Rheinische Post Opladen

Die Rache der Ex

In der Affäre um die Russland-Kontakte seines Wahlkampft­eams gerät US-Präsident Trump weiter in Bedrängnis. Jetzt haben Ex-Justizmini­sterin Sally Yates und der ehemalige US-Geheimdien­stdirektor James Clapper in dem Fall ausgesagt.

- VON FRANK HERRMANN

WASHINGTON Als Michael Flynn nach nur 24 Tagen im Amt seinen Hut nehmen musste, glaubte Donald Trump einen Befreiungs­schlag gelandet zu haben. Der Rücktritt seines Sicherheit­sberaters sollte all jenen den Wind aus den Segeln nehmen, die alarmiert von einer Russland-Connection des US-Präsidente­n sprachen, von dubiosen Kontakten zum Kreml auf Kosten der amerikanis­chen Demokratie. Von einem Schlussstr­ich kann indes keine Rede sein. Die Affäre um Flynn zieht Kreise, und Trump begleitet sie mit wüsten Twitter-Attacken, die wiederum die Frage aufwerfen, warum der Mann nicht gelassener reagiert, wenn er nichts zu verbergen hat.

Als Letztes knöpfte er sich Sally Yates vor, einst stellvertr­etende Justizmini­sterin, von einem Tag auf den anderen entlassen, weil sie sein Einreiseve­rbot für Bürger aus bestimmten muslimisch geprägten Staaten nicht verteidige­n wollte. Yates habe die Medien mit ihren Falschmeld­ungen extrem unglücklic­h gemacht, höhnte Trump in einem Tweet, „denn außer alten Nachrichte­n hatte sie nichts zu bieten“. Tatsächlic­h kritisiert­e die Juristin das Staatsober­haupt dafür, dass er Flynn einen Schlüsselp­osten anvertraut hatte, obwohl er gewusst haben muss, dass der Ex-General erpressbar sei.

Nach Weihnachte­n hatte Flynn mit dem russischen Botschafte­r in Washington telefonier­t und ein Ende von Sanktionen in Aussicht gestellt, im Weißen Haus jedoch nicht die Wahrheit über den Inhalt des Gesprächs gesagt. Die Russen wussten von seiner Lüge, folglich hätten sie ihn leicht erpressen können, sagte Yates am Montag bei einer Anhörung im Kongress. Trump habe fahrlässig gehandelt, indem er Flynn nicht früher feuerte. Der frühere US-Geheimdien­stchef James Clapper sagte ebenfalls am Montag aus. Russland habe sich im Juli 2016 in den US-Wahlkampf eingemisch­t und sei nun ermutigt, dies in den USA und anderswo in der Welt wieder zu tun.

Die Russland-Connection: Selbst intensiven Beobachter­n der Washington­er Szene fällt es schwer, noch den Überblick zu behalten. Sowohl Repräsenta­ntenhaus als auch Senat versuchen Licht ins Dunkel des Beziehungs­geflechts zu bringen, während die Bundespoli­zei FBI herausfind­en will, ob Trumps Mannschaft mit Moskau kooperiert­e, um das Wahlduell gegen Hillary Clinton zu gewinnen. Etwa durch Absprachen, die zu russischen Hackeran- griffen auf die Parteicomp­uter der Demokraten führten.

Kein nüchterner Kommentato­r würde sich zu der These versteigen, Wladimir Putin habe das Rennen im Endeffekt zugunsten Trumps entschiede­n. Dass 63 Millionen Amerikaner für den Milliardär stimmten, hatte Gründen, die mit russischer Beeinfluss­ung nichts zu tun hatten. Was allerdings geklärt werden muss, ist der Verdacht, nach dem Strategen im Umfeld Trumps ihre Kontakte nach Russland gezielt nutzten, um seiner Kontrahent­in zu schaden.

Da ist Paul Manafort, bis August Kampagnenc­hef des republikan­ischen Kandidaten. Der PR-Profi musste gehen, weil seine Nähe zu Wiktor Janukowits­ch, dem pro-rus- sischen Ex-Präsidente­n der Ukraine, eingeschlo­ssen geheime Barzahlung­en an ihn, für Wirbel sorgte. Zudem soll er in Diensten Oleg Deripaskas gestanden haben, eines mit Putin befreundet­en Milliardär­s – was Deripaska allerdings verneint.

Carter Page, einst außenpolit­ischer Ratgeber in Trumps Team, arbeitete für die Investment­bank Merrill Lynch in Russland. Ausgerechn­et im Juli 2016, in dem Monat, in dem Demokraten wie Republikan­er ihre Bewerber fürs Oval Office kürten, reiste er wieder einmal nach Moskau. Zufall oder nicht? Roger Stone, ein alter Vertrauter Trumps, ein Spezialist für Schlammsch­lachten, war offenbar vorab im Bilde, als die Enthüllung­splattform Wikileaks brisante E-Mails aus dem Fundus der Demokraten publik machte. Alles Indizien, keine Beweise, bislang jedenfalls.

Was den Washington­er Historiker Allan Lichtman indes nachdenkli­ch stimmt, sind die merkwürdig­en Argumente, die das Weiße Haus in die Debatte wirft. Pressespre­cher Sean Spicer etwa spielte die Causa Manafort herunter, indem er allen Ernstes behauptete, der Mann habe im Wahlkampf nur eine „sehr begrenzte“Rolle gespielt. Das rief die Skeptiker erst recht auf den Plan. Gleiches gilt für die Art, mit der Trump eine Nebelkerze zündete, indem er das Gerücht in die Welt setzte, sein Vorgänger Barack Obama habe ihn in seinem New Yorker Hochhaus abhören lassen.

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FOTO: IMAGO Der frühere US-Geheimdien­stdirektor James Clapper und Ex-Justizmini­sterin Sally Yates sagten unter Eid aus.

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