Rheinische Post Opladen

Steinmeier stärkt Palästinen­ser

Erstmals besuchte ein Bundespräs­ident das Grab des Palästinen­ser-Führers Jassir Arafat.

- VON EVA QUADBECK

RAMALLAH Von Jerusalem fährt die Autokolonn­e nordwestli­ch Richtung Westjordan­land – vorne die Limousine des Bundespräs­identen, dahinter seine Delegation. Nach gut 20 Minuten stoppen die Wagen am Checkpoint Beitunija vor einer großen Halle mit vielen Sicherheit­skräften. Nur Geschäftsl­eute und Diplomaten können hier zwischen 8 und 16 Uhr passieren. Zu Fuß geht es durch die Halle. Dann wechseln Frank-Walter Steinmeier und seine Begleiter die Fahrzeuge.

Hinter ihnen bleibt Israel, wo in zwei Wochen US-Präsident Donald Trump erwartet wird. Der hatte Hoffnungen geweckt, dass er eine neue Vermittlun­g im Nahost-Friedenspr­ozess in Gang bringt. Zunächst sah es so aus, als vertrete Trump, auch beeinfluss­t durch seinen jüdischen Schwiegers­ohn Jared Kushner und dessen Familie, vor allem die israelisch­en Interessen.

Doch nach einem Besuch des Palästinen­ser-Präsidente­n Mahmud Abbas in Washington vor einer Woche zeigten sich beide zuversicht­lich, den Konflikt zu lösen. „Ich glaube, dass wir dazu in der Lage sind“, sagte Abbas. „Wir kriegen das hin“, betonte Trump, der sich selbst als Vermittler anbot. So will der USPräsiden­t offenbar auch in die Palästinen­ser-Gebiete kommen und Bethlehem besuchen, wie Abbas ankündigte. Noch ist das Leben der Palästinen­ser in den von Israelis besetzten Gebieten mühsam. Die Arbeitslos­igkeit liegt bei 40 Prozent. Wer einen Job hat und von Ost-Jerusalem ins Westjordan­land muss oder umgekehrt, verbringt oft rund vier Stunden am Tag mit Sicherheit­skontrolle­n durch die Israelis. Die jungen Auszubilde­nden in dem Pflegeheim „Beit Emmaus“, das Steinmeier besucht, berichten, wie sie den Launen der israelisch­en Soldaten ausgesetzt sind.

Der Tross des Bundespräs­identen bewegt sich zwischen dem Besuch des Pflegeheim­s, dem Gedenken am Grab von Jassir Arafat und dem Gespräch mit Abbas immer wieder auch in den Sicherheit­szonen B und C. Dort hat das israelisch­e Militär die Hoheit. Selbst bei einem Verkehrsun­fall, zu dem die Polizei gerufen werden soll, bedarf es einer Genehmigun­g des israelisch­en Militärs – die kommt per Fax und kann schon eine halbe Stunde dauern.

Dass die Palästinen­ser keinen eigenen Staat haben, machen sie zum Besuch Steinmeier­s geschickt vergessen. Der rote Teppich vor dem Amtssitz des Präsidente­n ist länger als in Israel, die Uniformier­ten zahlreiche­r, die Blasmusik ertönt länger. Perfekt führen sie vor, wie man einen Staatsgast empfängt, ohne Staat zu sein. Mit seinen Schritten in das lichtdurch­flutete Mausoleum, das das Grab Arafats birgt, erweist Steinmeier den Palästinen­sern zudem die Ehre, dass erstmals ein deutscher Bundespräs­ident an der letzten Ruhestätte des früheren Pa- lästinense­r-Führers anhält. Mit mehr Symbolik hätte Steinmeier das Verlangen der Palästinen­ser nach einem eigenen Staat nicht unterstütz­en können.

Nach seinem Gespräch mit Abbas legt er noch einmal nach. „Wir haben in der internatio­nalen Staatengem­einschaft viele Versuche erlebt, viel Zeit verbraucht“, mahnt Steinmeier. Es sei wirklich „dringend“geworden mit der Umsetzung zur Realisieru­ng der Zwei-Staaten-Lösung: „Aus unserer Sicht gibt es keine andere Lösung.“Auch der Bundespräs­ident wird die Siedlungen der Israelis noch vor Augen haben, an denen er gerade vorbeigefa­hren ist, und gesehen haben, dass dort immer mehr Fakten geschaffen werden, die sich am Verhandlun­gstisch wohl kaum noch beseitigen lassen. „Niemand, der die Region kennt, unterschät­zt die Probleme, die zu lösen sind“, sagt er. „Aber die fortgeschr­ittene Zeit und die Veränderun­gen auf dem Boden bringen mit, dass ein nächster Versuch gelingen muss“, sagt er.

Abbas wiederum dankt Steinmeier überschwän­glich für dessen Besuch. Er betont, dass seine erste Reise außerhalb Europas den Bundespräs­identen in die Palästinen­serGebiete führe.

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FOTO: DPA Frank-Walter Steinmeier traf Palästinen­ser-Präsident Abbas.

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