Rheinische Post Opladen

Der Staat soll für die Rente anlegen

Die schwarz-grüne Regierung in Hessen wirbt für die „Deutschlan­d-Rente“. Das ist ein Vorsorgemo­dell in Konkurrenz zur Riester-Rente, das sich an skandinavi­schen Pensionsfo­nds orientiert.

- VON BIRGIT MARSCHALL UND EVA QUADBECK

BERLIN Union und Grüne in Hessen wollen der schleppend­en privaten Altersvors­orge mit einer verpflicht­enden Deutschlan­d-Rente neuen Schub verleihen. Nach den Plänen sollen Arbeitgebe­r künftig einen Teil des Monatslohn­s für ihre Arbeitnehm­er in einen neuen staatliche­n „Deutschlan­d-Fonds“einzahlen. Alternativ können Arbeitnehm­er weiter auf die Riester-Rente setzen.

Der Fonds solle gemeinnütz­ig arbeiten, keine Abschlussg­ebühr verlangen und das Geld der Versichert­en gewinnbrin­gend am Kapitalmar­kt anlegen, sagten Hessens Finanzmini­ster Thomas Schäfer (CDU) und Wirtschaft­sminister Tarek Al-Wazir (Grüne) bei der Vorstellun­g der Pläne. Für die privaten Riester-Anbieter werde der neue „Deutschlan­d-Fonds“ein Wettbewerb­er sein. Jeder Arbeitnehm­er solle zur Einzahlung verpflicht­et sein, erhalte aber die Möglichkei­t des Widerspruc­hs, wenn er diese Formen der Altersvors­orge ablehnt.

Für das angelegte Kapital solle die Kapitalgar­antie, wie sie derzeit für die Riester-Rente noch Vorschrift ist, abgeschaff­t werden. Dadurch würden sich die Renditen deutlich erhöhen, weil der „Deutschlan­dFonds“oder die privaten Versichere­r das eingezahlt­e Geld auch in Aktien anlegen könnten, was bisher nicht möglich sei.

Der Chef des CDU-Sozialflüg­els, der CDA-Vorsitzend­e Karl-Josef Laumann, begrüßte die Idee: „Gerade die Riester-Rente ist bisher weniger erfolgreic­h als gedacht. Die angebotene­n Produkte sind komplizier­t und oft sehr teuer.“Eine Verbesseru­ng des Angebots sei deshalb überfällig: „Ich begrüße den Ansatz, mit der Deutschlan­drente ein einfaches, günstiges und staatlich geprüftes Standardpr­odukt anzubieten.“Skeptisch äußerte sich die Vize-Chefin der SPD-Bundestags­fraktion, Carola Reimann: „Grundsätzl­ich ist es richtig, für die private Vorsorge ein standardis­iertes Produkt zu schaffen. Ich halte aber unsere Idee einer Betriebsre­nte für geeigneter“, sagte sie. Eine kollektive solidarisc­he Absicherun­g sei besser als eine individuel­le.

Schwarz-Grün in Hessen hatte den Plan der Deutschlan­d-Rente erstmals vor eineinhalb Jahren vorgestell­t. In der Zwischenze­it ließ die Landesregi­erung in Wiesbaden die Pläne von Wissenscha­ftlern präzisiere­n. Das nun auf dem Tisch liegende, fertige Konzept solle einfließen in die Parteiprog­ramme für die Bundestags­wahl. Mit der Vorlage des Konzepts wenige Tage vor den nächsten Landtagswa­hlen in Schleswig-Holstein und NordrheinW­estfalen demonstrie­rten Schäfer und Al-Wazir ganz nebenbei, dass CDU und Grüne gut zusammenar­beiten können.

Nur die Hälfte der knapp 32 Millionen sozialvers­icherungsp­flichtig Beschäftig­ten verfügt bislang über eine private Riester-Rente. Mit der gesetzlich­en Rente allein werden Millionen Menschen aber ihren Lebensunte­rhalt im Alter nicht mehr finanziere­n können. Vor allem kleine Betriebe tun sich derzeit mit dem Angebot einer betrieblic­hen Altersrent­e schwer. Hier soll die neue „Deutschlan­d-Rente“helfen.

Die Deutsche Rentenvers­icherung (DRV) hält das Modell allerdings nicht für tauglich. Vorsorgepr­odukte, die gemeinsam mit der Rentenvers­icherung den Lebensstan­dard im Alter sichern sollen, müssten ein „Mindestmaß an Sicherheit hinsichtli­ch der Auszahlung­en im Alter bieten“, erklärte ein Sprecher. Kern der Kritik der Rentenvers­icherung ist, dass das „Deutschlan­d-Fonds“-Modell keine Kapitalgar­antie mehr vorsieht. Dies erscheine, so der DRV-Sprecher, als Teil der Lebensstan­dardsicher­ung im Alter nicht geeignet.

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