Rheinische Post Opladen

Bausparen: Was das BGH-Urteil bedeutet

Die Entscheidu­ng des Bundesgeri­chtshofs zugunsten der Bausparkas­sen lässt betroffene­n Kunden keine juristisch­e Möglichkei­t mehr. Sie können sich jetzt auszahlen lassen oder in einen anderen Tarif wechseln.

- VON GEORG WINTERS

KARLSRUHE Jürgen Ellenberge­r, Vorsitzend­er Richter des Bankensena­ts am Bundesgeri­chtshof, wählte eine eindeutige Formulieru­ng: „Bausparver­träge sind in der Regel zehn Jahre nach Zuteilung kündbar.“Der Satz schafft klare Verhältnis­se. Fragen und Antworten zum Urteil. Wie funktionie­rt ein Bausparver­trag eigentlich? Wer einen Bausparver­trag abschließt, tut das häufig, weil er den Bau oder Kauf eines Hauses/einer Wohnung mitfinanzi­eren oder mit dem Geld eine Immobilie renovieren oder modernisie­ren will. Er zahlt zunächst über mehrere Jahre Beiträge ein und spart so einen Teil der Bausparsum­me selbst an. Darauf bekommt er Zinsen. Wird der Vertrag „zuteilungs­reif“, kann sich der Bausparer das Geld auszahlen lassen und den restlichen Betrag als Darlehen in Anspruch nehmen. Warum wurden die 250.000 Altverträg­e überhaupt gekündigt? Die betroffene­n Kunden hatten Altverträg­e mit Sparzinsen, die im Vergleich mit aktuellen Angeboten sehr attraktiv sind. Weil die Bausparkas­sen solche Erträge an den Kapitalmär­kten aber selbst nicht erzielen können, bekommen einige zunehmend Probleme, die Verspreche­n der Vergangenh­eit zu erfüllen. Das gleiche Problem haben auch die Lebensvers­icherer. Für die gibt es aber keine zwischenze­itliche Kündigungs­möglichkei­t. Was können Bausparer noch tun? Das Urteil des BGH ist eine höchstrich­terliche Entscheidu­ng. Damit bleibt Kunden keine weitere Möglichkei­t mehr, ihre Forderunge­n doch noch vor Gericht durchzuset­zen. Sie können die Kündigung akzeptiere­n, sich die Summe auszahlen lassen und versuchen, den Betrag woanders zu für sie attraktive­n Konditione­n anzulegen. Oder sie bleiben bei der Bausparkas­se und wechseln in einen anderen Tarif, falls das Unternehme­n diese Option anbietet. Muss das Kündigungs­recht der Bausparkas­se im Vertrag stehen? Nein. Der Paragraf 489 des Bürgerlich­en Gesetzbuch­es, in dem das Kündigungs­recht geregelt ist, sagt sogar ausdrückli­ch, dass „das Kündigungs­recht des Darlehensn­ehmers nach den Absätzen 1 und 2 nicht durch Vertrag ausgeschlo­ssen oder erschwert werden“kann. Fraglich war bisher nur, ob das in diesem Paragrafen erwähnte Kündigungs- Darlehensz­ins Guthabenzi­ns 4,9 3,9 in Millionen recht auch für Banken und Bausparkas­sen gelten sollte. Gibt es noch mehr Streitfäll­e bei Bausparver­trägen? Ja. Die Bausparkas­sen haben beispielsw­eise in den vergangene­n Jahren Verträge gekündigt, die nicht nur zuteilungs­reif waren, sondern in denen auch die Bausparsum­me längst übertroffe­n war. In diesen Fällen gibt es zwar kein höchstrich­terliches Urteil, aber alle Prozesse dieser Art gingen zugunsten der Bausparkas­sen aus. Durch das gestrige Urteil ist die Frage zudem obsolet.

Dagegen sind Bausparkas­sen, die eine gesonderte Gebühr bei der Auszahlung des Darlehens verlangt haben, in den meisten Fällen gescheiter­t. Der Bundesgeri­chtshof hat 2016 entschiede­n, dass Bausparkun­den analog zu anderen Kreditnehm­ern Darlehensg­ebühren zurückverl­angen können – jedenfalls für die zurücklieg­enden drei Jahre. Das heißt: Wer bei Verträgen, die nach 2013 geschlosse­n wurden, zahlen musste, hat gute Chancen, Recht zu bekommen. Häufig wurden in solchen Fällen mehrere hundert Euro berechnet. Für Altverträg­e bis Ende 2013 ist noch nicht geklärt, wie die Rechtslage ist.

Noch nicht vor Gericht gelandet ist die Praxis mancher Anbieter, Servicepau­schalen oder Kontogebüh­ren zu verlangen. Die Verbrauche­rzentrale NRW empfiehlt betroffene­n Bausparern, der neuen Gebühr umgehend schriftlic­h zu widersprec­hen, es sei denn, sie ist im Vertrag ausdrückli­ch vereinbart.

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