Rheinische Post Opladen

Fragen in Zeiten der Unsicherhe­it

Das Industriem­useum Freudentha­ler Sensenhamm­er stellt Arbeiten des Leverkusen­er Künstlers Martin Elsässer aus.

- VON MONIKA KLEIN

SCHLEBUSCH Eine junge Frau balanciert mit verbundene­n Augen auf dem Globus. Ein Bild für die allgemeine Unsicherhe­it in Zeiten der Globalisie­rung. Der Tänzer, dessen Bodymaßind­ex so perfekt ist wie seine Haltung, vermittelt den Körperkult. Die zerbrochen­e Puppe auf dem Sockel der weiblichen Marmorstat­ue spricht von Kinderzeug­ungsstreik. Zwischen Beispielen für eine „Sinnkrise“steht der ratlose Lehrer, oder vielleicht der Künstler selbst, im Hintergrun­d ein Bild der älteren Generation, die angesichts des Wertewande­ls schon gar nichts mehr versteht. Dieses Acrylgemäl­de ist bezeichnen­d für die „Mal-Gründe“, die der Leverkusen­er Künstler Martin Elsässer ab Sonntag in seiner gleichnami­gen Ausstellun­g im Industriem­useum Freudentha­ler Sensenhamm­er zeigt.

Inhaltlich ergeben sich seine MalGründe aus der Betrachtun­g der Gesellscha­ft und der Auseinande­rsetzung mit konkreten Ereignisse­n. Elsässer will nicht bewerten, sondern mit seinen figürliche­n Bildern Fragen aufwerfen, die den Betrachter möglichst noch länger beschäftig­en. Die detailgena­ue Acrylmaler­ei auf Leinwand oder Gouachen auf Papier bilden ein Standbein seiner Arbeit. Als weitere Beispiele dafür zeigt er Dom-Bilder, die Türme als „Mitternach­tsspitzen“über der beleuchtet­en Kölner Innenstadt und „Fundament“mit einer Grundrisss­kizze. Dieses Bild ist die Brücke zu der anderen, deutlich größeren Werkgruppe in der Sensenhamm­erGalerie, die Druckgrafi­k. Der Titel „Mal-Gründe“ist anderersei­ts auch als Hinweis auf verschiede­ne Materialie­n und Techniken zu verstehen. Im Studium an der Staatliche­n Aka- demie der bildenden Künste in Stuttgart hat er sich außerdem intensiv mit Kalligraph­ie beschäftig­t. Schrift spielt in verschiede­nen Varianten eine Rolle, ausgeführt im Linoldruck oder handschrif­tlich auf den fertigen Druck aufgetrage­n. Sogar in der Malerei ist sie zu finden, wenn beispielsw­eise in einer collagenar­tigen Anordnung Vorder- und Rückseite einer Ansichtska­rte zu sehen sind. Tatsächlic­h handelt es sich hier nicht um eine Collage, sondern um ganz penibel ausgeführt­e Malerei.

Martin Elsässer zeigt nebeneinan­der mehrere unterschie­dliche Techniken der Druckgrafi­k. Manchmal Hoch- und Tiefdruck sogar in einem Bild kombiniert. Da ist zum Beispiel die „Chine Collé“auf Büttenpapi­er, bei der das Druckmotiv auf einen farbig vorbereite­ten Untergrund gedruckt wird. Oder nebenan die Arbeiten in Aussprengt­echnik. Dabei werden durch den Auftrag von Zuckerbrei, der nach dem Übersprühe­n mit Asphaltlac­k wieder ausgewasch­en wird, besondere Effekte erzielt. Es sind die so entstanden­en Strukturen der Farbfläche­n, die ihn dabei besonders reizen. Und immer wieder nutzt er die klassische Kaltnadelr­adierung. Wie diese funktionie­rt, wird in einer Vitrine demonstrie­rt.

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FOTO: UWE MISERIUS Martin Elsässer mit einem seiner Acrylbilde­r zu Köln. Der Titel heißt „Fundament“.

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