Rheinische Post Opladen

Lohengrin im Glitzerfum­mel

Robert Lehmeier inszeniert Richard Wagners Oper im Theater Krefeld.

- VON ARMIN KAUMANNS

KREFELD Der Gralspalas­t Montsalvat liegt hinterm Vorhang. Aber ob dort alles so wunderbar zugeht, wie Lohengrin und mit ihm Richard Wagner uns glauben machen wollen, das ist noch nicht ausgemacht. Fest steht: Diese Heilsgesta­lt Lohengrin, die märchenhaf­t in die Wirklichke­it eines kriegslüst­ernen deutschen Königshofe­s platzt, ist nicht von dieser Welt. Deshalb hat Regisseur Robert Lehmeier in seiner Sicht auf Wagners Oper „Lohengrin“, die nun am Krefelder Theater Premiere feierte, dem Gralsritte­r einen albernen Glitzerfum­mel angezogen, fein abgestimmt auf Elsas jungfernsc­hönes Mädchenkle­id. Sein Schwert glänzt mächtig wie in der Vision der jungen, ein wenig traumtänze­rischen Frau, wie sie das sphärische Vorspiel der Oper bebildert. Da erscheint der Held aber noch aus Blut und vor allem Fleisch. Damit wird es in der Oper bekannterm­aßen nichts.

Lehmeier inszeniert Wagners Oper nicht als deutsche Heldensage, sondern in der Wirklichke­it ei- nes heutigen Machtzentr­ums: Man trägt Business-Anzug, sitzt um einen Konferenzt­isch, und wenn der Chef spricht, ist Ruhe im Karton. Die Bühne hat Tom Musch als sachlich tapezierte­n Guckkasten mit einem Anklang von Burgzinnen äußerst zweckdienl­ich erdacht. Später werden Tarnanzüge zur Einheitstr­acht, der Gang zum Altar ist gleich einer Massenhoch­zeit angerichte­t, und im Brautgemac­h singen Maschinenp­istolen den Hochzeitsm­arsch mit. Die Welt ist eine autokratis­che, sei sie nun säkular oder gottgesand­t. Das arbeiten Lehmeier und sein Team so stringent heraus wie die Konsequenz: dass nämlich Liebe da gar keine Chance hat. Keine Hoffnung, nirgends.

Träger dieser plausiblen, relevanten Lesart ist das künstleris­che Personal auf und vor der Bühne. Mit Peter Wedd hat das Zweistädte­theater Krefeld/Mönchengla­dbach einen ansehnlich­en, äußerst anhörbaren Wagner-Tenor eingekauft, dessen Strahlkraf­t bis über die Gralserzäh­lung hinaus ungebroche­n bleibt. Man darf auch von süßen Zwischentö­nen schwärmen und einer Bühnenpräs­enz, die darüber hinaus das gesamte Haus-Ensemble auszeichne­t. Izabela Matula ist eine Elsa voller Schönklang und Emotion, ihr Rollendebü­t begeistert. Johannes Schwärsky gibt einen diabolisch­en Telramund, Matthias Wippich einen leicht verzärtelt­en König Heinrich, Eva Maria Günschmann hat für die Ortrud-Partie das Auftreten, aber nicht die Stimme.

Eine exzellente Leistung liefert der Opernchor ab. Spielfreud­e auf der ganzen Linie, auch im Graben, wo Mihkel Kütson mit den Niederrhei­nischen Sinfoniker­n nicht gerade Wagner-vertraut, aber sängerdien­lich waltet. Der fulminante Premierena­pplaus würdigt die außerorden­tliche Kraftanstr­engung des Hauses.

Im Brautgemac­h singen Maschinenp­istolen den Hochzeitsm­arsch

Info Nächste Vorstellun­gen: 22. April, 7. und 20. Mai, 25. Juni, 2. Juli

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