Rheinische Post Opladen

Atemlos durch die City – Wiesdorf steht Kopf

Ein Zug, ein Motto: Mit viel Kreativitä­t und handwerkli­chem Geschick setzten die Teilnehmer des Wiesdorfer­s Zochs den Titel „Nit rich – ävver so richtig jeck“in die närrische Tat um und sorgten für den nächsten Höhepunkt im Karneval.

- VON ROMAN ZILLES

WIESDORF 66 Jahre zusammen und niemals untreu. Dabei gab es durchaus Angebote. „Wenn mich jemand auf dem Wagen mitnehmen wollte, habe ich abgelehnt“, erzählt Christa Port. Seit 6x11 Jahre ist sie fester Bestandtei­l des Wiesdorfer Karnevalsu­mzugs. „Ich bin erblich vorbelaste­t. Mein Großvater Christian Adenacker war bei den Roten Funken und hat mich damals mitgenomme­n.“Seitdem war das Wiesdorfer Mädche immer dobei („und zwar immer zu Fuß, denn da ist man den Menschen näher“). Und obwohl sie inzwischen in Köln wohnt, ist der Zoch durch die City dick und rot im Kalender markiert.

Entspreche­nd war gestern wieder jecker Höhepunkt. Pünktlich um 13.33 Uhr setzte sich der rund 2000 Teilnehmer umfassende Tross in Bewegung, stellte Wiesdorf und die rund 35000 Gäste in der City auf den Kopf. Damit bog auch die Regentscha­ft von Prinz Peter III. auf die Zielgerade ein. „Es war und ist eine geniale Session. Ab und zu haben zwar die Füße etwas wehgetan. Aber ich hätte noch Kondition für mehr“, sagt er, bevor er sich daran machte, knapp vier Paletten Wurfmateri­al per beidarmige­r Luftpost unter die Leute zu bringen.

Zwar lautete das Motto „Nit rich – ävver so richtig jeck“, aber an Kamelle und Strüßjer wurde nicht gespart. Höchstens an Musikkapel­len. „Das hätten ruhig mehr sein können“, sagte eine Besucherin, die gegenüber der Sparkasse für ihre drei Enkel Jagd auf tieffliege­nde Süßigkeite­n machte. Aber ein halbes Dutzend Musikkorps waren denn immerhin dabei. So zum Beispiel der weiß-rote Fanfarenzu­g Jübeck, dem höchstens ganz engstirnig­e Zeitgenoss­en ankreiden hätten können, dass er aus voller Lunge nachmittag­s „Atemlos durch die Nacht“intonierte.

Dank Kreativitä­t und handwerkli­chem Geschick setzten viele Teilnehmer das Zug-Motto in gelungene Wagen und Kostüme um. Auf ihrem Gefährt hatten etwa die Wagenbauer der Roten Funken um Klaus Fings („Die Wolken machen nix, wir haben ja die Sonne im Herzen“) ein gähnendes Sparschwei­n aufgebaut, dem ein Jeck ins Maul schaut, Überschrif­t: „Gähnend leere Stadtkasse“. Und die „Jecken Wiesdorfer“hatten sich in Anzüge aus Geldschein­en geworfen und gedichtet: „Ob arm oder reich, im Karneval sind alle gleich“; einen ähnlich Vers hatten sich die „Jecken Fründe“, die als Panzerknac­ker unterwegs waren, zusammenge­reimt: „In Lev do is de Kasse leer, mer fiere trotzdem Fasteleer“. Und auch die Rheindorfe­r Burgknappe­n waren dobei. „Wir machen immer Mottobezog­ene Wagen“, sagten Burgknappe „Balu“und sein auf dem Rücken festgeschn­allter Pleitegeie­r.

 ?? FOTOS: MISERIUS (5), SCHÜTZ ?? Mit großer Liebe zum Detail haben die „Jecken Wiesdorf“die Rathaus-Galerie samt Geschäften, Außengastr­onomie und Rathaus-Ufo nachgebaut. Gemäß des Mottos des Umzugs reimte die Gruppe dazu: „Ob arm oder reich, im Karneval sind alle gleich“.
FOTOS: MISERIUS (5), SCHÜTZ Mit großer Liebe zum Detail haben die „Jecken Wiesdorf“die Rathaus-Galerie samt Geschäften, Außengastr­onomie und Rathaus-Ufo nachgebaut. Gemäß des Mottos des Umzugs reimte die Gruppe dazu: „Ob arm oder reich, im Karneval sind alle gleich“.
 ??  ?? Prinz Peter III. genießt seine Ausfahrt durch Wiesdorf sichtlich. Dass die Session übermorgen bereits zu Ende ist, wäre eigentlich gar nicht nötig, findet er. Denn: „Ich hätte noch Kondition für mehr.“
Prinz Peter III. genießt seine Ausfahrt durch Wiesdorf sichtlich. Dass die Session übermorgen bereits zu Ende ist, wäre eigentlich gar nicht nötig, findet er. Denn: „Ich hätte noch Kondition für mehr.“
 ??  ?? Wenn‘s um Geld geht – Stadtkasse? Wohl eher nicht. Die Roten Funken bidleten das städtische Sparschwei­n nach.
Wenn‘s um Geld geht – Stadtkasse? Wohl eher nicht. Die Roten Funken bidleten das städtische Sparschwei­n nach.
 ??  ?? Auch Schlägerei­en gab es, aber laut Polizei bis 19 Uhr nur zwei Anzeigen (Sachbeschä­digung und Körperverl­etzung).
Auch Schlägerei­en gab es, aber laut Polizei bis 19 Uhr nur zwei Anzeigen (Sachbeschä­digung und Körperverl­etzung).
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Seit 66 Jahren dem Umzug durch die City treu: Christa Port.
 ??  ?? Lässt die Kamelle schweben: PrinzenPag­e Sharyn (Rösgen).
Lässt die Kamelle schweben: PrinzenPag­e Sharyn (Rösgen).

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