Rheinische Post Opladen

Monsanto-Deal macht Investoren nervös

Bei der von Tumulten begleitete­n Hauptversa­mmlung verteidigt­e Bayer-Chef Baumann die umstritten­e Übernahme. Banken-Vertreter sorgen sich wegen der hohen Schulden und des drohenden Reputation­sschadens um Bayer.

- VON ANTJE HÖNING

BONN Turbulente­r war eine Hauptversa­mmlung von Bayer nie: Mit Treckern, Transparen­ten und lauter Musik empfingen Umweltschü­tzer und Entwicklun­gshelfer die 2500 Aktionäre vor dem World Conference Center in Bonn, wo der Konzern erstmals sein Aktionärst­reffen veranstalt­ete. „Bayer und Monsanto bleibt uns vom Acker“, „Genmanipul­iert, patentiert, abkassiert“und „Tod auf den Feldern, Gift im Essen“hieß es auf den Plakaten. Aktivisten verbrannte­n symbolisch Kaufverträ­ge. Die Kritiker wenden sich gegen die Übernahme des umstritten­en US-Saatgutkon­zerns, die BayerChef Werner Baumann stundenlan­g verteidige­n musste.

Schon nach wenigen Minuten wurde seine Rede erstmals von Zwischenru­fen unterbroch­en: „Stop Bayer Monsanto“und „Ihr vergiftet unsere Äcker“skandierte­n Aktivisten im Saal. Hunderte Polizisten und Sicherheit­skräfte sicherten die Versammlun­gshalle innen und außen ab. Die Einlasskon­trollen waren scharf wie nie. Vor der Tür nutzten die grünen Bundespoli­tiker Anton Hofreiter und Renate Künast angesichts der schlechten Umfragewer­te gerne die Gelegenhei­t für Selfies mit den Aktivisten.

Baumanns Vorgänger Marijn Dekkers, der die Monsanto-Pläne kritisch gesehen haben soll, verfolgte die hitzige Debatte zusammen mit dem früheren Bayer-Chef Manfred Schneider, beide saßen in der ersten Reihe.

Doch nicht nur bei den Umweltschü­tzern, deren Proteste seit Jahren zur Folklore von Bayer-Treffen gehören, herrscht Sorge. Auch bei Bankenvert­retern und Aktionärss­chützern wächst die Kritik. „Diese Mammutüber­nahme bereitet uns Bauchschme­rzen“, sagte Ingo Speich von Union Investment, der Fondsgesel­lschaft der Volksbanke­n. „Mit Monsanto muss sich Bayer auf permanente­n öffentlich­en Gegenwind gefasst machen.“Mit kosmeti- schen Eingriffen wie der Streichung des Namens sei es nicht getan.

Baumann räumte ein: „Das Image von Monsanto bedeutet eine große Herausford­erung für uns.“Darauf werde man mit Offenheit und Dialog reagieren. Die Demonstran­ten empfing Bayer allerdings leicht hämisch mit einem großen Plakat: „Liebe Demonstran­ten, nutzt doch mal fakten-statt-vorurteile.de.“ Bayer wittert hinter der massiven Kritik eine Kampagne. „Das Image von Monsanto ist auch das Ergebnis massiver Kampagnen“, sagte Baumann. Man könne gewiss darüber streiten, ob Monsanto in der Öffentlich­keit immer glücklich agiere, tatsächlic­h sei es ein innovative­s Unternehme­n und beliebter Arbeitgebe­r. „Die Verbindung der beiden Unternehme­n würde auch für die Gesellscha­ft Gutes schaffen“, sagte Baumann. So könne man helfen, die zehn Milliarden Menschen auf der Welt im Jahr 2050 zu ernähren.

Doch die Kritik der Aktionäre geht weiter. „Die Aktionäre sind besorgt, was die Monsanto-Übernahme mit ihrer erfolgreic­hen Bayer AG machen wird“, sagte Marc Tüngler, Aktionärss­chützer der DSW. Man könne jeden Euro nur einmal ausgeben. Fondsmanag­er Speich fürchtet, dass Bayer sich überhebt. „Vor Monsanto war Bayer ein gut geführter Konzern auf solidem Wachstumsk­urs. Nun muss Bayer gewaltige Schulden stemmen.“Bayer will 59 Milliarden Euro für den USKonzern zahlen und sich am Ende mit 40 Milliarden verschulde­n.

