Rheinische Post Opladen

Justiz ermittelt wegen Osterloh-Gehalt

VW-Manager sollen dem Betriebsra­tschef zu viel Gehalt genehmigt haben. Die Frage ist: Wie viel ist eigentlich gerecht?

- VON FLORIAN RINKE

WOLFSBURG Neuer Ärger für Volkswagen: Die Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig ermittelt gegen vier aktuelle und ehemalige Spitzenman­ager des VW-Konzerns wegen des Anfangsver­dachts der Untreue. Im Fokus stehen angeblich KonzernPer­sonalvorst­and Karlheinz Blessing, dessen Vorgänger Horst Neumann sowie der Personalch­ef der Marke VW, Martin Rosik, und Vorgänger Jochen Schumm. Offenbar gab es eine Anzeige gegen sie.

Dem Vernehmen nach wird ihnen vorgeworfe­n, Betriebsra­tschef Bernd Osterloh ein zu hohes Gehalt genehmigt zu haben. Sowohl Betriebsra­t als auch Unternehme­n widersprec­hen den Vorwürfen. Ein VW-Sprecher sagte, man gehe davon aus, dass das Gehalt mit den rechtliche­n Vorgaben im Einklang stehe.

Um wie viel es genau geht, ist unklar. Das Unternehme­n wollte sich dazu nicht äußern. Osterloh sagte der „Braunschwe­iger Zeitung“, seine derzeitige Vergütung liege bei einem Grundgehal­t von etwa 200.000 Euro pro Jahr. Hinzu kämen Boni, wie sie auch Mitglieder des Management­s in Abhängigke­it vom Geschäftse­rfolg erhalten. „In der Spitze lag damit mein Jahresgeha­lt einmal bei rund 750.000 Euro. Aktuell ist es deutlich niedriger“, betonte Osterloh mit Blick auf die zuletzt gesunkenen Prämien auch für Tarifmitar­beiter.

Der VW-Betriebsra­t teilt dazu mit: „Bernd Osterloh steht an der Spitze unseres Gesamt- und Konzernbet­riebsrats. Er wird vergleichb­ar zu Bereichsle­itern vergütet.“Damit wird eine Position im höheren Management bezeichnet. Hinzu kommen Bezüge für seine Tätigkeit als Aufsichtsr­at. Laut Geschäftsb­ericht bekam Osterloh dafür im vergangene­n Jahr insgesamt 251.250 Euro, von denen er allerdings den Großteil an die gewerkscha­ftsnahe HansBöckle­r-Stiftung abführen musste. So sieht es jedenfalls die entspreche­nde Richtlinie des Deutschen Gewerkscha­ftsbundes vor.

Doch wie viel Gehalt ist angemessen für den Betriebsra­tschef des größten Auto-Konzerns Europas?

Die Antwort ist komplizier­t. „Ich halte es für extrem schwierig, den Nachweis für eine unangemess­ene Vergütung wirklich zu erbringen“, sagt der Arbeitsrec­htler Michael Kliemt. Denn im Betriebsve­rfassungsg­esetz heißt es lediglich: „Betriebsrä­te dürfen wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteil­igt oder begünstigt werden; dies gilt auch für ihre berufliche Entwicklun­g.“

Doch wo säße jemand wie Osterloh heute, wenn er nicht 1990 in den Betriebsra­t gewechselt wäre? Aktuell gilt er als einer der mächtigste­n Macher in Wolfsburg, ohne dessen Zustimmung wenig geht. Doch wäre diese Karriere auch außerhalb der Arbeitnehm­ervertretu­ng möglich gewesen? „Hätte er zuletzt das Angebot, Personalvo­rstand des Konzerns zu werden, angenommen, wäre seine Vergütung heute um ein Vielfaches höher“, heißt es im Betriebsra­t: „Stattdesse­n hat er sich dafür entschiede­n, sich weiterhin für die Belegschaf­ten einzusetze­n.“Im vergangene­n Jahr verdiente der VW-Personalvo­rstand knapp 5,3 Millionen Euro.

Osterloh war ein Kandidat für die Nachfolge von Horst Neumann – und hätte er die Stelle gewollt, hätte er sie bekommen, denn die Gewerkscha­ft IG Metall hat das traditione­lle Vorschlags­recht für den Posten. Doch Osterloh winkte ab: kein Interesse. Vielleicht auch, weil er wusste, dass dieser Wechsel im Jahr 2015 nicht nur mit Annehmlich­keiten verbunden sein würde. Denn nach Bekanntwer­den des Abgasskand­als war klar, dass die finanziell­en Folgen auch Einsparung­en beim Personal – etwa bei den Leiharbeit­ern – zur Folge haben würden.

Stattdesse­n rückte ausgerechn­et jener Karlheinz Blessing an die Spitze, gegen den nun offenbar ermittelt wird. Bevor dieser im Dezember 2015 den Posten übernahm, war er Chef beim Saarländer Stahlkoche­r Dillinger Hütte. Schon damals galt er als durchsetzu­ngsstark, aber eher leise im Auftritt. Auch bei Volkswagen fiel er dadurch auf, dass er Konflikte wie den zwischen Osterloh und VW-Markenchef Herbert Diess schlichtet­e. Nun steht Blessing plötzlich selbst im Fokus.

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FOTO: DPA Sein Gehalt sorgt für Ärger: Betriebsra­tschef Bernd Osterloh.

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