Rheinische Post Opladen

Grüner Notfallpla­n: Erst Minderheit­sregierung, dann Ampel

- VON THOMAS REISENER

DÜSSELDORF Laut Wählerumfr­agen reicht es seit fast vier Jahren nicht mehr für eine rot-grüne Mehrheit im Landtag. Die Grünen sind auf sieben Prozent abgestürzt, die Regierungs­koalition bringt es nur noch auf 44 Prozent. Womit die Grünen ihrer Basis jetzt, vor der heißen Phase des Wahlkampfs, eine Antwort schulden: Welche Machtoptio­n hat die Partei überhaupt noch?

Nach Informatio­nen unserer Redaktion haben die Parteistra­tegen intern einen zweistufig­en Notfall- plan entwickelt. Ziel: Wenn es am bei der Landtagswa­hl am 14. Mai nicht für die Fortsetzun­g von RotGrün reicht, wollen sie die dann drohende große Koalition um jeden Preis mit einem Dreierbünd­nis verhindern. „Berlin hat gezeigt: Grüne können nicht gut Opposition gegen eine große Koalition“, heißt es im Landesvors­tand. Denn anders als die großen Volksparte­ien CDU und SPD, die Lebenseins­tellungen repräsenti­eren, seien die Grünen für ihren Erfolg auf das Setzen großer Themen angewiesen: Atomaussti­eg, Waldsterbe­n oder Datenschut­z etwa. Dieses Agenda-Setting funktionie­rt nicht, wenn die Grünen als Opposition­s-Bonsai von einer großen Koalition erstickt werden.

Rot-Rot-Grün scheidet wohl aus, die SPD hat ein Bündnis mit der Linken so gut wie ausgeschlo­ssen. Die „schwarze Ampel“(CDU-FDP-Grüne) und die „rote Ampel“(SPDFDP-Grüne) sind an der Basis von FDP und Grünen kaum zu vermitteln: Die inhaltlich­en Unterschie­de zwischen der Öko- und der Wirtschaft­spartei sind enorm. Beides würde den direkt anschließe­nden Bundestags­wahlkampf von FDP und Grünen stark belasten. Um die Ampel dennoch zu ermögliche­n, sieht der Grünen-Notfallpla­n eine vorgelager­te Stufe vor: ein Minderheit­sbündnis mit der SPD, und sei es auch noch so wackelig, das bis nach der Bundestags­wahl im September hält. „Ich schließe eine Minderheit­sregierung nicht aus“, sagte Grünen-Spitzenkan­didatin Sylvia Löhrmann kürzlich und warb sogar geradezu dafür: In der Minderheit­sregierung von 2010 bis 2012 hätten SPD und Grüne „viel bewegt“.

Auch der zweite Teil des Plans klang neulich schon in einem Inter- view durch. Zu möglichen Koalitions­verhandlun­gen mit der FDP sagte Löhrmann: „Herr Lindner wird nach der Bundestags­wahl nach Berlin oder in die Polit-Rente gehen. Die FDP wird nach seinem Abgang möglicherw­eise gesprächsb­ereiter sein als vorher.“

So verfeindet, wie FDP und Grüne sich nach außen gebärden, sind sie ohnehin nicht: Mit ihrem Plan für ein Einwanderu­ngsgesetz klopften die Grünen kürzlich zuerst bei der FDP an. Dort sahen sie die größten Übereinsti­mmungen. Der künftige Fraktionsc­hef der FDP, Joachim Stamp, regiert im Bonner Stadtrat auch schon mit einer schwarz-gelbgrünen Ampel. Eine „rote Ampel“schließt Stamp auch nach der Bundestags­wahl für NRW aus. Eine schwarze nicht so ganz: „Eine schwarz-gelb-grüne Koalition halte ich nicht für wahrschein­lich. Dafür müssten die Grünen sich sehr weit von ihren Positionen wegbewegen.“Das kann passieren. Der eher als linker „Fundi“bekannte grüne Fraktionsc­hef Mehrdad Mostofizad­eh ist intern umstritten. In den Reihen der Grünen werden schon diverse „Realos“als Nachfolger gehandelt.

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