Reus macht Dortmund Hoffnung
Der Stürmer kehrt nach Verletzungspause in die Startelf zurück und erzielt beim 3:1 gegen Frankfurt gleich ein Tor.
DORTMUND Die Aktion dauerte zwar nur wenige Augenblicke, die Reaktion darauf fühlte sich aber umso länger an. Gerade hatte Marco Reus das energische Nachfassen seines emsigen Mitspielers Christian Pulisic mit einem feinem Hackentor veredelt, als im Stadion der Lärmpegel in ungeahnte Höhen schnellte, vergleichbar vielleicht mit dem Start eines Düsenjets. Es schien, als würde in diesem Moment jedem im Stadion, der es mit den Dortmundern hält, eine zentnerschwere Last von den Schultern fallen. Die Bilder des perfiden Terroranschlags auf den Mannschaftsbus des BVB waren mit einem Mal aus den Köpfen. Statt Bedrückung herrschte wieder ein Stück Normalität im größten Fußballtempel der Republik.
Für Reus selbst war es aber auch ein Schritt zurück in den (sportlichen) Alltag. Einen Monat lang musste der leidgeprüfte Nationalspieler die Nachwirkungen eines Muskelfaserrisses auskurieren. Umso bemerkenswerter ist es, wie es der 27-Jährige erneut wieder geschafft hat, auf den Punkt seine Leistung abzurufen und alle Geschehnisse der vergangenen Tagen und Wochen – wenigstens für 90 Minuten – auszublenden.
Freilich gönnte ihm sein Trainer Thomas Tuchel nach einer furiosen ersten Halbzeit samt weiteren Traumtoren durch Frankfurts Marco Fabían und Dortmunds Abwehrkante Sokratis mit Beginn der zweiten Halbzeit vorsichtshalber eine Ruhepause. Immerhin steht bereits am Mittwoch das schwere Viertelfinal-Rückspiel in der Champions League beim AS Monaco auf dem Programm. Ein gesunder Reus ist dabei ein wesentlicher Faktor und Hoffnungsträger, um den 2:3-Rückstand aus dem Hinspiel noch umzubiegen.
Bei seinen Teamkollegen war die Freude über die Rückkehr ihres Führungsspielers jedenfalls unüberhörbar. „Wir sind glücklich, dass Marco wieder da ist“, sagte Marcel Schmelzer. Der Linksverteidiger spulte in der ersten Halbzeit ebenfalls ein enormes Pensum ab und bildete mit Reus ein schwungvolles Gespann auf der linken Seite.
„Mir macht es riesig Spaß, mit ihm zusammen zu spielen. Wir brauchen einfach wenig Worte, um miteinander klarzukommen“, verriet Schmelzer, der zudem dezent auf eine kleine Renaissance hinwies: „Mit Nuri und Sven hatten wir auf unserer Seite sechs Jahre gemeinsame Erfahrung auf dem Platz.“Speziell die Personalie Nuri Sahin war neben dem Comeback von Reus die zweite gute sportliche Nachricht am Samstag. Ähnlich wie Reus musste auch der 28-Jährige im Verlaufe dieser Saison durch viele Täler gehen. Mal war er verletzt, mal hielt ihn Tuchel für verzichtbar.
Doch seit seinem 45-minütigen Einsatz gegen Monaco sowie einer überzeugenden Leistung im Mittelfeld, als er einer traumatisierten Mannschaft Halt und Stabilität gab, hat sich der Wind gedreht. „Ich hätte nicht gedacht, dass es möglich ist, nach so einer langen Zeit ohne jede Spielminute so gut zu spielen“, sag- te Tuchel verblüfft, „aber Nuri hat mich widerlegt und eines Besseren belehrt.“
In der Tat war es beeindruckend, mit welcher Selbstverständlichkeit und Souveränität Sahin das Spiel aus der Zentrale heraus diktierte und delegierte. Sein Erklärungsansatz: „Ich habe versucht, alles was bisher auf mich zukam, sportlich zu nehmen. Zum Glück wurde ich jetzt dafür belohnt.“Geduld als Frustrationsbewältigung also. Eine Tugend, die nun auch im Fürstentum gefragt ist. Reus und Sahin kennen dieses Gefühl ja bereits zur Genüge.