Degenkolb chancenlos bei Flandern-Rundfahrt
Der Belgier Philippe Gilbert sorgt als Ausreißer für einen Heimsieg beim Rad-Klassiker. Weltmeister Peter Sagan stürzt.
OUDENAARDE (dpa/sid) Philippe Gilbert hob sein Rennrad triumphierend in die Höhe und ließ sich für seinen Husarenritt von den Landsleuten feiern, da rollte John Degenkolb im Pulk der Geschlagenen noch dem Zielstrich entgegen. Der deutsche Klassikerspezialist hat den erhofften ersten Sieg bei der Flandern-Rundfahrt deutlich verpasst und muss als Siebter der Gesamtwertung weiter auf seinen dritten Erfolg bei einem der fünf Monumente des Radsports warten.
In der hochklassigen und taktisch geprägten 101. Auflage des populärsten belgischen Frühjahrsklassikers über 259,5 Kilometer von Antwerpen nach Oudenaarde zählte Degenkolb zu den Mitfavoriten, die Gilberts Alleinfahrt nicht stoppen konnten. Der Ex-Weltmeister krönte eine über 50 Kilometer lange Solofahrt mit seinem ersten FlandernErfolg und dem ersten Sieg eines Belgiers seit fünf Jahren. Kurz vor dem Start im sonnigen Antwerpen hatte Degenkolb noch Zuversicht verbreitet. „Ich habe ein sehr gutes Gefühl“, sagte er und erklärte seine Marschroute: „Nicht abgehängt werden, auf der Höhe des Geschehens sein. Das ist das Wichtigste.“
Doch als es nach rund vier eher ruhigen Stunden im Hauptfeld erstmals ernst wurde, ließ sich Degenkolb überrumpeln. An der berühmtberüchtigten Muur van Geraards- bergen, einem traditionsreichen und bis zu 20 Prozent steilen Anstieg 90 Kilometer vor dem Ziel, konnte Degenkolb eine Tempoverschärfung der von Gilbert und seinem Teamkollegen Tom Boonen (Belgien) angeführten Spitze nicht kontern. Auch Weltmeister und Titelverteidiger Peter Sagan (Slowakei) vom deutschen Team Bora-hansgrohe – er stürzte 17 Kilometer vor dem Ziel an einem Absperrgitter – sowie Olympiasieger Greg van Avermaet (Belgien/BMC) wurden abgehängt. „Das war ein superschweres Rennen, das früh eröffnet worden ist. Ich hatte nicht die Beine, als Sagan und van Avermaet attackierten“, sagte Degenkolb.
Über eine Stunde dauerte die Solofahrt von Gilbert, der mit dem Sieg vor Augen über sich hinauswuchs. Explosiv und mit hoher Trittfrequenz kämpfte er sich über die verbliebenen der insgesamt 18 giftigen Steigungen (Hellingen), waghalsig absolvierte er die Bergabpassagen und hielt die überforderte Konkurrenz zwei Tage nach seinem Gesamtsieg bei der Rundfahrt „Drei Tage von De Panne“auf Abstand.
Bereits am Sonntag bietet sich Degenkolb bei Paris-Roubaix die nächste Chance auf einen prestigereichen Sieg. In der „Hölle des Nordens“, dem wichtigsten Frühjahrsklassiker, feierte Degenkolb 2015 seinen größten Karriereerfolg.