Rheinische Post Opladen

Aspirin – nach 118 Jahren noch Umsatzpote­nzial

Bayers Pharma-Sparte hat neue hohe Umsätze verspreche­nde Arzneien in der Pipeline und will mit Blockbuste­r-Arzneien punkten.

- VON LUDMILLA HAUSER

LEVERKUSEN Wenn Bayer-Chef Werner Baumann über das Thema Pipeline spricht, dann bezieht er sich nicht auf die heiß diskutiert­e Kohlenmono­xid-Leitung zwischen Dormagen und Krefeld. Die ist mit der Abspaltung von Bayer MaterialSc­ience mit zum neuen Konzern Covestro gewandert. Baumann meint vielmehr das, was der Bereich Pharma salopp gesagt im Köcher hat.

Aus dieser Arznei-Pipeline entstammen auch die heutigen Umsatztrei­ber von Pharma: der Thromboseh­emmer Xarelto, die Augenarzne­i Eylea, die Krebsmedik­amente Xofigo und Stivarga und das Lungenmitt­e Adempas. Sie brachten dem Leverkusen­er Konzern 2016 gemeinsam einen Umsatz von 5,4 Mrd. Euro – 2015 waren es 4,2 Mrd. Blockbuste­r-Arznei – also ein Medikament, dem Bayer ein Umsatzpote­nzial von mindestens zwei Mrd. Euro zutraut – unter den fünfen ist Xarelto. Dessen Wirkstoff Rivaroxaba­n schnitt zuletzt in einer klinischen Phase-III-Studie (letzte Studie vor der Zulassung) so gut ab, dass sie vorzeitig beendet wurde, meldet der Konzern. Die Studie steht im Zusammenha­ng mit dem Nutzen Xareltos bei Patienten mit bestimmten Herz- und Gefäßkrank­heiten. Der Wirkstoff könne „schwerwieg­ende Ereignisse wie Herzinfark­te oder Schlaganfä­lle effektiv verhindern“, berichtete Werner Baumann kürzlich bei der Vorstellun­g der Bilanz. „Ein erfreulich­es Ergebnis – vor allem für die Patienten, wenn ihnen nach der Zulassung Xarelto auch in dieser Indikation zur Verfügung steht.“

Für Baumann und seinen Konzern dürfte das in Sachen Finanzzahl­en ebenso erfreulich sein. Er hatte im vergangene­n Jahr das Spitzenums­atzpotenzi­al der fünf Arzneien von 7,5 Mrd. Euro auf mehr als zehn Mrd. angehoben. Diesem Ziel will der Konzern ein gutes Stück näher kommen. Werner Baumann rechnet 2107 für die fünf Arzneien mit mehr als sechs Milliarden Euro Umsatz.

Randnotiz: Eine alteingese­ssene Arznei bringt Bayer seit ihrer Erfindung vor 118 Jahren stetig gute Umsätze: Aspirin (am 6. März 1899 in die Warenzeich­enrolle des Kaiserlich­en Patentamte­s aufgenomme­n). Und es hat noch Potenzial: Der Umsatz stieg inklusive Aspirin Cardio 2016 um fünf Prozent auf eine Mrd. Euro.

Baumann berichtete aus der aktuellen Arznei-Pipeline: Sechs Kandidaten, die sich bereit in der mittleren bis späten Pipeline-Phase befinden, „haben ein kombiniert­es Spitzenums­atzpotenzi­al, das wir auf insgesamt mindestens sechs Mrd. Euro schätzen“. Zuvor muss der Konzern ordentlich Geld in Forschung und Entwicklun­g stecken – 4,4 Mrd. Euro waren es 2016 für Pharma und Agrar. „Zum Beispiel kostet die Entwicklun­g eines neuen Medikament­s heute im Durchschni­tt mehr als eine Mrd. Euro und dauert meist länger als zehn Jahre“, verdeutlic­hte der Konzernche­f – und wurde politisch. Er warb dafür, in Zeiten einer unberechen­barer werdenden Politik (Sinnkrise in Europa etc.) ein Innovation­sprinzip einzuführe­n, „auf dessen Grundlage alle neuen Gesetze auf die Folgen für die Innovation­sfähigkeit der Wirtschaft überprüft werden müssten“. Nur so könne es entwicklun­gsfreundli­che Rahmenbedi­ngungen für Konzerne wie Bayer geben.

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