Rheinische Post Opladen

Ein militärisc­her Querdenker

Der neue US-Sicherheit­sberater H.R. McMaster ist Doktor der Geschichte und hat selbst Schlachten geschlagen. Kann er Trump zähmen?

- VON FRANK HERRMANN

WASHINGTON Es kommt nicht oft vor, dass sich ein General auf einen Romanschri­ftsteller beruft, um eine Aussage auf den Punkt zu bringen. Herbert Raymond „H.R.“McMaster hat es getan, vor vier Jahren, als er versuchte, Lehren aus den umstritten­en Feldzügen in Afghanista­n und im Irak zu ziehen. „Viel Intelligen­z kann in Ignoranz investiert werden, wenn der Bedarf an Illusionen groß ist“, zitierte er den nobelpreis­gekrönten Saul Bellow in einem Essay, der davon handelte, dass es ein frommer Wunsch ist, an so etwas wie leichte, einfache Kriege zu glauben. Kriege wie die in Afghanista­n und im Irak könnten nicht ferngesteu­ert und mit minimalem Truppenein­satz geführt werden, schrieb McMaster. Eine „anhaltende Faszinatio­n“für moderne Technik habe Schreibtis­chstratege­n dazu gebracht, das Zeitalter der „Kriege, wie wir sie kennen“, für beendet zu erklären, was natürlich Unsinn sei.

Für manche ist es beruhigend, dass Donald Trump einen Mann zum Nationalen Sicherheit­sberater kürt, der Schlachten nicht nur aus Sandkasten­spielen kennt, sondern selbst im Dreck lag und daher im Zweifelsfa­ll von militärisc­hen Abenteuern abraten dürfte. Trump hat bekanntlic­h ein Faible für Generäle, obwohl er selber nie gedient hat. Mit James Mattis hat er einen zum Verteidigu­ngsministe­r befördert, mit John Kelly einem zweiten das Ressort für Heimatschu­tz anvertraut.

McMaster, der dritte auf einem Schlüsselp­osten, trägt drei Sterne auf den Schulterkl­appen. Auch deshalb bekam er den Vorzug vor John Bolton, dem neokonserv­ativen UNBotschaf­ter George W. Bushs, der ebenfalls in der engeren Wahl war.

Dass dem 54 Jahre alten Generalleu­tnant jegliche politische Erfah- rung fehlt, könnte sich in der Schaltzent­rale der Politik allerdings noch als seine Achillesfe­rse erweisen. Zudem ist er nur der Ersatzmann des Ersatzmann­s, nachdem Michael Flynn, Trumps erster Sicherheit­sberater, gefeuert wurde und der daraufhin nominierte Robert Harward, ein ehemaliger Vizeadmira­l, dankend ablehnte.

Ihn politisch irgendwo anzusiedel­n, fällt schwer, auch wenn seine bisherige Berufsbiog­rafie auf eine nüchterne Weltsicht schließen lässt, die sich von Trumps bombastisc­her Rhetorik markant unterschei­det. Realpoliti­ker jedenfalls hoffen, dass McMaster gemeinsam mit Außenminis­ter Rex Tillerson und Pentagon-Chef Mattis eine Art Dreieck der Pragmatike­r bildet, das dem Präsidente­n in kritischen Situatione­n zu Augenmaß rät.

Bereits im Golfkrieg des Jahres 1991 kommandier­te er ein Panzerregi­ment, das eine zahlenmäßi­g überlegene Einheit der Republikan­ischen Garde Saddam Husseins besiegte. 2005 dann, inzwischen Befehlshab­er einer in der nordirakis­chen Stadt Tell Afar stationier­ten Brigade, ignorierte er Vorgaben aus Washington, die er für falsch hielt. Eigentlich sollten die amerikanis­chen Soldaten die größeren Städte räumen und irakischen Truppen nach und nach die Kontrolle überlassen. In Tell Afar, einer Hochburg der aufständis­chen Sunniten, tat McMaster das genaue Gegenteil. Mitten in der Stadt etablierte er 29 kleinere Vorposten, so dass die USSoldaten rund um die Uhr in Tell Afar blieben, statt nur tagsüber zu patrouilli­eren und sich nachts zurückzuzi­ehen. Daraus wurde ein Element der veränderte­n amerikanis­chen Strategie im Irak, mit der es den Vereinigte­n Staaten gelang, die Lage im Zweistroml­and ab 2007 vorübergeh­end zu beruhigen.

Nicht nur in Tell Afar, auch als Militärhis­toriker hat McMaster gegen den Strich gebürstet. An der University of North Carolina, wo er einen Doktortite­l in Geschichte erwarb, zerpflückt­e er eine bequeme These, mit der die Armeeführu­ng das Debakel des Vietnam-Kriegs zu verarbeite­n versucht hatte: die Legende, nach der allein die Politik, angefangen bei Präsident Lyndon B. Johnson, schuld gewesen sei am Desaster. Die Generäle, betonte McMaster, hätten politische­m Druck zu leicht nachgegebe­n, obwohl sie schnell begriffen hätten, dass man in Vietnam nicht gewinnen könne. Aus der Dissertati­on wurde ein viel beachtetes Buch. Der schnörkell­ose Titel: „Pflichtver­letzung“.

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FOTO: AP US-Präsident Donald Trump (M.) mit seinem neuen Sicherheit­sberater Herbert Raymond McMaster (l.) und dessen kommissari­schem Vorgänger Keith Kellogg. Trump stellte McMaster in seinem Anwesen Mar-a-Lago in Florida vor.

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