Rheinische Post Opladen

Umfragen mit Vorsicht zu genießen

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Politiker neigen dazu, eine Wahlumfrag­e, die für sie unangenehm ist, als bloße „Wasserstan­dsmeldung“ohne besonderen Prognosewe­rt abzutun. Die einzigen, die sich in diesem NRW-Wahlkampf öffentlich zu ihren miserablen Zahlen bekannt haben, sind die Grünen. Mit einem „Weckruf“hat ihre Spitzenkan­didatin Sylvia Löhrmann versucht, ein Abdriften ihrer Partei unter die Fünf-Prozent-Hürde zu verhindern.

Wie aussagekrä­ftig aber sind Umfragezah­len überhaupt? Man erinnert sich: Noch wenige Tage vor der NRW-Wahl 2012 lagen alle renommiert­en Institute völlig falsch. Sie hatten der CDU 30 Prozent und mehr vorausgesa­gt, doch am Ende waren es karge 26,3 Prozent.

Einen krassen Fall von Abweichung gab es erst unlängst: Während die Meinungsfo­rscher von Infratest die NRW-CDU bei 34 Prozent sahen, sagte ihr das Kölner Institut YouGov nur 27 Prozent voraus. Sieben Punkte Unterschie­d – wie kann das sein, obwohl es sich beide Male um repräsenta­tive Umfragen mit 1000 Teilnehmer­n handelte?

Je nach Institut können die Parteien mit unterschie­dlichen Werten rechnen. Treffsiche­r sind die Umfragen, die am Wahltag nach der Stimmabgab­e durchgefüh­rt werden.

sächlichen Ergebnis am nächsten gekommen zu sein.

Wichtig zu wissen, dass es bei den Prognosen für große Parteien eine Bandbreite von bis zu drei Punkten nach oben und unten gibt. Das bedeutet: Sagt ein Institut einer Partei 30 Prozent voraus, können es am Wahltag 27 oder gar 33 Prozent sein.

Eine treffsiche­re Vorhersage ist wohl erst am Wahltag möglich. Es ist üblich, Menschen unmittelba­r nach erfolgter Stimmabgab­e zu befragen. Die Ergebnisse dieser „exit polls“(exit = Ausgang, polls = Befragung) werden im Fernsehen um 18 Uhr als Prognose veröffentl­icht. Aller Erfahrung nach kommt sie dem tatsächlic­hen Ergebnis sehr nahe. Das hat sich am Sonntag bei der Wahl in Schleswig-Holstein erneut bestätigt.

Politiker wissen übrigens meist schon deutlich vor 18 Uhr, wohin die Reise geht. Kein Wunder, dass sie bereits kurz nach der Bekanntgab­e wohlvorber­eitet vor die Kameras treten können – entweder zerknirsch­t oder erleichter­t.

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