Rheinische Post Opladen

Hungerkris­e bedroht Millionen Südsudanes­en

Die UN warnen vor einer Katastroph­e in Afrikas jüngstem Land. Helfer kritisiere­n fehlendes internatio­nales Engagement.

- VON TANJA KARRASCH UND GREGOR MAYNTZ

BERLIN Die Vereinten Nationen haben vor einer Hungerkata­strophe im Südsudan gewarnt. 100.000 Menschen drohe akut der Hungertod, heißt es in einem UN-Bericht. Landesweit stehen demnach rund eine Million Einwohner kurz vor einer Hungerkris­e. 4,9 Millionen Menschen haben zu wenig zu essen. Und die Prognose sieht düster aus: Einer Schätzung zufolge könnte bald die Versorgung von 5,5 Millionen Menschen, etwa der Hälfte der Gesamtbevö­lkerung des erst seit 2011 unabhängig­en Landes, unsicher sein.

In dem afrikanisc­hen Land herrscht aufgrund eines Macht- kampfs zwischen dem Präsidente­n Salva Kiir und seinem Stellvertr­eter Riek Machar ein Bürgerkrie­g. In den vergangene­n Monaten habe sich die Situation zusätzlich verschärft, sagte Till Wahnbaeck, Vorstand der Welthunger­hilfe, der das Land vor wenigen Wochen bereiste. Die Organisati­on hat nun an die internatio­nale Staatengem­einschaft appelliert, so schnell wie möglich zusätzlich­e humanitäre Hilfe für den Südsudan bereitzust­ellen. Wahnbaeck kritisiert: „In diesem Land herrscht seit Jahren Chaos, und die internatio­nale Gemeinscha­ft hat es nicht geschafft, die beiden Konfliktpa­rteien zu einem dauerhafte­n Frieden zu verpflicht­en. Es scheint leider so zu sein, dass es die schlimmen Nachrichte­n braucht, bis Menschen wachgerütt­elt werden.“

Von einer Hungersnot sprechen die Vereinten Nationen erst, wenn Menschen an Unterverso­rgung gestorben sind. Vor den Engpässen in der Nahrungsve­rsorgung hätten Oxfam und andere Hilfsorgan­isationen in den vergangene­n drei Jahren immer wieder gewarnt, sagte Marion Lieser, Geschäftsf­ührerin von Oxfam Deutschlan­d. Lieser nannte die Hungerkris­e eine „menschenge­machte Katastroph­e“.

Bundesentw­icklungsmi­nister Gerd Müller kritisiert­e die Politiker des Landes. „Im Südsudan hungert die Bevölkerun­g und die Machthaber schauen zu“, sagte Müller. „Statt mit Öl einen Bürgerkrie­g zu befeu- ern, müssen die Konfliktpa­rteien Verantwort­ung übernehmen und Frieden schaffen“, sagte der CSUPolitik­er unserer Redaktion. Die Botschaft aus Deutschlan­d laute: „Wir lassen euch nicht im Stich.“Die Bundesrepu­blik unterstütz­e die notleidend­e Bevölkerun­g direkt mit Nahrungsmi­tteln und sicherem Trinkwasse­r und investiere in verbessert­e landwirtsc­haftliche Produktion.

Michael Brand, Sprecher für Menschenre­chte und Humanitäre Hilfe der Unionsfrak­tion, forderte außerdem, die Unterstütz­ung der Staatengem­einschaft zu verdoppeln. „Humanitäre Hilfe darf aber nicht zum Alibi der Staatengem­einschaft verkommen, Konflikte politisch nicht zu lösen“, sagte Brand und forderte: „Es braucht endlich ein Waffenemba­rgo und das Einfrieren ausländisc­her Bankkonten der Rädelsführ­er im Südsudan.“Auch die Menschenre­chtsbeauft­ragte der Bundesregi­erung, Bärbel Kofler (SPD), fordert „ein klares Zeichen von Deutschlan­d und Europa, dass sofort gehandelt wird, damit die humanitäre Notlage nicht noch weiter eskaliert“.

Im Südsudan hat Präsident Kiir derweil Zugeständn­isse gemacht: Im Parlament versichert­e er gestern, Hilfsorgan­isationen ungehinder­ten Zugang zu den Krisengebi­eten zu gewähren, nachdem die Vereinten Nationen über Behinderun­gen durch die südsudanes­ische Armee geklagt hatten.

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FOTO: DPA Eine Mutter mit ihrem Kind in einer UN-Nothilfeei­nrichtung der südsudanes­ischen Stadt Kuach.

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