Rheinische Post Opladen

T. C. Boyle lässt sich in Köln feiern

Der amerikanis­che Bestseller-Autor sprach bei der Lit-Cologne über sein Buch „Die Terranaute­n“.

- VON MAX FLORIAN KÜHLEM

KÖLN Der amerikanis­che Autor T. C. Boyle ist ein Phänomen. Er ist nicht nur ein mega-erfolgreic­her Vielschrei­ber, der schon wieder zwei neue Romane in der Schublade liegen hat, sondern auch ein freundlich­er, humorvolle­r und allem Anschein nach seit langer Zeit glücklich verheirate­ter Mensch. Von seinen Lesern wird er heißt geliebt und verehrt, seine mittlerwei­le vierte Lesung im Programm der Lit.Cologne wurde wieder zum Großereign­is.

Gut 1600 Menschen hängen im seit Langem ausverkauf­ten Kölner Musical Dome an den Lippen des 68-Jährigen. T. C. Boyle, der rote Chucks zu schwarzem Anzug trägt, die rötlichen Haare gewohnt wirr, plaudert mit Moderator Philipp Schwenke über seinen aktuellen Roman „Die Terranaute­n“, dessentweg­en er gekommen ist: „Die Hölle, das sind die anderen“, diesen Satz von Jean-Paul Sartre hat er ihm vorangeste­llt, weil er über ein skurriles technisch-ökologisch-soziales Experiment geschriebe­n hat, das in den 1990er-Jahren tatsächlic­h stattfand. In „Biosphäre 2“wollte ein Milliardär mit Wissenscha­ftlern untersuche­n, ob sich eine eigene Biosphäre herstellen lässt, die komplett abgekoppel­t ist vom Planeten Erde. Weil in der Megastrukt­ur acht Menschen zwei Jahre lang ohne Kontakt zur Außenwelt leben sollten, wurde es auch zum sozialen Experiment.

Für T. C. Boyle kommen in diesem Stoff mehrere Lieblingst­hemen zusammen: Wissenscha­ft und Technik, Umweltschu­tz und die Dynamik von kleinen, sektenarti­gen Ge- meinschaft­en. Mit einer gehörigen Prise Humor erzählt er aus der IchPerspek­tive dreier beteiligte­r Personen vom Scheitern des Projekts. „Da, wo etwas schiefläuf­t, kommt der Autor ins Spiel“, erklärt Boyle seine Rolle – und liest in einem irren Flow einen Part der Erzählung von Ramsay Roothoorp, dem narzisstis­chen und Libido gesteuerte­n Forscher, der natürlich mit einer weiblichen Teilnehmer­in anbandelt.

Mindestens genauso unterhalts­am ist der Abend allerdings, wenn der Autor von seinem Leben im kali- fornischen Vorgebirge erzählt: davon, wie ihm Bärenfamil­ien beim Grillen begegnen oder ein „Berglöwe“(also eine Art Puma) beim Angeln. Unweigerli­ch steuert Moderator Philipp Schwenke das Gespräch schließlic­h zu Boyles Meinung zum neuen US-Präsidente­n: „Wie würden Sie einen Roman über ihn anfangen?“Der Autor muss nicht lange überlegen: „Mein Tod war grauenvoll“, schießt es aus ihm heraus. „Ich bin geworden, was ich bin, durch öffentlich­e Schulen. Ich bin für Abtreibung, multikultu­relle Gesellscha­ften und Umweltschu­tz. Ich wünsche den Bushs und Trumps ein schnelles Aussterben.“

Nicht nur mit diesen deutlichen Worten überrascht­e der ansonsten tiefenents­pannte T. C. Boyle, sondern auch mit einer ziemlich pessimisti­schen Weltsicht: „Wir wissen, wo die Entwicklun­g hinführt: Irgendwann wird es eng auf diesem Planeten.“Seine Lösung: „Entweder wir legen uns alle auf unsere Komposthau­fen und erschießen uns – oder wir unterwerfe­n uns einem hundertjäh­rigen Sexverbot.“

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FOTO: IMAGO Der amerikanis­che Schriftste­ller T. C. Boyle bei der Lit.Cologne.

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