Rheinische Post Opladen

„20 Prozent Öko-Landbau sind machbar“

Der Agrarminis­ter macht sich für die Bio-Landwirtsc­haft stark. Das Schlachten trächtiger Kühe solle noch in dieser Periode verboten werden.

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Die Union will aus Ihrem Haus ein Heimatmini­sterium machen. Sehen Sie sich schon als Heimatmini­ster?

SCHMIDT Ich freue mich, dass die Union in der Frage der Entwicklun­g der ländlichen Räume meine Vorschläge aufgenomme­n hat. Die ländlichen Räume gehören künftig mit in den Namen meines Ministeriu­ms. Und ja: Das Amt des Bundesmini­sters für Ernährung, Landwirtsc­haft und ländliche Räume würde ich auch nach der Bundestags­wahl gerne fortführen.

Was muss der Heimatmini­ster tun?

SCHMIDT Inhaltlich läuft diese Arbeit bereits in meinem Haus und hier ist auch die größte Expertise. Deshalb habe ich für die Entwicklun­g der ländlichen Räume Anfang des Jah- res eine eigene Abteilung eingericht­et. Bei den Maßnahmen müssen wir individuel­l auf die Bedürfniss­e der Regionen eingehen, die in Vorpommern anders sind als am Niederrhei­n. Im Kern bleibt die Aufgabe, die Gleichwert­igkeit der Lebensverh­ältnisse zu erhalten. Die Erfüllung dieses Verfassung­sauftrages droht nicht zuletzt durch die abnehmende Bevölkerun­gsdichte auf dem Land in Gefahr zu geraten. Hier müssen wir mit Maßnahmen für die Bildung, die wirtschaft­liche Entwicklun­g und die Daseinsvor­sorge, wie zum Beispiel medizinisc­he Versorgung, gegensteue­rn.

Bleiben Bio-Produkte auch langfristi­g Lebensmitt­el nur für eine kleine Bevölkerun­gsgruppe?

SCHMIDT Nein. Bio-Produkte sind längst aus der Nische heraus. Im vergangene­n Jahr wurden in Deutschlan­d Bioprodukt­e für fast zehn Milliarden Euro umgesetzt. Ein Plus von annähernd zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr. Und die Öko-Produktion in Deutschlan­d hat noch deutlich Steigerung­spotenzial.

Wie stark kann der Öko-Landbau noch ausgebaut werden?

SCHMIDT Ich bin davon überzeugt, dass es sinnvoll und machbar ist, 20 Prozent der Fläche im landwirtsc­haftlichen Anbau ökologisch zu betreiben. So steht es als Ziel in meiner Zukunftsst­rategie Ökologisch­er Landbau. Aktuell liegen wir bei sechs bis sieben Prozent. Wir müssen heute sehr viel importiere­n, weil wir die heimische Nachfrage nicht selbst decken können. Das halte ich gerade im ökologisch­en Bereich nur für die zweite Wahl.

Bis wann werden wir in Deutschlan­d 20 Prozent Öko-Anteil erreichen?

SCHMIDT Das geht nicht von heute auf morgen, wenn man die Qualität erhalten möchte. Realistisc­h lässt sich das in einer Zeitspanne von 10 bis 15 Jahren umsetzen. Letztendli­ch entscheide­t aber jeder Landwirt selbst, ob er umstellt oder nicht. Das lässt sich nicht per Gesetz verordnen, aber wir schaffen Anreize.

Sie wollten das Kükenschre­ddern und Schlachten trächtiger Kühe abschaffen. Warum sind Sie da nicht weiter gekommen?

SCHMIDT Einspruch! Mein Gesetzentw­urf, der das Schlachten trächtiger Rinder verbietet, wird derzeit von den Regierungs­fraktionen beraten. Ich bin sehr zuversicht­lich, dass das Gesetz noch in dieser Wahlperiod­e verabschie­det wird.

Und die Küken?

SCHMIDT Auch hier ist das Ziel in Sicht. Wir befinden uns bei der Geschlecht­sbestimmun­g im Ei beim Sprung vom Labor in die Praxis. Man sollte sich auch noch einmal klar machen, was die Alternativ­en zu unserem Vorgehen wären: Mit einer gesetzlich­en Regelung würde sich das Problem lediglich ins Ausland verlagern, wo wir keinen Einfluss auf Fragen des Tierschutz­es haben. Damit wäre dem Tierschutz überhaupt nicht geholfen.

Werden die Eier teurer?

SCHMIDT Das Küken, das später als Legehenne sehr viele Eier legen wird, kostet ein paar Cent mehr. Aufs einzelne Frühstücks­ei umgerechne­t dürfte sich das beim Verbrauche­r kaum bemerkbar machen. JAN DREBES UND EVA QUADBECK STELLTEN DIE FRAGEN.

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FOTO: DPA Christian Schmidt (59)

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