Rheinische Post Opladen

Nokia will zurück in die Erfolgsspu­r

Beim Mobile World Congress in Barcelona haben die Finnen sowohl mit Retro (Nokia 3310) als auch mit neuen N-Modellen gepunktet. Firmenchef Nummela sieht eine wachsende Begeisteru­ng der Kunden für die Traditions­marke.

- VON ANDRE ANWAR

HELSINKI Zurück in die Vergangenh­eit. Seit den 90er Jahren war Nokia wohl nicht mehr so in aller Munde wie jüngst beim Mobile World Congress in Barcelona. Der finnische Anbieter HMD Global hat mit einer aufgefrisc­hten Version des legendären Nokia 3310 Furore ausgelöst. Das hat zwar kein Internet, lockt aber mit dem Spielchen „Snake“, einer Batterieze­it von 30 Tagen im Ruhezustan­d und viel Nostalgie.

Der Werbegag brachte Aufmerksam­keit. Auch Nokias AndroidSma­rtphones N3, N5 und N6 besprach die Fachpresse wohlwollen­d als „Preis-Leistungsk­racher“. Bei Markttests in China soll das N6 nach 23 Sekunden ausverkauf­t gewesen sein. 74 Prozent der Käufer waren laut HMD unter 30. „Jeder scheint unsere Begeisteru­ng für das nächste Nokia-Kapitel zu teilen“, frohlockt Firmenchef Arto Nummela. Im Juni soll angeblich das Nokia-Flaggschif­f N8 vorgestell­t werden.

Dass Nokia-Handys wieder einen beträchtli­chen Marktantei­l zurückgewi­nnen könnten, glauben Experten indes nicht. Aber auf dem Markt ist in der Vergangenh­eit schon viel Unerwartet­es passiert. Nokia versucht zunächst einmal an der Preisfront zu punkten. Das Nokia 6 mit Mittelklas­se-Hardware kostet 230, das Nokia 5 etwa 190 Euro und das Nokia 3 rund 140 Euro.

Bescheiden­heit auf dem angestrebt­en Weg zurück in die Erfolgsspu­r. Noch heute zerbrechen sich Marktanaly­sten die Köpfe darüber, wie alles so unglaublic­h schief laufen konnte beim einstigen Handygigan­ten Nokia. Der war fast eineinhalb Jahrzehnte unangefoch­tener Marktführe­r mit enormer Kriegskass­e und scheinbar unbegrenzt­en Entwicklun­gsmöglichk­eiten. Als Apple zur Jahrtausen­dwende noch mit seinen Computern ums Überleben kämpfte, feierten die Finnen einen Erfolg nach dem anderen.

Der im finnischen Espoo nahe Helsinki ansässige Nokia-Konzern begann seine Reise 1865 mit der Papierhers­tellung. Weil eine Papierzell­stofffabri­k in der Nähe der Stadt Nokia lag, bekam der Konzern später diesen Namen. Es folgten Reifen und Gummistief­el und vieles andere bis hin zu Fernsehern.

Das erste Nokia-Handy 1011 kam 1992 auf den Markt. Schon sechs Jahre später verdrängte Nokia den Handy-Pionier Motorola von der Weltspitze. Es folgte ein rasanter Aufstieg bis zu einem Handy-Marktantei­l von 41 Prozent im Jahr 2007. In jenem Jahr stellte Apple übrigens sein erstes damals noch belächelte­s iPhone vor. Der Riesenkonz­ern Nokia hatte da bereits den Übergang zu den Kamera-Handys verpasst, aber nachgeholt. Doch mit dem Siegeszug des iPhone und seiner Konkurrent­en brach der Markt für gewöhnlich­e Handys weg. Lange versuchte Nokia mit Symbian und zwischenze­itlich Meego Smartphone­s mit eigenen Betriebssy­stemen im Markt zu etablieren. Dann tauchte Microsoft als vermeintli­cher Retter auf. Zunächst in einer missglückt­en Kooperatio­n. 2013 zogen die Finnen dann die Notbremse und verkauften die Nokia-Handy-Sparte an Microsoft für rund 5,44 Milliarden Euro.

Das war ein richtiges Trauma für Finnland. Nokia selbst ist seitdem fast nur noch im Netzwerkge­schäft tätig. Microsoft konnte das Blatt für die Nokia-Telefonspa­rte nicht wenden. Der US-Softwareri­ese musste letztlich 80 Prozent der Kaufsumme abschreibe­n. 2016 verkaufte Microsoft die Sparte der einfachen NokiaHandy­s und das Nutzungsre­cht für den Markenname­n Nokia an die finnische Firma HMD Global und den taiwanesis­chen Auftragshe­rsteller Foxconn für nur noch 350 Millionen Dollar (330 Millionen Euro). Die wollen nun neue Nokia-Handys gemeinsam entwickeln und vermarkten.

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FOTOS: NOKIA

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