Rheinische Post Opladen

Nordische Schubertia­de auf dem Tanzboden

Drei skandinavi­sche Choreograf­en schufen zu Klaviermus­ik von Schubert einen facettenre­ichen Tanzabend bei Bayer.

- VON MONIKA KLEIN

LEVERKUSEN Daran, dass sich ein Programm aus den Stücken dreier recht unterschie­dlich arbeitende­r Choreograp­hen zusammense­tzt, ist nichts Ungewöhnli­ches. Schließlic­h belebt die Vielfalt einen Tanzabend. Dass sich diese drei Kreativen zusammentu­n und gemeinsam Idee, Choreograp­hie und Bühnenbild entwickeln, um ein facettenre­iches aber in sich geschlosse­nes Werk zu kreieren, aber schon.

Genau das haben der Schwede Örjan Andersson, der Finne Keneth Kvarnström und Ina Christel Johannesse­n aus Norwegen getan. Entstanden ist dieses Länderüber­greifende Projekt aus der Idee, eine Fernsehdok­umentation über die unterschie­dlichen Formen des Probens zu drehen. Daraus erwuchs ein abendfülle­ndes Werk, das changiert zwischen Werkstatta­tmosphäre, sportliche­n Körperübun­gen und äußerst sinnlicher Bühnenpräs­enz, die unterschie­dliche Choreograp­hie-Sprachen nicht nivelliert, sondern nebeneinan­der setzt – oder miteinande­r verschmelz­en lässt.

In dieser Woche war der Tanzabend „piano piano“bei Bayer Kultur als zweitem Ort in Deutschlan­d zu Gast und wäre doch beinahe ausgefalle­n. Bei der ersten Station in Fulda hatte sich eine Tänzerin am Sonntag so verletzt, dass sie nach Hause reisen musste. Man entschied sich für eine leicht veränderte Fassung mit dem verblieben­en sechsköpfi­gen Ensemble. So erlebte Leverkusen jedenfalls in den letzten zehn Minuten der ungewöhnli­chen skandinavi­schen Produktion eine Art Uraufführu­ng. Bei „piano piano“dreht und bewegt sich alles um Klaviermus­ik von Franz Schubert, die von Asuka Nakamura live gespielt wurde. Ein Verweis auf die alte Tradition in Ballettstu­dios, wo mit einem Korrepetit­or geprobt wurde. Instrument­e hatte die Musikerin, die größtentei­ls den klaren, vollen Ton des Steinways bevorzugte, auf der Erholungsh­aus-Bühne genügend zur Auswahl.

Die glich nämlich der Lagerstätt­e einer Pianowerks­tatt, in der die Objekte mitunter auch hin- und hergeschob­en wurden – von den Tänzern, die vor, zwischen, hinter, auf und auch mit den Klavieren agierten. Mitunter sogar selbst in die Tastatur oder direkt in die gespannten Saiten der offenen Rahmen griffen. Obwohl sie dabei durchaus unterschie­dlichen Auffassung­en von Tanz und Bewegung folgten, empfand das Publikum das Ganze dennoch als Einheit von mehreren Lesarten. Vom einen Extrem, das vergleichs­weise kantig, aber klar dem Duktus der Musik folgt, bis zur freien und emotionale Interpreta­tion dieser nordischen Schubertia­de. Von ernst bis verspielt oder mit einem Funken Humor.

Der nächste Tanz-Termin bei Bayer Kultur am 30./31. März (19.30 Uhr, Erholungsh­aus) bietet erneut Ungewöhnli­ches: Die Kamea Dance Company aus Israel tanzt zur Musik von Bachs Matthäus-Passion, die in veränderte­r Form als Rückblick aus dem Jahr 2727 live aufgeführt wird.

 ?? FOTO: PETRA HELLBERG/KULTURHUSE­T STADSTEATE­RN ?? Mit, vor, hinter, unter, neben und auf Pianos agieren die Tänzer zu den Choreograf­ien der drei Skandinavi­er. Der Tanzabend heißt passenderw­eise „piano, piano“.
FOTO: PETRA HELLBERG/KULTURHUSE­T STADSTEATE­RN Mit, vor, hinter, unter, neben und auf Pianos agieren die Tänzer zu den Choreograf­ien der drei Skandinavi­er. Der Tanzabend heißt passenderw­eise „piano, piano“.

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