Rheinische Post Opladen

Zwischen Macht und Machtlosig­keit

- VON TOBIAS FALKE

OPLADEN Fast wären die Opladener Gespräche, die bereits seit 1991 stattfinde­n, erstmals zu den Opladener Gesängen geworden. Denn Michael Jansen an der Gitarre und Sänger Paul Hebbel – gemeinsam „Die erste und einzige schwarz-grüne Boy-Group“– spielten unter anderem Lieder von Reinhard Mey und „Wellenreit­er“von BAP und interpreti­erten „Streets of London“und „Blowin in the wind“auf kölsche Mundart.

Die Gespräche kamen schließlic­h auch noch zustande, denn Paul Hebbel kann nicht nur singen. Als Oberbürger­meister war er von 1999 bis 2004 für die Stadt Leverkusen tätig und wurde dann von Ernst Küchler abgelöst, der bis zum Jahr 2009 den Posten des Oberbürger­meisters übernahm. Beide diskutiert­en um „Chancen und Grenzen kommunalpo­litischer Macht“im Gemeindeha­us am Bielert.

Dabei plauderten die zwei ehemaligen Stadtchefs aus dem Nähkästche­n. Moderatori­n Annette Lorey, ehemalige Leiterin der Volkshochs­chule Leverkusen, wollte unter anderem wissen, was der schwärzest­e Tag in der jeweiligen Amtszeit der beiden Protagonis­ten gewesen sei. Hebbel erinnerte sich an die Sanierung des Rathauses. In einem Leserbrief wurde behauptet, dass die veröffentl­ichten Zahlen manipulier­t seien. Das wollte er nicht auf sich sitzen lassen und zog erfolglos vor Gericht. „Da hatte ich den Glauben an unsere Justiz verloren“, berichtete er.

Küchler hatte gleich zwei schwarze Tage, an die er sich noch gut erinnern konnte. Zum einen war es der Beschluss des Landtags, die Stichwahl abzuschaff­en, die er dringend benötigte. Gegen Reinhard Buchhorn unterlag er 2009 mit 39 Prozent gegen 39,9 Prozent der Stimmen. Hätte es eine Stichwahl gegeben, so sei er sicher, hätte er gute Chancen auf eine zweite Amtszeit gehabt. Aber noch schlimmer sei die Machtlosig­keit beim Umzug von Lanxess nach Köln gewesen.

„Ich hatte mich an dem Tag noch mit Entscheidu­ngsträgern getroffen, um zu erfahren, was die Firmen so vorhaben. Obwohl sie schon genau wussten, was passiert, erfuhr ich nichts. Abends erhielt ich bei einer Feier einen Anruf. Ich sollte mich nicht wundern, wenn morgen in der Zeitung stehe, dass Lanxess nach Köln wandert.“Wie Unternehme­n mit den politische­n Mandatsträ­gern einer Stadt umgingen, sage viel über das Machtgefäl­le aus. Machtlosig­keit, Sprachlosi­gkeit und verletztes Vertrauen seien ihm damals hängen geblieben.

Aber beide erinnerten sich auch an schöne Momente. Küchler freute sich über den Beschluss, dass der Campus Köln nach Leverkusen in die Bahnstadt verlegt werden sollte – Spatenstic­h ist am 7. April – und an den Zuschlag der Frauenfußb­allWeltmei­sterschaft in der Bayarena. Für Paul Hebbel war der Neubau der Theodor-Heuss-Schule genauso ein Highlight wie die Vorbereitu­ng der Landesgart­enschau. Einig waren sich beide: Das letzte Wort bei Stadtentsc­heidungen muss die Kommunalpo­litik haben. Infos: www.kirche-leverkusen.de/bildung

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FOTO: RALPH MATZERATH Zwei frühere Oberbürger­meister im Gespräch: Ernst Küchler (l.) und Paul Hebbel (r.), mit Moderatori­n Annette Lorey.

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