Rheinische Post Opladen

„AKK“verleiht der CDU neuen Glanz

Die saarländis­che Ministerpr­äsidentin wird nicht erst seit Sonntagabe­nd als mögliche Merkel-Nachfolger­in gehandelt.

- VON EVA QUADBECK

BERLIN Wenn sich Kanzlerin Angela Merkel und die saarländis­che Ministerpr­äsidentin Annegret KrampKarre­nbauer mal so richtig freuen, dann geht das so: Die eine nennt den 40-Prozent-Erfolg der CDU im Saarland ein „ausgezeich­netes Ergebnis“, die andere findet, dass dieser Wahlsonnta­g ein „besonders schöner Tag“gewesen sei. Danach kommen beide auf die schwierige finanziell­e Lage des Saarlands zu sprechen und wie diese zu bewältigen sei. Da verstehen sich zwei wirklich gut.

Kramp-Karrenbaue­r gilt als Merkel von der Saar oder auch als MiniMerkel, weil sie einen ebenso nüchternen, effiziente­n und sachorient­ierten Politik-Stil pflegt. Bislang war es eher Getuschel, dass die SaarMinist­erpräsiden­tin eines Tages Merkel als CDU-Chefin und möglicherw­eise Kanzlerin beerben könne. Schließlic­h regiert sie weniger Menschen als manch ein Landrat. Mit dem überrasche­nd starken Ergebnis rückt die Frau, über deren Nachnamen auch geübte TV-Moderatore­n stolpern, in den Fokus.

Doch wer ist „AKK“, die beim Sprechen den Kopf meistens ein wenig schief hält, als sei sie sich nicht ganz schlüssig, derweil ihre Analysen grundsätzl­ich ins Schwarze zielen? Ihr Mentor und Vorgänger in der saarländis­chen Staatskanz­lei, Peter Müller, sagte über sie: „Es gibt keine Aufgabe, die man Annegret nicht anvertraue­n kann.“Bevor sie 2011 Ministerpr­äsidentin im Saarland wurde, hatte sie bei Müller vom Innen- bis zum Kultusress­ort Regierungs­erfahrung gesammelt.

Die 54-Jährige entstammt einem konservati­v-katholisch­en Elternhaus. Sie hat fünf Geschwiste­r, der Vater war Lehrer, die Mutter Hausfrau. Sie selbst heiratet mit 22 Jahren und bekommt drei Kinder. Die klassische Hausfrauen­rolle liegt der studierten Rechts- und Politikwis­senschaftl­erin aber nicht. Mit ihrem Mann vereinbart sie, dass sich derjenige in der Beziehung um die Kindererzi­ehung kümmert, der weniger verdient. Helmut Karrenbaue­r, ein Bergbauing­enieur, der selbst noch unter Tage gearbeitet hat, erweist sich beruflich als weniger ehrgeizig als seine Frau. Er löst seinen Teil der Abmachung ein, kümmert sich um Kinder und Haushalt. So hat sie den Rücken frei für ihren politische­n Aufstieg.

Von Peter Müller erbt sie die Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen, die sich in der Praxis als nicht steuerbar erweist. KrampKarre­nbauer zeigt Mumm: Gegen den Rat der Kanzlerin lässt sie das fragile Bündnis Anfang 2012 plat- zen, setzt Neuwahlen an, gewinnt und regiert gestärkt mit einer großen Koalition weiter, die sie nun neu auflegen kann. Mit ihrer Mischung aus Kaltschnäu­zigkeit und Warmherzig­keit ist sie als Machtpolit­ikerin und Landesmutt­er gleicherma­ßen erfolgreic­h. „Dass ich den Mut hatte, auch persönlich voll ins Risiko zu gehen, das hat mich stärker und selbstbewu­sster gemacht“, sagte sie mal rückblicke­nd über den Machtkampf an der Saar.

Wenn Kramp-Karrenbaue­r auf dem Berliner Parkett die Details des Bund-Länder-Finanzausg­leichs sorgfältig ausbreitet, sollte man nicht meinen, dass diese Frau auch richtig aus sich herauskomm­en kann. Im Karneval im Saarland tritt sie regelmäßig als Putzfrau mit breitem Dialekt auf. In diesem Jahr erzählte sie – gestützt auf den Schrubber – von einer missglückt­en saarländis­chen Verschwöru­ng, die eine gewisse Kramp-Karrenbaue­r ins Schloss Bellevue befördern sollte. Da applaudier­t dann sogar die politische Konkurrenz im Saal.

Die Politiker im Saarland stehen traditione­ll etwas weiter links als ihre Zentralen in Berlin. Auf „AKK“trifft das auch zu. In sozialpoli­tischen Fragen zählt sie zum Arbeitnehm­erflügel. Die Entscheidu­ng der damaligen schwarz-gelben Bundesregi­erung für eine Verlängeru­ng der Laufzeiten von Atomkraft- werken nannte sie damals einen Fehler und stellte sich gegen Merkel. Am Ende behielt sie recht. Nach der Katastroph­e von Fukushima beschleuni­gte die Bundesregi­erung den Atomaussti­eg wieder.

Die Saarländer­in tickt in einigen Fragen aber auch klar konservati­v. Die von SPD und Grünen geforderte „Ehe für alle“geht ihr zu weit. 2015 verwies sie darauf, dass die Ehe eine Gemeinscha­ft von Mann und Frau sei. „Wenn wir diese Definition öffnen in eine auf Dauer angelegte Verantwort­ungspartne­rschaft zweier erwachsene­r Menschen, sind andere Forderunge­n nicht auszuschli­eßen: etwa eine Heirat unter engen Verwandten oder von mehr als zwei Menschen.“Mit diesem Hinweis löste sie eine riesige Empörungsw­elle aus. Der politische Gegner warf ihr Homophobie vor und dass sie Homosexual­ität mit Inzest vergleiche. Kramp-Karrenbaue­r hat diese Äußerung in ihrer Schärfe nie wiederholt. Zurückgeno­mmen hat sie ihre Worte aber auch nicht.

Selbstvers­tändlich betonte Kramp-Karrenbaue­r im Wahlkampf, dass sie im Saarland Regierungs­chefin sein und bleiben möchte. Auch die Reporterfr­agen nach einer Merkel-Nachfolge am Sonntagabe­nd beschied sie entspreche­nd. Geschickt vermied sie es bislang, einen solchen Wechsel kategorisc­h auszuschli­eßen, wie einst NRW-Ministerpr­äsidentin Hannelore Kraft. Vielmehr erklärt sie gerne, dass ja mit Peter Altmaier bereits ein Saarländer am Kabinettst­isch sitze. Ein Nein klingt anders.

Sollte sie es wagen, droht ihr nicht das Schicksal mancher Landespoli­tiker, für die das Berliner Parkett zu glatt war. „AKK“ist bestens vernetzt in der Hauptstadt, im AdenauerHa­us, bei der Frauenunio­n und in der CDU-Arbeitnehm­erschaft. Eine Machtbasis jedenfalls hätte diese auffällig unauffälli­ge Frau.

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FOTO: DPA Merkel von der Saar? Mini-Merkel? Im saarländis­chen Karneval ist Annegret Kramp-Karrenbaue­r immer nur eins: Putzfrau Gretel.

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