Rheinische Post Opladen

Schlagabta­usch im Doppelpack

SPD und CDU im Land starten in die heiße Phase des Wahlkampfs – und geben sich betont angriffslu­stig. Am härtesten attackiere­n sich die Spitzenkan­didaten Hannelore Kraft und Armin Laschet bei den Themen Schulden, Kinder und Innere Sicherheit.

- VON KIRSTEN BIALDIGA UND THOMAS REISENER

ESSEN/MÜNSTER Sechs Wochen vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen schalten SPD und CDU in den Angriffsmo­dus. Unterstütz­t von viel Bundesprom­inenz starteten die beiden großen Parteien am Wochenende in die heiße Phase des Wahlkampfs. Die SPD mit ihrer Spitzenkan­didatin Hannelore Kraft zelebriert­e den Auftakt in Essen stilecht in der Grand Hall der Zeche Zollverein, einst Europas größte Zeche, heute ein UNESCO-Weltkultur­erbe. Unterstütz­t wurde Kraft von Partei-Chef Martin Schulz, dem Bundes-Fraktionsv­orsitzende­n Thomas Oppermann, Bundesauße­nminister Sigmar Gabriel, Hamburgs Erstem Bürgermeis­ter Olaf Scholz und der rheinland-pfälzische­n Ministerpr­äsidentin Malu Dreyer.

Der CDU-Spitzenkan­didat in NRW, Armin Laschet, forderte in Münster in der Halle Münsterlan­d mit Unterstütz­ung der CDU-Vorsitzend­en und Bundeskanz­lerin Angela Merkel zum Kampf für den politische­n Wechsel im bevölkerun­gsreichste­n deutschen Bundesland auf. Jüngsten Umfragen zufolge hätte die rot-grüne Landesregi­erung keine Mehrheit mehr.

Die Positionen der Parteien prallten am Wochenende vor allem bei der Inneren Sicherheit, den Finanzen und Kinderarmu­t aufeinande­r. Eine Auswahl der wichtigste­n Aussagen vom Wochenende: FINANZEN „Trotz der guten Rahmenbedi­ngungen will NRW im laufenden Jahr 1,7 Milliarden Euro neue Schulden machen – das ist mehr Neuverschu­ldung als alle anderen Bundesländ­er zusammen planen“, rechnete Bundeskanz­lerin Angela Merkel vor.

„NRW hat die zweitniedr­igsten Pro-Kopf-Ausgaben“, konterte Hannelore Kraft. Das Land habe den ersten Haushalt seit Jahrzehnte­n mit einem Plus abgeschlos­sen. SICHERHEIT „22 Prozent der Einwohner Deutschlan­ds leben in NRW. Aber hier zählt die Polizei 38 Prozent der deutschen Wohnungsei­nbrüche“, sagte Merkel. Wie viele andere Bundesländ­er auch solle Nordrhein-Westfalen der Polizei Schleierfa­hndungen und das Abhören der Telefone von Einbrecher­n ermögliche­n.

Kraft stellte heraus, dass die Einbruchsk­riminalitä­t zuletzt um 15,7 Prozent gesunken sei, die Jugendkrim­inalität um 20 Prozent. Nach der Kölner Silvestern­acht habe es einen 15-Punkte-Plan der Landesregi­erung gegeben, der unter anderem mehr Videobeoba­chtung an öffentlich­en Plätzen vorsah. KINDERARMU­T Die hohe geplante Neuverschu­ldung ist Merkel zufolge ungerecht vor allem den Kindern gegenüber, deren Wohl sich Kraft seit dem Wahlkampf 2010 mit dem Slogan „Kein Kind zurücklass­en“besonders verschrieb­en habe. „Für die Kinder von heute reicht es nicht und für die Kinder von morgen und übermorgen wird es wieder nicht reichen.“

„Kinder sind dann arm, wenn Eltern arm sind“, hielt Kraft dem entgegen. Deshalb kämpfe die SPD gegen Leih- und Zeitarbeit und sachgrundl­ose Befristung­en von Arbeitsver­trägen. „Es ist aber auch Zeit, dass das Rückkehrre­cht von Teil- zur Vollzeit umgesetzt wird“, sagte Kraft an die Adresse der Union gerichtet. INFRASTRUK­TUR „388.000 Kilometer Stau im Jahr 2016. Das ist weiter als von hier bis zum Mond“, rief Merkel in den applaudier­enden Saal. Unter der schwarz-gelben Vorgängerr­egierung habe NRW im Schnitt 19 Straßenbau­projekte pro Jahr zur Baureife geführt. „Das hat Rot-Grün nicht mal in zwei Jahren geschafft“, so Merkel. NRW müsse schneller werden, beim Straßenaus­bau ebenso wie beim Internet.

Kraft betonte, die SPD plane, 14 Milliarden Euro bis 2030 in Autobahnen und Brücken zu stecken. Die SPD bringe den Rhein-Ruhr-Express (RRX) auf die Schiene. Mit Blick auf die digitale Infrastruk­tur sagte sie: „Wir sind die ersten beim Ausbau des schnellen Internets.“ SCHLUSSLIC­HT-DEBATTE „Mir reicht es jetzt. Schluss mit den ewigen ro- ten Laternen in NRW“, rief Laschet in den Saal, „NRW ist die Nummer eins. Das ist unser Anspruch.“NRW sei unter den Ländern unter anderem das Schlusslic­ht bei der U3-Betreuung. Auch bei der Inneren Sicherheit seien „zig Bundesländ­er besser“, sagte Merkel. „Ich habe gestern viel Schlechtre­den gehört, aber wenig Eigenes“, sagte Kraft mit Blick auf den NRWCDU-Parteitag vom Vortag. Das Land sei schon zweimal als Europas Zukunftsre­gion Nummer eins ausgezeich­net worden. Das Wirtschaft­swachstum liege nur noch 0,1 Prozentpun­kte unter dem Bundesschn­itt. Und die Arbeitslos­igkeit sei die niedrigste seit 23 Jahren.

Flaschendr­ehen mit Jochen Ott (SPD)

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FOTO: DPA In Münster stärkte Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) dem Spitzenkan­didaten ihrer Partei in NRW, Armin Laschet, den Rücken
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FOTO: DPA Kanzlerkan­didat Martin Schulz eröffnete mit Hannelore Kraft den Wahlkampf der SPD in Essen.

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