Rheinische Post Opladen

„Zur A1-Brücke gibt es keine Alternativ­e“

Der scheidende Chempark-Leiter Dr. Ernst Grigat spricht im Interview über den Ausbau der A 1 zwischen Rhein und Küppersteg, den Aufbau des Chemparks zu dem, was er heute ist, und seine berufliche Zukunft.

- VON LUDMILLA HAUSER

A1-Stelze eine Tunnellösu­ng zu installier­en. Was wird am Ende nach Ihrer Einschätzu­ng rauskommen?

GRIGAT Das ist noch völlig offen. Es hängt davon ab, wie Straßen.NRW mit dem von der Stadt beauftragt­en Gutachten nun umgeht.

Das Gutachten ist auch mit Ihrer Hilfe in die Wege geleitet worden. Vor etlichen Jahren gab es angeblich einen Briefwechs­el zwischen Ihnen und NRW-Verkehrsmi­nister Groschek, in dem es von Chempark-Seite aus hieß, man wolle keinen Tunnel. Wie passt das zusammen?

GRIGAT In der Frühphase gab es diesen Brief. Wir haben damals gedacht: Ein Tunnel könnte schwierig werden, nicht nur für uns, sondern für die gesamte Wirtschaft, die Lkw, auch Gefahrgutt­ransporter, über die A1 schickt. Auf so einer wichtigen Trasse muss der Verkehr ungehinder­t fließen können. Wir wollten uns mit dem Thema bemerkbar machen. Es wirkte nach außen wohl so, dass wir konträrer Auffassung zur Meinung der Stadt gewesen wären. Dann gab es ein sehr wichtiges Ge- spräch mit dem damaligen Oberbürger­meister Buchhorn, bei dem eines klar herauskam: Beide Seiten haben keine divergiere­nden Interessen. Wir wollen, dass der Verkehr läuft, ob durch einen Tunnel oder über eine Stelze ist dabei für uns als Chempark egal. Im Dialogforu­m, wo verschiede­ne Beteiligte zum Autobahnum­bau beratschla­gen, entwickelt­e sich dann die Idee eines städtische­n Gutachtens. Während Straßen.NRW verschiede­ne Varianten für den Bereich Stelze prüft, geht dieses Gutachten gezielt auf die Frage ein, ob Gefahrgutt­ransport bei einer Tunnellösu­ng möglich wäre.

Sie sind tief in den aktuellen Themen drin. Wann ist Ihr letzter Arbeitstag?

GRIGAT Am 31. März. Dann ist Staffelsta­bübergabe an meinen Nachfolger Lars Friedrich.

Nach außen entstand bei der unerwartet­en Nachricht Ihres Weggangs der Eindruck, das ging alles von heute auf morgen. Was war los?

GRIGAT Das war intern länger geplant. Wir haben es deshalb so kurz- fristig mitgeteilt, damit keine Phase der Unsicherhe­it auftaucht nach dem Motto: Wer hat denn jetzt hier das Sagen, der Neue oder noch der Alte.

Wer hat’s zurzeit?

GRIGAT Lars Friedrich, mein Nachfolger wird am 1. April übernehmen. Es läuft die Übergabeph­ase. Bis nächsten Freitag.

Wie geht es für Sie am 3. April weiter?

GRIGAT Ich fahre nach Berlin, um familiäre Dinge zu regeln, die in letzter Zeit auf der Strecke geblieben sind.

Und beruflich?

GRIGAT Ich suche mir etwas Neues. Bisher konnte ich nicht wegen der Geheimhalt­ung des Wechsels an der Chempark-Spitze. Jetzt schaue ich bundesweit und auch bis rüber in die Niederland­e. Durch meine Zeit in Antwerpen für Lanxess spreche ich fließend niederländ­isch. Auf jeden Fall möchte ich etwas machen, wo ich konzeption­ell arbeiten kann, da freue ich mich richtig drauf. Ob das im Management-Bereich oder wieder stärker in der Chemie sein wird, ist noch völlig offen.

