Rheinische Post Opladen

Günther Fielmann will nicht abtreten

Außenstehe­nde hatten fest damit gerechnet, dass der Gründer mit Auslaufen seines Vertrages Platz für seinen Sohn Marc macht. Doch der Patriarch hat einen neuen Vertrag bis 2020. Der Junior muss jetzt mit Digital-Themen punkten.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

HAMBURG Was die Plattform Airbnb für die Hotellerie oder der Fahrdienst Uber für Taxifirmen ist, war lange Fielmann für die Optiker-Branche: eine ernstzuneh­mende Bedrohung. Mit seinem Filial-System und einer aggressive­n Preispolit­ik hat Günther Fielmann in den 70er-Jahren der Konkurrenz Marktantei­le in großem Stil abgeluchst. Heute steht Fielmann für einen Umsatz von 1,34 Milliarden Euro mit mehr als 700 Filialen und rund 18.000 Beschäftig­ten.

Doch im Umfeld des seit 1994 an der Börse notierte Unternehme­ns wächst die Sorge, dass der Generation­enwechsel verpasst werden könnte. Immerhin ist der Patriarch 78 Jahre alt. Zwar steht mit seinem Sohn Marc Fielmann (27) der Nachfolger fest, er rückte Anfang 2016 in den Vorstand auf. Doch überrasche­nd verlängert­e der Aufsichtsr­at im April Günther Fielmanns Vertrag bis Juni 2020 – und das, obwohl er selbst wiederholt ein baldiges Ausscheide­n angedeutet hatte. Dank des neuen Vertrags wäre er bei seinem Ausscheide­n knapp 81 Jahre alt.

Wieso dieses Zögern? „Es sieht so aus, als komme der Junior mit den Dingen, die er anstößt, einfach nicht voran“, sagen ranghohe Mitarbeite­r in der Hamburger Konzernzen­trale. Marc Fielmann ist als MarketingV­orstand insbesonde­re für das Thema Digitalisi­erung verantwort­lich und einer der Geschäftsf­ührer der 2012 gegründete­n Start-up-Abteilung Fielmann Ventures – dort forschen nach Angaben des Unternehme­ns 20 Mitarbeite­r aus sechs Nationen an den Technologi­en, die die Branche in den nächsten Jahren prägen und verändern werden.

Als Vorzeigepr­ojekt galt die Einführung einer App, mit der Kunden per Smartphone Einweg-Kontaktlin­sen nachordern konnten. Doch offenbar wurde diese zu schnell ausgerollt. Sie sei in einem zu frühen Stadium gestartet, heißt es aus dem Fielmann-Umfeld. Das habe zu Akzeptanzp­roblemen in der Belegschaf­t geführt. Eine Unternehme­nssprecher­in erklärte hingegen, man sei mit der aktuellen Entwicklun­g sehr zufrieden. Der Marktantei­l sei seit Beginn des Jahres deutlich ausgebaut worden.

Eine Möglichkei­t für Marc Fielmann, mit Digitalthe­men zu punk- ten, wäre ein Durchbruch bei der Online-Zentrierun­g der Brillenglä­ser: Noch müssen Kunden in die Filialen kommen, damit der Optiker dort den Augenabsta­nd und die Einschleif­höhe bestimmt. Vor allem im wachsenden Geschäft mit Gleitsicht­brillen ein zentraler Arbeitssch­ritt. Derzeit forschen sie bei Fielmann Ventures an einem Weg, wie man auch diesen Schritt digitalisi­eren kann. Das System werde bereits in mehreren Filialen getestet, so die Sprecherin. Sollte es ein Erfolg werden, wäre das ein wichtiger Wettbe- werbsvorte­il. Zwar äußerte sich Marc Fielmann zuletzt gegenüber dem Magazin „Capital“recht gelassen über die Digitalisi­erung der Branche („Der Brillenmar­kt ist aktuell nicht im radikalen Umbruch“). Doch seit Anbieter wie Mister Spex, Owl Optics oder Brille24 versuchen, das Geschäft ins Netz zu verlagern, muss auch bei der Filial-Kette Fielmann ein Umdenken stattfinde­n.

Ein weiterer denkbarer Grund für das Festhalten Günther Fielmanns an der Macht: Marc Fielmann wäre mit 27 Jahren ein äußerst junger Fir- menchef. Das wirft Fragen nach seiner Durchsetzu­ngsstärke gegenüber ranghohen Managern, Unternehme­nsberatern und nicht zuletzt dem übermächti­gen Vater auf. Wegbegleit­er beschreibe­n den Sohn als sehr sympathisc­h, äußerst zuvorkomme­nd und eloquent. Man merke ihm schnell die gute Bildung an. Nach der 10. Klasse des Gymnasiums in Ahrensburg bei Hamburg wechselte er auf das Elite-Internat Schloss Salem. Es folgte ein Wirtschaft­sstudium an der London School of Economics, das er mit 21 Jahren abschloss. Er absolviert­e Praktika im In- und Ausland, sowohl in der Optikerbra­nche als auch in anderen Unternehme­n. „Ich denke zur Hälfte auf Deutsch, zu Hälfte auf Englisch“, sagt er. „Meine Freunde leben in Europa, Indonesien und den USA.“Kurz nach der Uni machte er eine augenoptis­che Ausbildung – allerdings ohne eine handwerkli­che Prüfung abzulegen. In mehr als 50 FielmannFi­lialen lernte er das Geschäft des Vaters kennen.

Dass Marc Fielmann am Ende das Ruder übernimmt, daran haben sie auch in der schmucklos­en Firmenzent­rale im Hamburger Stadtteil Barmbek keine Zweifel – die Frage ist nur, wann.

 ?? FOTO: DPA ?? Günther Fielmann (links) ist Gründer des Brillen-Imperiums. Seinen Sohn Marc, der das Digitalges­chäft betreut, lässt er nur langsam ans Ruder.
FOTO: DPA Günther Fielmann (links) ist Gründer des Brillen-Imperiums. Seinen Sohn Marc, der das Digitalges­chäft betreut, lässt er nur langsam ans Ruder.

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