Brasiliens einst reichster Mann stolpert über Korruption
Der Aufstieg und Fall des Eike Batista, dessen Karriere im Rheinland begann, ist ein Spiegelbild der Entwicklung Brasiliens.
RIO DE JANEIRO Eike Batista ist so stolz gewesen auf seine Haare. Vor sechs Jahren erzählte der einst reichste Mann Brasiliens mit deutschem Pass in einem TV-Interview von einer sündhaft teuren Behandlung seiner Haarpracht, die er sich rund 10.000 Euro hatte kosten lassen. Aber jetzt sind die Haare ab. Ende Januar brachten Polizisten Batista mit rasiertem Schädel in ein Gefängnis in Rio de Janeiro. Der 60Jährige war im Rahmen der AntiKorruptions-Operation „Lava Jato” (Autowäsche) festgenommen worden und wird verdächtigt, den ehemaligen Gouverneur des Bundesstaates Rio de Janeiro mit 16,5 Millionen Euro geschmiert zu haben.
Weil er sein Studium in Aachen nicht abgeschlossen hat, ist Batista, der einst nicht nur der reichste Brasilianer, sondern auch einer der reichsten Menschen der Welt war, in Brasilien heute im gewöhnlichen Vollzug untergebracht und nicht in dem Gefängnisflügel, der für Akademiker reserviert ist. Einen Antrag auf Haftverschonung lehnte der zuständige Richter ab.
Der steile Aufstieg und tiefe Fall Eike Batistas bietet Stoff für Biografen und steht zugleich symbolisch für die Entwicklung Brasiliens in den vergangenen zehn Jahren. In einer Zeit, in der die Wirtschaft boomte, nachdem vor der Küste des Bundesstaates Rio de Janeiro Öl gefunden worden war, scheffelte Batista Millionen, nahm brasilianische Politiker und internationale Investoren für sich ein, machte mit Bergbau, Erdöl, Energie und Logistik Geschäfte und verfügte zwischenzeitlich über 30 Milliarden Dollar.
Nun steckt das Land in einer schweren Rezession, der Bundesstaat Rio de Janeiro ist pleite, und Batista sitzt in Untersuchungshaft. Sein Imperium hatte sich schon 2013 als Luftschloss entpuppt, als er dreimal so viel Erdöl versprach wie er produzieren konnte. Batista war nie ein Unternehmer im klassischen Sinne. Er stellte sich gerne als Selfmademan dar und verschwieg dabei, dass sein Vater Eliezer Batista den brasilianischen Minenkonzern „Companhia do Vale Doce” aufgebaut und geleitet hatte, wodurch er schon früh mit dem Bergbaugeschäft in Kotakt kam. Seine Mutter Jutta Fuhrken stammte aus Hamburg, weshalb Batista auch die deutsche Staatsbürgerschaft hat.
Von seiner Mutter, sagt er, habe er Selbstvertrauen und Disziplin gelernt. Als er ein Kind war und Asthma hatte, hat sie ihn zur Abhärtung gegen die Kurzatmigkeit in das Schwimmbecken geworfen. „Das hat mich stärker gemacht”, sagt Barista. Weil dem Vater kommunistische Umtriebe vorgeworfen wurden, ging die Familie während der Militärdiktatur in Brasilien nach Eu- ropa ins Exil und lebte unter anderem in Düsseldorf.
Als die Familie nach Brasilien zurückkehrte, blieb Eike im Rheinland. Die Eltern hatten für ihn ein Studium der Metallurgie an der TH Aachen vorgesehen, dass er allerdings abbrach. Lieber verkaufte er als Versicherungsvertreter Policen. Das war der Beginn seiner Karriere. Wie sich herausstellte war Batista ein geborener Verkäufer. Bei seiner Rückkehr nach Brasilien kaufte er Anteile an zwei Goldminen im Amazonasgebiet. Mit 22 machte er sein erstes Vermögen.
Batista heiratete ein Playboy-Modell, das im Karneval von Rio ein Halsband mit seinem Namen darauf trug. Er stellte seinen Lamborghini und seinen Mercedes im Wohnzimmer aus. Die brasilianischen Politiker hofierten ihn. Präsident Luiz Ignacio „Lula” da Silva Lula und seine Nachfolgerin Dilma Rousseff ließen sich gerne mit ihm fotografieren. Sie wollten seine Millionen, er brauchte ihre Gunst. Es war genau diese Nähe, die ihn nun hinter Gitter gebracht hat.
Batistas Festnahme zeigt einen Umschwung im von Korruption zerfressenen Brasilien. Vor zehn Jahren wäre jemand wie er wohl nicht festgenommen worden. Gefängnisse in Brasilien sind seit jeher für die Armen gewesen. Reiche wie Batista fanden immer einen Weg, nicht hinter Gittern zu landen.