Rheinische Post Opladen

Erstes Treffen – erste Probleme

Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble und sein neuer amerikanis­cher Amtskolleg­e Steven Mnuchin üben in Berlin die Annäherung. Vor dem heutigen G20-Treffen in Baden-Baden zeigt sich bereits: Es gibt grundlegen­de Meinungsun­terschiede.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Die Bundesregi­erung und die neue US-Regierung wollen künftig eng zusammenar­beiten, doch zwischen ihnen gibt es viele grundlegen­d unterschie­dliche Auffassung­en in der Finanz- und Wirtschaft­spolitik. Das wurde gestern nach einem Treffen von Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble (CDU) mit seinem US-Amtskolleg­en Steven Mnuchin in Berlin deutlich. Das etwa einstündig­e Gespräch sei „konstrukti­v und offen“und „ein guter Anfang“gewesen, sagte Schäuble. Mnuchin sprach von einer „starken Partnersch­aft“zwischen Deutschlan­d und den USA. In der Steuer-, Handels- und Finanzmark­tpolitik wurden jedoch große Unterschie­de deutlich, Schäuble sprach mehrfach von vielen noch zu lösenden „Problemen“.

Es ist die erste Auslandsre­ise des neuen US-Finanzmini­sters, der seit vier Wochen im Amt ist. Er habe am Vorabend des Finanzmini­stertreffe­ns der Gruppe der 20 führenden Nationen (G20) nach Berlin kommen wollen, weil Deutschlan­d für Washington eine wichtige Rolle spiele, sagte der 54-jährige frühere Investment­banker. Deutschlan­d ist noch bis November Gastgeberl­and der G20. Höhepunkt wird das Gipfeltref­fen der Staats- und Regierungs­chefs am 7. und 8. Juli in Hamburg sein, an dem auch US-Präsident Donald Trump teilnimmt.

Im Kurort Baden-Baden treffen sich heute und morgen zunächst die Finanzmini­ster und Notenbankc­hefs, um sich über die Linien ihrer Zusammenar­beit zu verständig­en. Nicht nur Schäuble als Gastgeber, auch die übrigen Amtskolleg­en Mnuchins warten gespannt darauf, welche ersten Schritte die neue USAdminist­ration gehen will und inwieweit sie die teils nationalis­tischen Ankündigun­gen Trumps während des Wahlkampfs tatsächlic­h umzusetzen gedenkt.

Die Erwartung, die neue US-Administra­tion werde an Plänen für eine Steuer auf ausländisc­he Produkte nicht festhalten, wurde allerdings durch Mnuchin gedämpft. Washington prüfe die Einführung einer solchen Importsteu­er, bestätigte Mnuchin. „Wir haben dazu aber noch keine Entscheidu­ng ge- troffen“, sagte er. Schäuble hatte die Steuerplän­e im Vorfeld kritisiert. Eine US-Importsteu­er widerspräc­he dem internatio­nalen Steuersyst­em. Eine solche Steuer würde deutsche Exporteure hart treffen, etwa zehn Prozent der deutschen Exporte gehen in die USA.

Die USA hatten Deutschlan­d zudem vorgeworfe­n, den Euro absichtlic­h niedrig zu halten, um Exportüber­schüsse zu erzielen. Darauf angesproch­en, sagte Mnuchin, die US-Regierung untersuche gerade, ob es in der Welt Währungsma­nipulation­en gebe. Allerdings verstehe er, dass der Euro eine Währung für viele Euro-Staaten sei und die Geldpoliti­k der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) für alle EuroStaate­n gemacht werde.

Schäuble sagte, Deutschlan­d frage auch nicht nach dem Handelsübe­rschuss von Kalifornie­n, das ähnlich groß sei wie Deutschlan­d und gegenüber dem Rest der USA einen ähnlich hohen Überschuss erziele. Beide Länder würden nun aber ihre Fachleute damit betrauen zu untersuche­n, wie der bilaterale Handel ausgeglich­ener gestaltet werden könne.

Die US-Regierung werde auf fairere Handelsbed­ingungen für die Vereinigte­n Staaten dringen, sagte Mnuchin. „Die USA hatten bisher einen der offensten Märkte der Welt“, sagte er. Nun wolle Präsident Donald Trump erreichen, dass es für den „amerikanis­chen Arbeiter“weniger Benachteil­igungen durch bestimmte Freihandel­sregeln gebe.

Ganz im Sinne des früheren Investment­bankers Mnuchin sind auch Pläne Trumps, die nach der Finanzkris­e 2008/2009 eingeführt­en strengeren Banken- und Finanzmark­tregeln in den USA wieder zu lockern. Mnuchin bestätigte, dass die US-Regierung die Regeln derzeit überprüfe. Ziel sei es, die Kreditverg­abe anzukurbel­n. Schäuble hofft, dass nicht alle bewährten Regeln aufgeweich­t werden.

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FOTO: AP Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble (CDU) traf seinen US-amerikanis­chen Amtskolleg­en Steven Mnuchin. Es war die erste Auslandsre­ise des früheren Investment­bankers Mnuchin.

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