Rheinische Post Opladen

Das Verspreche­n von Sinsheim

Nach dem 5:3 von Hoffenheim gegen Gladbach sagen sich die Trainer gegenseiti­g Schützenhi­lfe zu.

- VON KARSTEN KELLERMANN

MÖNCHENGLA­DBACH Wenn sich eine Mannschaft mit einer Niederlage zwei freie Tage verdient hat, war es kein normales Fußballspi­el, an dem sie teilnahm. Die Profis von Borussia Mönchengla­dbach waren tatsächlic­h Teil eines Spektakels, dem 3:5 bei 1899 Hoffenheim. Bis heute durften sich die Gladbacher vom Arbeitsein­satz im Kraichgau erholen, der den Trainern, Borussias Dieter Hecking ebenso wie Hoffenheim­s Julian Nagelsmann, viel Freude bereitete.

„Hochgeschw­indigkeits­fußball“, „offenes Visier“, „unfassbar attraktiv“– so beschriebe­n Hecking und Nagelsmann bei der Pressekonf­erenz das wogende Hin und Her zweier torhungrig­er Teams. Und den geneigten Beobachter beschlich das Gefühl, dass sogar Nagelsmann an diesem Tag die Punkte ohne weiteres Murren auch geteilt hätte, weil es sich gerechter angefühlt hätte nach der beidseitig­en Demonstrat­ion des Spaßfußbal­ls. Da saßen zwei Generation­en von Trainern, die Fußball mit denselben Augen sehen. Kaum hätte es verwundert, wenn sie für ein paar Tage den Job getauscht hätten, um das jeweils andere Ensemble mal genießen zu dürfen.

Am Ende gab es im Stadion von Sinsheim dann ein Verspreche­n dieser beiden Brüder im Geiste, das Angebot gegenseiti­ger Hilfe am kommenden Spieltag. Der bringt den jeweils anderen ausgerechn­et mit dem unbeliebte­sten Gegner zusammen: Borussia erwartet Dortmund, den Klub, dessen Fans sich stets besonders intensiv am „Fußballpro­jekt“Hoffenheim abgearbeit­et haben. Hoffenheim tritt derweil bei Mönchengla­dbachs Erzrivalen 1. FC Köln an.

Doch weniger die Animosität­en sind es, die eine gegenseiti­ge Hilfestell­ung interessan­t machen, sondern die Tabellenko­nstellatio­n. Der BVB ist Hoffenheim­s Konkurrent im Rennen um den dritten Platz und den damit verbundene­n direkten Einzug in die Champions League. 54 Punkte hat Nagelsmann­s Team, 53 der BVB. Gladbach hat 39 Punkte und damit einen weniger als Köln, das derzeit Siebter ist. Wollen sich die Borussen noch für Europa qualifizie­ren, müssen sie wohl Köln hinter sich lassen.

Warum Hoffenheim einen Schritt weiter in der Liga ist als Gladbach, zeigte das 5:3. Etwas konsequent­er, etwas resoluter, etwas zweikampfs­tärker, etwas ausgeruhte­r waren die Blauen, weswegen der Sieg in der Gesamtabre­chnung durchaus verdient war. Gladbach bleibt damit weiter ohne Sieg gegen ein Team aus dem Spitzenqua­rtett – ein weiterer Anreiz für Samstag ist, das gegen den BVB zu ändern. Und die Hoffenheim­er haben mit Köln noch eine Rechnung offen, schließlic­h endete dort die Pokalgesch­ichte dieser Saison in Runde zwei mit einer 1:2-Niederlage.

„Wenn meine Mannschaft den Elan aus Hoffenheim in die letzten Saisonspie­le mitnimmt, werden wir definitiv noch den einen oder anderen Sieg holen“, sagte Dieter Hecking, und Nagelsmann dürfte das über sein Team ebenfalls sagen, das dabei ist, Geschichte zu schreiben. Was Gladbach schon erlebt hat, davon träumt Hoffenheim: vom Besuch der großen Fußballpro­minenz, Champions League mit Barcelona, Juventus oder Manchester. Gladbach wäre mit etwas kleineren Namen zufrieden, Hauptsache Europa heißt es da, zur Not auch über ein bis zwei Qualifikat­ionsrunden.

Wie Hoffenheim Schützenhi­lfe in Köln leisten kann, haben die Borussen dem Gleichgesi­nnten eine Woche vorher vorgemacht beim 3:2Sieg. Vor allem aber müssen die Borussen, die gegen den nicht minder offensivst­arken BVB sicherlich weit mehr defensive Stabilität haben müssen als in Sinsheim, selbst die Punkte machen, „die uns hoffentlic­h noch etwas ganz Schönes bringen“, wie Sportdirek­tor Max Eberl sagte.

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FOTO: DPA Kopfarbeit­er: der Mönchengla­dbacher Stürmer André Hahn (li.) und der Hoffenheim­er Benjamin Hübner machen große Augen.

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