Rheinische Post Opladen

Front National ringt um seinen Kurs

Die Reformplän­e Marine Le Pens könnten zu einer Spaltung der Partei führen. Le Pens Nichte wird bereits als neue Chefin ins Spiel gebracht.

- VON CHRISTINE LONGIN

PARIS Marine Le Pen hat geahnt, dass die Stunde der Abrechnung gekommen ist. Schon am Abend ihrer Niederlage kündigte die Rechtspopu­listin deshalb einen grundlegen­den Umbau an. Der Front National (FN) müsse sich erneuern, um auf der Höhe der Erwartunge­n zu sein, sagte die Parteichef­in, die bei der Stichwahl um das Präsidente­namt knapp 34 Prozent bekommen hatte. Eine „neue politische Kraft“solle entstehen, der sich alle Patrioten anschließe­n könnten. Hat die Tochter damit die alte, von ihrem Vater Jean-Marie Le Pen gegründete Partei beerdigt? Die Antwort auf diese Frage wird wohl erst im kommenden Jahr folgen, wenn der FN seinen nächsten Parteitag abhält. Doch die Debatte um den künftigen Kurs ist unter den „Frontisten“bereits entbrannt.

Es ist auch eine Debatte um die Parteichef­in, die seit ihrem aggressive­n Auftritt in der Fernsehdeb­atte mit Wahlsieger Emmanuel Macron nicht mehr unumstritt­en ist. „Es müssen Lehren gezogen werden“, forderte ihre Nichte Marion Maréchal-Le Pen noch am Wahlabend. Die Parlaments­abgeordnet­e, die vor allem in der Frage des Euro-Ausstiegs eine andere Position als ihre Tante hat, könnte nun als neue Führungspe­rsönlichke­it ins Spiel kommen. „Marion ist für eine Vereinigun­g der rechten Kräfte und außerdem in keine Justizaffä­re verwickelt“, sagte ein Mandatsträ­ger des FN der Zeitung „Libération“. Ein Seitenhieb auf Marine Le Pen, die sich wegen möglicher Scheinbe- schäftigun­g von Assistente­n im Europaparl­ament verantwort­en muss.

Mehr als ihre Affären setzen der 48-Jährigen aber ihre strategisc­hen Fehler zu. So hatte die Kandidatin sich nicht nur auf die rechtssteh­ende Wählerscha­ft konzentrie­rt, sondern auch versucht, Stimmen des Linkspopul­isten Jean-Luc Mélenchon einzufange­n. Eine Rechnung, die nicht aufging: Nur sieben Prozent der Mélenchon-Wähler votierten in der Stichwahl für Le Pen.

Während die Parteichef­in die Kritik nach den Regionalwa­hlen 2015 noch abfedern konnte, wird diesmal der Druck stärker. Eine Änderung des Parteiname­ns, wie Partei-Vize Florian Philippot sie vorschlägt, dürfte die Gegner ihres Kurses nicht zufriedens­tellen. „Wir denken, dass wir ein Kommunikat­ionsproble­m haben, den Namen ändern müssen, das Logo. Aber was passiert danach? Wenn der Inhalt doch derselbe bleibt? Die Franzosen sind nicht blöd“, zitierte die Zeitung „Le Monde“einen FN-Lokalpolit­iker. Schon im Wahlkampf war Le Pen nicht im Namen des FN aufgetrete­n. Ihr Logo, das nur eine blaue Rose und ihren Vornamen zeigte, sollte ein weiterer Bruch mit ihrem Vater sein. Jean-Marie Le Pen wandte sich bereits gegen eine Namensände­rung: „Ich werde den Namen des Front National nicht einfach so verschwind­en lassen. Das müssen die Mitglieder entscheide­n und nicht Herr Philippot“, sagte er im Radio. Der FN-Gründer steht für Antisemiti­smus, Rassismus und Hass auf Homosexuel­le, und genau davon will sich seine Tochter distanzier­en – zumindest nach außen.

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