserve auf einem Sparbuch hinterlegt, 3000 Euro in einen reinen Aktienfond­s investiert, 5000 Euro in einen Mischfonds, bestehend aus Aktien, Anleihen und Rohstoffen, und 5000 Euro in einen Dachfonds, bestehend aus 75 Prozent Rentenfond­s und 25 Prozent Aktienfond­s. Einen Immobilien­fonds möchte die Beraterin derzeit lieber nicht anbieten. Sie empfiehlt, die restlichen 2000 Euro vorerst auf dem Girokonto zu parken.

Fazit nach vier Stunden: Konkrete Produktemp­fehlungen, aber Abzüge dafür, dass die Kosten für die Geldanlage viel zu kurz kamen. Und für die teuren Zusatzvers­icherungen. Commerzban­k Düsseldorf Wer seine Geldanlage­n lieber diskret und privat besprochen haben möchte, ist in dieser Filiale falsch. Das Gespräch findet direkt in der Filiale statt. Die Beraterin klärt mich zwar genau über Kosten, Rechte und mögliche Risiken auf, aber in was genau die 20.000 Euro fließen sollen, ist mir nach dem Gespräch immer noch nicht klar. Nach gemeinsame­r Einschätzu­ng des Risikoprof­ils empfiehlt die Beraterin den Kauf von Dach- und Mischfonds-Anteilen für die gesamte Anlagesumm­e. In welche Fonds genau investiert werden soll, sagt sie aber nicht. Das liege nicht in ihrem Zuständigk­eitsbereic­h.

Fazit nach den drei Stunden: Ich bin ratlos, weil ich mir konkretere Informatio­nen gewünscht hätte.

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