Podolski verabschiedet sich mit Siegtor
Der 31-Jährige trifft in seinem 130. und letzten Länderspiel zum schmeichelhaften 1:0-Erfolg gegen starke Engländer.
DORTMUND Es begann wie bei der Oscarverleihung. Lukas Podolski bedankte sich bei den Fans, dem Funktionsteam hinter dem Nationalteam, bei seiner Familie, bei Köln, Dortmund und Deutschland – etwa in dieser Reihenfolge. Und als er zum 130. und letzten Mal als Nationalspieler die Hymne hörte, da schimmerte es in seinen Augen. Ein großer Moment. Das Freundschaftsspiel gegen England in Dortmund hatte von solchen Momenten nicht zu viele zu bieten. Der einzige, der da mithielt, war Podolskis viel umjubelter Gewaltschuss zum 1:0.
Vor allem die Deutschen hatten ein Team auf dem Rasen, das nur sehr entfernte Ähnlichkeit mit einer A-Mannschaft hat. Podolski selbst hatte in den zurückliegenden Jahren nur wenige Einsatzminuten gehabt. Und er führte als Kapitän reichlich Nachwuchs auf dem Platz. Timo Werner von RB Leipzig gab sein Debüt, auf den Flügeln durften sich Leroy Sané und Julian Brandt versuchen. Neben Toni Kroos im zentralen Mittelfeld spielte Julian Weigl, und in der Innenverteidigung gab Antonio Rüdiger den Nebenmann von Mats Hummels.
Es war nicht verwunderlich, dass da relativ wenig Bindung zwischen den einzelnen Mannschaftsteilen zu erkennen war. Die Engländer kamen besser ins Spiel, und die Deutschen verhalfen ihnen durch ein paar ungewöhnliche Ballverluste zu zwei großen Chancen vor der Pause. Joshua Kimmich gab das Spielgerät an der Mittellinie preis, während die Kollegen auf dem Weg nach vorn waren. Adam Lallana ging dankbar auf und davon, sein Schuss landete am Pfosten. Eine weitere unkonzentrierte Aktion im Aufbau brachte Bamidele Alli frei vor dem deutschen Tor in Abschlussposition. Aber er scheiterte an einer sehenswerten Parade von Torwart MarcAndré ter Stegen.
Auf der anderen Seite gab es keine druckvollen Angriffsaktionen, die Abstände zwischen Mittelfeld und Angriff waren zu groß, und in den Zweikämpfen mit den großen Jungs in der englischen Abwehr zahlten die jugendlichen Kräfte der DFBAuswahl Lehrgeld. Sie prallten nicht selten von ihren Gegenspielern regelrecht ab. Das Spiel nach vorn litt darunter, dass die Deutschen lange kein taugliches Rezept gegen die zeitig angreifende englische Offensivreihe fanden. Die vielgerühmte Spieleröffnung bestand deshalb oft aus den sogenannten langen Bällen, die bei Löw eigentlich auf dem In- dex stehen. Darauf wird er in der Halbzeitpause hingewiesen haben.
Sein Team bemühte sich nun zumindest darum, mit konstruktiven Kombinationen aus der Abwehr zu kommen. Kroos brachte als ordnende Kraft deutlich mehr Klarheit in die Aktionen. Prompt geriet auch mal das englische Tor in Gefahr – bei einem 20-m-Schuss von Brandt oder nach einem Heber von Kroos, den Podolski im Strafraum knapp verfehlte. Andererseits verpasste Eric Dier gegen ter Stegen eine Chance der ersten Kategorie, nach- dem Brandt den Ball verschlampt hatte.
Der zweite Durchgang bot auf jeden Fall bessere Unterhaltung als der erste, in dem sich das Publikum mit der berühmten Welle und ein paar Sprechchören selbst unterhalten musste. Dass es munterer wurde, lag auch an den Engländern, die Löws Team mit ihrem Tempo ähnliche Probleme bereiteten wie vor einem Jahr beim Testspiel in Berlin, das sie mit 3:2 gewannen. Sie unterstrichen auf ihre Art Löws Einschätzung, dass mit ihnen trotz der schwachen EM bei der WM 2018 in Russland gerechnet werden sollte.
Sie hatten sicher nicht vor, dem Jubilar des Abends zu einem ganz großen Abgang zu verhelfen. Ein wenig ratlos schaute daher die gesamte Defensivabteilung der Gäste aus der Wäsche, als Podolski den linken Hammer auspackte, der ihn berühmt gemacht hatte. Torwart Joe Hart konnte nur staunen, als der Ball zum 1:0 in den Torgiebel flog. Um 22.32Uhr und nach 84 Minuten endete Podolskis Länderspiel-Karriere.