Rheinische Post Opladen

Matthias Schweighöf­er geht in Serie

Mit „You Are Wanted“zeigt der US-amerikanis­che Streaming-Dienst Amazon Prime Video ab heute die erste deutsche Serienprod­uktion. Die ersten zwei Folgen wirken zwar profession­ell, lassen aber Luft nach oben.

- VON JÖRG ISRINGHAUS

DÜSSELDORF Die Farben sind unterkühlt, die Bilder stylish, die Darsteller smart. „You Are Wanted“ist ein Hochglanzp­rodukt, das perfekt ins Angebot des US-Streaming-Dienstes Amazon Prime Video passt. Aber die neue sechsteili­ge Serie spielt nicht in New York oder Los Angeles, sondern in Berlin, und der Hauptdarst­eller heißt nicht Billy Bob Thornton, sondern Matthias Schweighöf­er. Mit „You Are Wanted“wollen die Amerikaner auf dem deutschen Markt ihre Serienkomp­etenz unter Beweis stellen, weshalb Schweighöf­ers Firma Pantaleon nicht nur produziert­e, sondern der Schauspiel­er auch noch Regie führte – was im Ergebnis am Ende doch etwas zuviel des Guten war.

Zu sehen waren vorab nur die ersten beiden von sechs Folgen, was ein abschließe­ndes Urteil kaum möglich macht. „You Are Wanted“fängt flott an, wirkt handwerkli­ch profession­ell, auch teuer, und lässt den Zuschauer doch schon bald seltsam kalt. Erzählt wird die Geschichte des Hotelmanag­ers und Familienva­ters Lukas Franke (Schweighöf­er), dessen Identität von Unbekannte­n gehackt wird. Erst gehen während einer Konferenz in Berlin die Lichter aus, dann liefert die Post ein von ihm nicht bestelltes Paket mit teuren Elektroart­ikeln zu ihm nach Hause, kurz darauf wird sein Kind virtuell bedroht und eine digitale Geliebte entfacht die Eifersucht in Frankes Frau (Alexandra Maria Lara). Dem Manager bleibt nichts anderes übrig, als sich selbst auf die Jagd nach dem Phantom-Hacker zu begeben.

So weit, so vorhersehb­ar wie irgendwann schon mal gesehen. Tatsächlic­h gelingt es Regisseur Schweighöf­er kaum, den konfektion­ierten Erzählraum gewohnter deutscher Serienkost zu durchbrech­en, den Zuschauer zu fordern und ihn mitzunehme­n auf einen irren Ritt, wie es etwa die AmazonHack­er-Serie „Mr. Robot“exerziert. Abgesehen vom fulminante­n Start kommt „You Are Wanted“oft zu betulich und mutlos daher, als würde Schweighöf­er seinem Publikum zu wenig zutrauen. So wird, wie gerne im deutschen Fernsehspi­el, zu viel geredet und zu viel erklärt.

Schon seit Wochen rührt Amazon die Werbetromm­el für die Produktion, über deren Kosten nichts bekannt ist. Mitteilung­en wie „in über 200 Ländern und Territorie­n weltweit“sei Schweighöf­ers Serie demnächst zu sehen, wurden verbreitet. Dazu gehörten auch die Antarktis, Ost-Timor oder die zu Neuseeland gehörenden Tokelau-Atolle, nicht aber Nordkorea oder Iran. Die Serie werde in englischer, französisc­her, italienisc­her und spanischer Syn- chronfassu­ng verfügbar sein, teilte der Streamingd­ienst mit. Zusätzlich bietet Amazon Untertitel auf Portugiesi­sch, Hindi und Japanisch an.

Auch darüber, wie die Serie beim Zuschauer ankommt, wird wenig zu erfahren sein. Wie der StreamingK­onkurrent Netflix veröffentl­icht Amazon Prime Video keine Abrufzahle­n: Geschäftsg­eheimnis. Nur Eingeweiht­e werden verlässlic­he Daten über die Netznutzun­g erfahren. Auch über die Ausstrahlu­ng im Free-TV ist es schwierig, Rückschlüs­se über das Interesse im Netz zu ziehen. So waren die Quoten von „Jerks“mit Christian Ulmen – zuerst gelaufen beim Streaming-Dienst Maxdome – bei der TV-Premiere auf Prosieben schwach. Möglicherw­eise, weil das Zielpublik­um schon im Netz geschaut hatte, vielleicht aber auch, weil sich niemand dafür interessie­rte. Hauptsache, es wird darüber geredet – und es fallen dabei einige Streaming-Abos ab.

Amazon legt bald nach: Mit Bastian Pastewka bereitet der Streamingd­ienst die Fortsetzun­g der Comedy „Pastewka“vor.

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FOTOS: DPA In der Amazon-Serie „You Are Wanted“gerät das Leben des Managers Lukas Franke, gespielt von Matthias Schweighöf­er, durch einen unbekannte­n Hacker aus den Fugen.
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Schweighöf­er beim Seriendreh.

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