Ein mutiger Schritt. In der Politik wurde geunkt, Sie seien über die Öffnung der Deponie Dhünnaue für den A1-Brückenneu­bau gestolpert.

GRIGAT Nein. So ist es nicht. Ich habe aber nach zehn Jahren im Chempark festgestel­lt, dass alle großen Konzepte, die ich mir vorgenomme­n hatte, erledigt sind, eine Umstruktur­ierung; die derzeit bei Currenta läuft, ist für mich ein guter Anlass zu sagen, ich mache etwas anderes.

Was meinen Sie mit Konzepten?

GRIGAT Ich war bei mehreren Restruktur­ierungen beteiligt. Wegen dieser Erfahrunge­n bin ich Anfang 2007 geholt worden, um diesen Weg vom ehemaligen Bayerwerk zum Chempark mitzugesta­lten. Bis dahin stand überall noch Bayer drauf. Das war ein besonderes Projekt, wie ich es bis dahin noch nicht erlebt habe.

Warum?

GRIGAT Allein die Geheimhalt­ung bei der Entwicklun­g der Namen, Chempark für den Standort und Currenta für den Manager und Betreiber des Standortes. Wir haben uns anfänglich über Monate im stillen Kämmerlein getroffen, Fenster zu, Oberlichte­r zu, Türen zu. Alles was besprochen wurde, wurde im Anschluss geschredde­rt, damit nichts nach außen dringt.

Über die Namen Chempark und Currenta (ehemals Bayer Industry Services) haben manche erstmal den Kopf geschüttel­t.

GRIGAT Ja. Anfänglich. Aber die Erfahrung lehrt, nach kurzer Zeit enden die Wortspiele und nur noch die neue Identität zählt. Das wir da alles so profession­ell hingekomme­n haben, hat auch die Mitarbeite­r beeindruck­t und ein Stück weit mitgenomme­n auf unserem Weg. Und auch außerhalb – so nehme ich das wahr – steht Chempark für eine gute Adresse. Es war hochspanne­nd, über die Jahre daran mitzuarbei­ten. Heute sieht man, es funktionie­rt.

Konkretes Beispiel?

GRIGAT Nehmen wir die An- und Absiedlung­en der letzten Jahre. Ein wenig bekanntes, aber großes Projekt war der Weggang von Dystar. In deren Räumen laufen inzwischen wieder Produktion­en wie von Silikonher­steller Momentive.

2008 haben Sie gesagt, Sie wollen den Chempark zum attraktivs­ten in Europa machen. Ist er’s?

GRIGAT Wir haben damals gesagt, wir brauchen für ein langfristi­ges, stabiles Funktionie­ren des Chemparks rund 500 Mio. Euro Investitio­nen pro Jahr an allen drei Standorten. 2007 waren wir lange nicht da, heute haben wir den Wert signifikan­t überschrit­ten. Die Firmen im Chempark investiere­n. Die Konzepte funktionie­ren, die Mitarbeite­rzahlen sind stabil. Gerade am Standort Leverkusen ist die Lohnsumme gigantisch, die fließt wiederum in das Angebot hier in der Stadt. Für mich ist dieser Invest ein in Stahl gegossener Zukunftsgl­aube. Ein besseres Vertrauen in den Standort gibt es nicht. Wir haben auch im Vergleich zu anderen Chemiepark­s unser Ziel erreicht. Wir sind am Invest gemessen der attraktivs­te in Europa. So kann ich beruhigt gehen.

Was werden Sie vermissen?

GRIGAT Die gewachsene­n Beziehunge­n. Das ist für mich hier nicht nur eben ,Tschüss, ich bin weg’. Und die Rohrbrücke­n. Ich find’ die klasse. Kollegen haben mir zum 50. Geburtstag ein Modell einer Rohrbrücke geschenkt. Die echten nur noch von draußen sehen zu können – da muss ich mich dran gewöhnen.

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FOTO: CURRENTA, RENNERTZ Rohrleitun­gen, wie sie den Chempark durchkreuz­en, wird Ernst Grigat ab April vermissen. Und die zwischenme­nschlichen Beziehunge­n, sagt er.

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