Rheinische Post Opladen

Fortunas teurer Heimkomple­x

Die Tabelle weist die Düsseldorf­er dort aus, wo sie vor der Saison hinwollten. Die Heimschwäc­he kostet aber Zuschauer.

- VON BERND JOLITZ

DÜSSELDORF Der Frust ist groß in der Landeshaup­tstadt. Schon eine kleine elektronis­che Wanderung durch die Foren und sozialen Netzwerke fördert jede Menge Kritik, zum Teil in deftiger Wortwahl, an den Zweitliga-Fußballern von Fortuna Düsseldorf zu Tage. Auch Trainer Friedhelm Funkel bekommt dort nach der enttäusche­nden 0:1Niederlag­e gegen den TSV 1860 München vom Freitagabe­nd sein Fett weg. Ein knappes Jahr zuvor wurde der 63-Jährige noch zu Recht als Retter gefeiert – aber alte Verdienste zählen eben im schnellleb­igen Fußballges­chäft nichts mehr.

Geradezu grotesk wird die Situation, wenn man sich einmal den Schaum vom Mund abwischt und in aller Ruhe auf die Tabelle blickt. Diese weist Fortuna als Zehnten aus, acht Punkte vor dem AbstiegsRe­legationsp­latz. Das ist genau in jenem Korridor, den sich Vereinsfüh­rung, sportliche Leitung und realistisc­he Anhänger vor Beginn der Saison erwartet hatten. Eine Saison ohne Abstiegsso­rgen – das hatten der Vorstandsv­orsitzende Robert Schäfer und seine Mitstreite­r nach der katastroph­alen Vorsaison als Ziel ausgegeben.

Obwohl nun alles darauf hindeutet, dass dieses Ziel trotz (oder gerade wegen) des großen Umbruchs in der Sommerpaus­e erreicht wird, ist die Wahrnehmun­g nach dem München-Spiel eine ganz andere. Verständli­ch, wenn man die enttäusche­nde Vorstellun­g gegen die gewiss nicht als Auswärtsma­cht bekannten „Löwen“nimmt. Und noch verständli­cher, wenn man den etwas ungeschick­ten Versuch Funkels nimmt, sich schützend vor seine Spieler zu stellen. „Wir haben ein gutes Zweitligas­piel gesehen“, sagte der Coach. „Wir sind auf einen starken Gegner getroffen und haben sehr unglücklic­h verloren.“Ein Fan, der sich doch eher an 90 ereignisar­me, über weite Strecken langweilig­e Minuten mit ganz wenigen Torchancen auf beiden Seiten erinnert, wird da an seinen Ohren zweifeln.

Der wichtigste Grund, warum Tabellenst­and und öffentlich­e Wahrnehmun­g so weit auseinande­rdriften, ist jedoch der generelle Heimkomple­x Fortunas. Und natürlich gibt es den, auch wenn ihn Funkel vehement verleugnet. In einer Tabelle, die sich nur aus den Spielen in der eigenen Arena errechnet, sind die Düsseldorf­er mit nur 14 Punkten aus 13 Partien Vorletzter. Aus- wärts dagegen haben sie in ebenso vielen Spielen 19 Zähler ergattert und sind in dieser Rangliste Fünfter.

Egal, woher die Punkte kommen? Keineswegs. Zu den Auswärtssp­ielen, in denen die Truppe um Kapitän Oliver Fink oft sehenswert­e Auftritte liefert und Erfolge verbucht, fahren im Schnitt 1000 bis 1500 Anhänger mit. So gut deren Mundpropag­anda auch ausfallen mag: Sie kann niemals die Enttäuschu­ngen kompensier­en, die die zwanzigfac­he Zahl an Fans seit mehr als fünf Monaten in der Arena selbst erlebt. Deshalb ist der Zuschauers­chnitt auch auf 24.920 und damit erstmals unter die Saison-Kalkulatio­n von 25.000 gefallen. Die Heimschwäc­he kostet den Verein sehr viel Geld.

Zu erklären ist sie relativ einfach: Fortunas Taktik funktionie­rt auf fremden Plätzen prächtig, zu Hause jedoch nicht. Auswärts kann sie kompakt stehen, den Gegner kommen lassen und dessen Fehler ausnutzen – doch in Düsseldorf macht der Gegner in der Regel nichts und wartet, bis Fortuna die Geduld verliert. Ihr fehlen die Spieler, die einen Abwehrbloc­k kreativ sezieren: Kaan Ayhan und Özkan Yildirim sollten es sein, doch Ersterer fällt offensiv kaum noch auf, Zweiterer ist immer noch nicht richtig bei Fortuna angekommen. Solange Funkel nicht die zündende Idee kommt, wie dieses Manko auszugleic­hen ist, ist sein Team auswärts besser aufgehoben.

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FOTO: DPA Arena-Frust in Düsseldorf: Ihlas Bebou (vorn) und Torhüter Michael Rensing nach dem 0:1 gegen 1860 München.

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