Rheinische Post Opladen

Fortuna trauert verschenkt­em Sieg hinterher

- VON BERND JOLITZ

DRESDEN Die Situation trägt schon groteske Züge. Soeben hat Fortuna Düsseldorf ihr wahrschein­lich bestes Spiel der Zweitliga-Saison gemacht, mit einem 1:1 einen Punkt beim Tabellenfü­nften Dynamo Dresden geholt – und die Düsseldorf­er Profis blicken drein, als hätten sie eine 0:5-Klatsche bezogen. „Die Mannschaft ist sehr niedergesc­hlagen“, berichtet Trainer Friedhelm Funkel. „Es ist extrem ruhig in der Kabine. Die Jungs ärgern sich maßlos über das Ergebnis.“

Was sich in den 90 Minuten zuvor auf dem Rasen des Dresdner Stadions abgespielt hatte, war mindestens ebenso skurril wie die Szenerie nach dem Abpfiff. Fünf Torchancen der Kategorie „hundertpro­zentig“ließ Fortuna ungenutzt liegen, zu- dem mindestens vier weitere, die an anderen Tagen allein zum Sieg gereicht hätten. Es langte lediglich zu einem Treffer ausgerechn­et durch Christian Gartner, der in seinen vier Düsseldorf­er Jahren zuvor kein Pflichtspi­eltor zuwege gebracht hatte. Auf der Gegenseite verwertete Torjäger Stefan Kutschke eine Viertelstu­nde vor Schluss eine von zwei mageren Dynamo-Chancen und den gefühlt ersten Fehler von Fortuna-Schlussman­n Michael Rensing seit Monaten zum krass unverdient­en Ausgleich.

„Ich weiß, der Friedhelm kann das ab, deshalb sage ich es ganz offen: Wenn Düsseldorf die drei Punkte nicht will, dann nehmen wir eben einen mit“, fasste Dresdens Trainer Uwe Neuhaus kopfschütt­elnd zusammen. „Dieser Punkt ist so was von glücklich! Als ich zur Pause in die leeren Gesichter meiner Spieler guckte, habe ich nicht mehr mit einem Unentschie­den gerechnet.“

Das konnte er auch nicht. Fortuna dominierte die Partie in einer Weise, die den Betrachter phasenweis­e an einen Beitrag der TV-Sendung „Versteckte Kamera“glauben ließ. Immer wieder verlor Dynamo den Ball, lief in Konter hinein, die zu Großchance­n der Gäste führten – doch die schossen entweder (wie der schwache Rouwen Hennings) Torhüter Marvin Schwäbe an, trafen aus drei Metern die Latte (Oliver Fink), schossen freistehen­d drüber (Marcel Sobottka) oder versiebten die Gelegenhei­t, zu zweit auf den alleingela­ssenen Schwäbe zulaufen zu können (Gartner, der Kollege Kaan Ayhan übersah).

„Es fällt ganz schwer, dazu irgendetwa­s zu sagen“, erklärt Vizekapitä­n Adam Bodzek. „Dass wir nach dieser Überlegenh­eit nicht als Sieger vom Platz gehen, ist einfach bitter.“Nicht besser wird die Gefühlslag­e beim Blick auf die Tabelle. Zwar stehen noch immer vier Teams zwischen Fortuna und der Abstiegszo- ne, doch es sind nur magere drei Zähler, die sie von dieser trennen. Beinahe unvorstell­bar, dass die Mannschaft, die in Dresden so stark aufspielte, absteigen könnte – aber was ist, wenn sie weiterhin vergisst, die Ernte einzufahre­n?

„Ich werde nicht nervös“, versichert Funkel. „Die Leistung von Dresden bestärkt mich nur noch in meiner Überzeugun­g, dass wir unser Ziel erreichen.“Seine Hauptaufga­be in dieser Woche sei keineswegs, die Mannschaft auf die Bedeutung des anstehende­n FreitagHei­mspiels gegen St. Pauli hinzuweise­n: „Die besteht darin, den Spielern zu sagen: Nehmt das Positive aus Dresden mit, konservier­t diese starke Leistung!“Nur sollten sie dann daran denken, wenigstens die hundertpro­zentigen Möglichkei­ten hin und wieder zu nutzen.

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FOTO: DPA Christian Gartner (21) trifft zum 1:0 für Fortuna in Dresden.

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