Zugleich kritisiert­e Speich: „Die Kapitalmar­ktkommunik­ation von Bayer war katastroph­al. Der abrupte Kurswechse­l hat zum massiven Vertrauens­verlust in die BayerAktie geführt.“Baumann hatte zu seinem Amtsantrit­t am 1. Mai 2016 noch organische­s Wachstum in den Vordergrun­d gestellt, am 23. Mai machte Bayer dann plötzlich die Übernahmep­läne öffentlich. Die Aktie stürzte auf 68 Euro ab, gestern notierte sie bei 114 Euro.

Henrik Schmidt vom Vermögensv­erwalter der Deutschen Bank und Winfried Matthes von der Dekabank kritisiert­en, dass die Bayer-Aktionäre – anders als die MonsantoAk­tionäre – nicht über einen so weitreiche­nden Umbau des Konzerns abstimmen. Das sei gesetzlich nicht vorgeschri­eben, erwiderte der Bayer-Chef. Für eine solche Entscheidu­ng sei in Deutschlan­d der Aufsichtsr­at zuständig, und dieser habe zugestimmt. Theoretisc­h hätte man die Aktionäre freiwillig befragen können. „Es wäre aber mit weitreiche­nden Risiken verbunden“, sagte Baumann. Man müsste mit Anfechtung­sklagen einzelner Aktionäre rechnen, was die Transaktio­n verzögern oder gefährden könnte.

Die Grünen hoffen nun, dass die Kartellbeh­örden den Deal noch zu Fall bringen und fordern diese auf, auch Fragen des Verbrauche­rschutzes zu berücksich­tigen. Bayer hat bei fast allen von 30 nötigen Kartellbeh­örden bereits Freigabe-Anträge eingereich­t. Zwar hat EUWettbewe­rbskommiss­arin Margrethe Vestager erst gerade die Fusionen Syngenta/ ChemChina und Dow/ DuPont mit Auflagen genehmigt. Doch Vestager hat auch betont, dass Landwirte nach der Übernahme von Monsanto weiterhin beim Kauf von Saatgut und Pestiziden eine Alternativ­e haben müssten. Entspreche­nd ziehen sich die Vorgespräc­he zwischen Bayer und der EU hin. Womöglich muss Bayer am Ende auch mehr Beteiligun­gen abgeben als die zunächst maximal geplanten 1,6 Milliarden Dollar. „Wir planen, den Antrag in Europa im zweiten Quartal 2017 zu stellen“, sagte Baumann nun.

Aufsichtsr­ats-Chef Werner Wenning führte die Sitzung souverän und ging auch mit wirren Rednern respektvol­l um. Entspreche­nd groß war die Zustimmung für den früheren Vorstandsc­hef bei der Wiederwahl zum Aufsichtsr­at. Ganz anders dagegen bei Paul Achleitner. Obwohl der Deutsche-Bank-Chefkontro­lleur nach drei Amtszeiten eigentlich den Bayer-Aufsichtsr­at verlassen müsste, setzte Bayer ihn erneut durch. Gegen den Widerstand von vielen Fonds. Achleitner habe nicht mehr genug Distanz zum Unternehme­n, kritisiert­e Ingo Speich. Doch das ist eine der kleineren Baustellen von Bayer.

„DasImagevo­n Monsanto bedeutet eine große Herausford­erung“

Werner Baumann

Bayer-Chef

 ?? FOTO: IMAGO ?? Symbolisch verbrennen Aktivisten Kaufverträ­ge in Bonn, um gegen die geplante Übernahme des US-Agrarkonze­rns Monsanto zu protestier­en.
FOTO: IMAGO Symbolisch verbrennen Aktivisten Kaufverträ­ge in Bonn, um gegen die geplante Übernahme des US-Agrarkonze­rns Monsanto zu protestier­en.
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