Abiturienten streben ins duale Studium
Nur wer besonders gute Noten mitbringt und sehr leistungsbereit ist, hat Chancen auf einen der begehrten Plätze, die Ausbildung und Studium miteinander verbinden. Studienberaterin Karin Wilcke über den besten Weg ins duale Studium.
Das duale Studium ist der Renner unter Abiturienten, und wenn ich einen Vortrag dazu in einer Schule halte, ist die Aula regelmäßig voll. Warum das so ist? „Studieren und das auch noch bezahlt bekommen“, lautet die häufigste Antwort. Von den drei Millionen Studenten sind fast 100.000 in dualen Studiengängen eingeschrieben, Tendenz steigend.
In der Tat kann man in einem dualen Studium hervorragend Theorie und Praxis verbinden. Deshalb sind von den mehr als 1100 Studiengängen nicht einmal sieben Prozent an einer Universität angesiedelt, denn Universitäten sind wissenschafts- und forschungsorientiert. Hier haben Fachhochschulen die Nase vorn, die immer schon für Praxisbe- Studienberaterin Karin Wilcke Die Firmen suchen sich besonders gute Abiturienten aus. Diese dürfen nicht unterschätzen, dass sie wirklich in einem Zeitraum von drei bis viereinhalb Jahren eine komplette Ausbildung mit IHK-Abschluss beziehungsweise Gesellenoder Facharbeiterbrief und ein ebenso komplettes BachelorStudium durchziehen müssen, Unterricht am Abend oder Wochenende inklusive. Ein duales Studium ist keineswegs ein Mittelding zwischen Ausbildung und Studium, sondern beides gleichzeitig. Freizeit hat man nicht mehr viel. Wem das zu stressig ist, der sollte mit einer Ausbildung anfangen und nach dem erfolgreichen Abschluss ein Studium draufset- zen. Das muss dann aber selbst finanziert werden.
Das begehrte und empfehlenswerte Modell ist also: Bezahlte Ausbildung im Betrieb und zugleich ein Studium, dessen mögliche Gebühren der Arbeitgeber idealerweise auch übernimmt. Diese Form des dualen Studiums bietet auch der Öffentliche Dienst mit seiner speziellen Ausbildung für Bewerber mit Abitur oder Fachhochschulreife für die Laufbahn im gehobenen Dienst. Hier wechseln Blöcke in den einzelnen Ämtern vor Ort mit Phasen an den Hochschulen für Verwaltung ab.
Weil das duale Studium bei Abiturienten so beliebt ist, gibt es neuerdings auch Angebote in den Bereichen Erziehung, Gesundheit, Pflege und Fitness. Das sind Berufe, die nicht im Betrieb, sondern an Berufsfachschulen erlernt werden, und die nun durch die Möglichkeit des Bachelor-Abschlusses eine deutliche Aufwertung erfahren. Hier müssen die Studenten die Studien- gebühren der oft privaten Hochschulen selbst bezahlen und erhalten in einigen Berufen nicht einmal eine Ausbildungsvergütung. Das kann mit bis zu 500 Euro im Monat ins Geld gehen und sollte gut überlegt werden. Vielleicht gibt es denselben Abschluss an einer staatlichen Hochschule deutlich günstiger? Und was bringt der zusätzliche Bachelor
„Ein duales Studium ist kein Mittelding zwischen Ausbildung und Studium“ Bei kostenpflichtigen Angeboten ist der Wegfall des NC ein Vorteil
zum normalen Abschluss hinterher im Beruf? Verdient man damit später wirklich mehr? Steigt man auf einer höheren Ebene in den Beruf ein?
Eine weitere Variante des dualen Studiums ist aus meiner Sicht gar keins: Man schreibt sich an einer privaten kostenpflichtigen Hochschule ein und macht während des Studiums ausgiebige Praxisphasen, die aber von den Betrieben nicht bezahlt werden. Das kann man mit jedem beliebigen Studium an einer staatlichen Hochschule natürlich auch machen. Bei diesem Modell werben die privaten Hochschulen damit, keinen Numerus Clausus zu haben. Das heißt, dass man auch mit einem nicht besonders guten Abitur einen Studienplatz bekommt.
Es gibt aber auch sehr merkwürdige Studienfächer wie Life Coaching, ein E-Learning-Angebot, bei dem man online Sport studiert. Da gefällt mir das Angebot einer Metzgerei in einem kleinen idyllischen Städtchen in Hessen deutlich besser: Sie bietet ein duales und durchgehend bezahltes BWL-Studium in der Fachrichtung Food Management samt Ausbildung zum Metzger an. Unsere Autorin ist selbstständige Studien- und Berufsberaterin.