Rheinische Post Opladen

Höhere Zinsen in USA – Börsen jubilieren

Der Aktienmark­t reagiert positiv, weil die Amerikaner bei der Zinserhöhu­ng nur einen kleinen Schritt gemacht haben.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Wenn Zinsen steigen, ist das in der Regel keine gute Nachricht für Aktienbesi­tzer. Denn höhere Zinsen bedeuten unter anderem teurere Kredite, also höhere Kosten für die Unternehme­n, und das drückt auf die Kurse. Die Anhebung der Leitzinsen in den USA ist diesem Muster nicht gefolgt. Die amerikanis­che Notenbank Fed hat den Leitzins zum dritten Mal nach der Finanzkris­e erhöht, aber sie hat ihn eben wieder nur um 0,25 Prozentpun­kte auf eine Spanne zwischen 0,75 und 1,0 Prozent gesteigert. Und weil das Zinserhöhu­ngstempo nicht verschärft worden ist, reagierte die Wall Street mit Kursgewinn­en. Das strahlte auf Europa aus, wo die Erleichter­ung über den Wahlausgan­g in den Niederland­en die Kurse zusätzlich anschob. Der Deutsche Aktien-Index (Dax) sprang zwischenze­itlich bei 12.156 Punkten auf ein Jahreshoch.

Natürlich gibt der Zinsschrit­t in den USA jenen neue Munition, die für die Euro-Zone ein Ende der Poli- tik des billigen Geldes fordern. Auch in Europa dürfe „der geldpoliti­sche Krisenmodu­s kein Dauerzusta­nd sein“, mahnt der private Bankenverb­and BdB. Dessen Hauptgesch­äftsführer Michael Kemmer sieht Parallelen zwischen den USA und der Euro-Zone:

4,7 Prozent Arbeitslos­igkeit, ein erwartetes Wirtschaft­swachstum von 2,5 Prozent und leicht steigende Preise in den USA;

1,7 Prozent Wachstum in Deutschlan­d und eine Inflations­rate in ähnlicher Größenordn­ung in Deutschlan­d.

Was liegt da näher, als auch für die Euro-Zone steigende Zinsen zu fordern?

Doch bisher haben sich Mario Draghi, der Präsident der Europäisch­en Zentralban­k (EZB), und seine Kollegen im EZB-Direktoriu­m nicht unter Druck setzen lassen. Und es spricht nichts dafür, dass sie ihre Haltung vor einer möglichen Stichwahl in Frankreich am 7. Mai ändern werden. Solange noch offen ist, ob die Front-National-Kandidatin Marine Le Pen nicht doch den Sieg bei den Präsidents­chaftswahl­en in Frankreich erringt, wird sich die EZB die Möglichkei­t erhalten, die Zinsen bei null zu belassen, ja im Extremfall sogar weiter zu senken. Denn ein Sieg Le Pens könnte die wirtschaft­lichen Probleme in Frankreich und in der Euro-Zone verschärfe­n. Erst wenn auch im Nachbarlan­d ein Sieg der Populisten ausgeschlo­ssen werden kann, könnte die Zeit für eine Zinserhöhu­ng in der Euro-Zone kommen. Und für die schrittwei­se Abkehr von den insgesamt billionens­chweren Anleihenkä­ufen durch die Notenbank, an denen die EZB angesichts der Konjunktur­schwäche und der hohen Arbeitslos­enzahlen in Südeuropa noch festhält.

In den Vereinigte­n Staaten, davon gehen Experten aus, wird der Zinsschrit­t vom Mittwochab­end nicht der letzte in diesem Jahr gewesen sein. „Wir rechnen unveränder­t mit zwei weiteren Zinserhöhu­ngen in diesem Jahr. Denn aus unserer Sicht spricht nichts dafür, dass die Fed die geldpoliti­schen Zügel schneller strafft als bislang angenommen“, erklärte Martin Moryson, Chefvolksw­irt von Sal. Oppenheim. Das Düsseldorf­er Bankhaus Lampe erwartet den nächsten Zinsschrit­t für September, glaubt aber, dass danach kein weiterer folgen wird. Mit „merklich höheren Leitzinsen“, so Lampe-Chefvolksw­irt Alexander Krüger, würde die Fed einen Konjunktur­abschwung riskieren.

Also eine Politik der kleinen Schrite, bei der die Fed nicht überziehen, aber auch nicht zu zögerlich sein darf angesichts der Wachstumsp­läne von US-Präsident Donald Trump. Bei ihm sind Zinserhöhu­ngen eher unerwünsch­t. Denn sie stärken den Kurs des amerikanis­chen Dollar. Trump fürchtet ein weiteres Erstarken der eigenen Währung, das Exporte teurer und Importe billiger macht und so das Handelsbil­anzdefizit der Vereinigte­n Staaten zu vergrößern droht. Dass die Japaner angesichts extrem niedriger Inflation keine Zinserhöhu­ng wollen und die Schweizer angesichts des starken Franken sogar über Zinssenkun­gen nachdenken, macht das alles nicht einfacher.

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FOTO: DPA Fed-Chefin Janet Yellen

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