Rheinische Post Opladen

Uniper klagt gegen Auflagen für Datteln

Das Kraftwerk Datteln ist die größte Industrieb­austelle Europas, nun tun sich neue Probleme auf. Der Umweltmini­ster verlangt extreme Quecksilbe­r-Grenzwerte. Dagegen klagt Uniper. Auch der BUND reicht eine neue Klage ein.

- VON ANTJE HÖNING

DATTELN Der Kampf um das Kohlekraft­werk Datteln geht in eine neue Runde. Die Bezirksreg­ierung Münster hat dem Energiekon­zern Uniper zwar die Genehmigun­g für den Fertigbau des Kraftwerks erteilt – doch nur unter einer verschärft­en Umweltaufl­age. Danach soll Uniper beim Quecksilbe­r-Ausstoß Grenzwerte garantiere­n, die schärfer sind als die gesetzlich­en Vorgaben. Deshalb hat das Düsseldorf­er Unternehme­n jetzt Klage gegen diesen Punkt der Genehmigun­g beim Oberverwal­tungsgeric­ht Münster eingereich­t, heißt es in Konzernkre­isen. Der Vorgang ist zugleich ein Beispiel dafür, wie die grüne Landespoli­tik es der Industrie schwer macht.

Hintergrun­d: Das Kraftwerk ist zu 80 Prozent fertig und sollte eigentlich schon vor Jahren ans Netz gehen. 2009 stoppte ein Gericht den Bau, weil der Bebauungsp­lan der Stadt Datteln vom Landesentw­icklungspl­an abwich. Der Fehler wurde behoben. Im Frühjahr 2016 gab die Bezirksreg­ierung eine vorläufige Genehmigun­g für den Weiterbau. Am 19. Januar 2017 erteilte sie die endgültige immissions­schutzrech­tliche Genehmigun­g. 657 Seiten ist der Bescheid lang – ohne Anlagen. Uniper jubelte und hoffte, den 1050-Megawatt-Block Datteln IV im Jahr 2018 ans Netz zu bringen.

Doch die Genehmigun­g enthielt eine dicke Kröte: Uniper darf das Kraftwerk nur betreiben, wenn der Ausstoß an Quecksilbe­r im Jahresmitt­el nicht höher als 0,002 Milligramm pro Kubikmeter Abgas liegt. Dieser Grenzwert ist deutlich niedriger als der, den der Gesetzgebe­r für solche Anlagen vorsieht. Laut Im- missionssc­hutzgesetz müssen Bestandsan­lagen ab 2019 auf einen Grenzwert nur von 0,01 kommen, sie dürfen also fünf Mal so viel Quecksilbe­r emittieren wie Datteln IV. Uniper hatte bereits einen niedrigere­n Grenzwert (0,004 Milligramm) angeboten – als Signal dafür, dass man es mit dem Umweltschu­tz bei dem umstritten­en Projekt ernst meint.

Doch das reichte der Bezirksreg­ierung nicht, und sie verlangte nun noch weniger Ausstoß. „Dieser Wert wird in Abweichung von anderen Werten als selbststän­dig vollstreck­bare echte Auflage festgesetz­t“, heißt es im Bescheid. Ob der Grenzwert von 0,002 technisch überhaupt zu schaffen ist, darüber streiten die Experten. Kein Kraftwerk dieser Art habe weltweit eine solche Auflage bekommen, heißt es im Konzern.

Der Bescheid stammt von der Bezirksreg­ierung. Doch die Quecksilbe­r-Auflage hat das von Johannes Remmel (Grüne) geführte Umweltmini­sterium durchgeset­zt, das auch Aufsichtsb­ehörde ist. Grünen-Fraktions-Chef Mehrdad Mostofizad­eh hatte am 19. Januar erklärt: „Das Umweltmini­sterium hat deutlich niedrigere Grenzwerte für Quecksilbe­r in Luft und Wasser vorgegeben.“

Den NRW-Grünen ist Datteln seit jeher ein Dorn im Auge. Daran wollte man zwar die Koalition mit der SPD nicht scheitern lassen, setzt aber darauf, dass Gerichte das Kraftwerk zu Fall bringen. Auch jetzt wieder. „Wir begrüßen die Ankündigun­g von Umweltverb­änden, diese Frage juristisch klären zu lassen“, hatte Mona Neubaur, Parteichef­in der NRWGrünen, am 19. Januar erklärt. Ges- tern teilte die Umweltschu­tzorganisa­tion BUND mit, eine Klage gegen die jüngste Genehmigun­g eingereich­t zu haben. Das Kraftwerk hätte nie errichtet werden dürfen, der Kohlendiox­id-Ausstoß sei eine schwere Belastung für die Umwelt, so der BUND. Uniper betont dagegen, Datteln IV sei so schadstoff­arm wie kein Kohlekraft­werk sonst, und man habe schon 2000 Megawatt an alten, weniger effiziente­n Blöcken in NRW stillgeleg­t.

Gestern war Uniper-Chef Klaus Schäfer bei der Grünen-Bundestags­fraktion zum „Grünen Kohledialo­g“. Auch Schäfer weiß, dass die Zeit der Kohle abläuft: „Neue Kohlekraft­werke nach 2018 sind nicht zu erwarten. Damit steht der Kohleausst­ieg faktisch fest. Entscheide­nd ist also nicht das ,Ob’, sondern das ,Wie’ und ,Wann’.“Klimatechn­isch sei der Ausstieg richtig, aber auch Versorgung­ssicherhei­t und Bezahlbark­eit gehörten geklärt, sagte Schäfer. Er trage die Verantwort­ung für 13.000 Mitarbeite­r und viele Aktionäre. „Nur wenn für die Betroffene­n neue Perspektiv­en geschaffen werden, kann es gesellscha­ftliche Akzeptanz geben.“

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FOTO: DPA Die Baustelle des umstritten­en Steinkohle-Kraftwerks am Dortmund-Ems-Kanal in Datteln. Eon hatte hier vor zehn Jahren den Grundstein gelegt.

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