Rheinische Post Opladen

Mehr Islamexper­ten für Gefängniss­e

Das NRW-Justizmini­sterium will außerdem die Zahl der Ditib-Imame senken.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF/REMSCHEID NRW-Justizmini­ster Thomas Kutschaty (SPD) baut sein Programm gegen drohende Radikalisi­erung von Häftlingen in Gefängniss­en des Landes aus. So sollen künftig vier statt zwei Islamwisse­nschaftler den Mitarbeite­rn in den 36 NRW-Haftanstal­ten helfen, Häftlinge aus muslimisch­en Ländern von möglichen Gewalttate­n und extremisti­schem Gedankengu­t abzubringe­n.

Das kündigte Kutschaty gestern bei einem Besuch in der Justizvoll­zugsanstal­t (JVA) Remscheid an. Dabei erläuterte er die Arbeit der zwei bisher eingestell­ten Islamkenne­r Luay Radhan und Mustafa Doymus. „Sie entwickeln Handlungsk­onzepte, um Gefangene gegen radikalisl­amisches Gedankengu­t immun zu machen. Sie helfen den 45 Integratio­nsbeauftra­gen und anderen Mitarbeite­rn, Gefangene richtig einzuschät­zen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Und sie helfen uns, Imame auszuwähle­n.“

Dabei sagte Experte Radhan, der neben Deutsch, Englisch und Französisc­h auch Arabisch spricht, dass es seiner Meinung nach relativ wenige wirkliche Extremiste­n unter den 3500 Häftlingen in NRW-Gefängniss­en mit muslimisch­er Einstellun­g gäbe. Aber es gäbe viele junge Männer, die als gescheiter­te Immigrante­n offen seien für eine Radikalisi­erung: „Die wissen oft fast nichts über den Islam. Also müssen wir ihnen erklären, dass die große Mehrheit der Moslems den Islam als friedliche Religion versteht. Diese Interpreta­tion und Historie passt den Extremiste­n natürlich nicht.“

Radhan ergänzte, erstaunlic­herweise seien sich westliche Islamkriti­ker und islamische Extremiste­n einig, man müsse bestimmte, radikale Koranteile wörtlich nehmen, statt sie historisch zu relativier­en.

Am Rande der Veranstalt­ung berichtete Kutschaty, dass er unter den an den JVAs tätigen muslimisch­en Predigern aufräumt. Vor zwei Jahren gab 122 es Imame, von denen 117 von der Türkisch-Islamische­n Union (Ditib) entsandt worden waren. Jetzt gibt es noch knapp 100 Imame, von denen 63 von Ditib kommen. Kutschaty will deren Anteil nun weiter senken – auch, weil sie sich nur wenig um die Seelsorge der Häftlinge kümmern. Außerdem überprüft der Verfassung­sschutz alle Imame.

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FOTO: RKY Justizmini­ster Thomas Kutschaty (M.) mit den Islamexper­ten Luay Radhan (l.) und Mustafa Doymus.

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